22.06.2012 Peter Popp

Neue Stadiondächer aus Membranwerkstoffen

Autoren: Jan Cremers, Gregor Grunwald Ob Neubau oder Sanierung, Dach oder Fassade – die Bedeutung von Membranwerkstoffen im Stadionbau nimmt deutlich zu. Durch ihre Transluzenz sorgen sie für optimale Lichtverhältnisse im Inneren der Stadien. Dies schafft gute Wachstumsbedingungen für den Rasen, führt zu einer Reduktion des Aggressionspotenzials gewaltbereiter Fans und ermöglicht vor allem hochwertige Fernsehbilder durch gleichmäßige Ausleuchtung mit begrenzten Kontrasten – Stützenfreiheit inklusive! Die technischen Aspekte zugbeanspruchter Flächentragwerke mit transluzenten Membranwerkstoffen werden nachfolgend anhand innovativer Beispiele erläutert: Wettkampf – Architektur aus Kiew, Warschau und Vancouver.

BC-Place in Vancouver: verfahrbare Kissenkonstruktion, Foto: Hightex

Aus den typischen Geometrien von Stadien und der erforderlichen Stützenfreiheit ergeben sich große Spannweiten, für die sich in den letzten Jahrzehnten zugbeanspruchte Flächentragwerke mit sehr leichten und transluzenten Membranwerkstoffen als typische und äußerst wirtschaftliche Lösung entwickelt haben. Während die ersten solchen Lösungen rückverankerte Konstruktionen waren, deren Leichtigkeit in der Erscheinung nur durch erheblichen Aufwand in der Verankerung über entsprechende Schwerlastfundamente zu erkaufen war, setzt man heute meist sogenannte Speichenradsysteme ein. Ästhetisch kommt es zu einem Wandel im Umgang mit dem textilen Material: Statt großer zusammenhängender Flächen erzeugt die Segmentierung durch die Radialseile mit entsprechender Teilflächenstabilisierung eine kleinteiligere Wiederholung - z.B. durch den Einsatz von Bögen zwischen den Radialseilen.

Olympiastadion Kiew: Montage der 640 Lichtkuppeln, Foto: Hightex GmbH

Die neuen Membrankonstruktionen in Kiew, Warschau und Vancouver Die Firma Hightex ist seit Jahrzehnten im Bau von innovativen Membrandächern für Sportstätten aktiv. Darunter finden sich wegweisende Projekte wie die Stadien von Stuttgart (1993), Busan (Korea, 2001), Abuja (Nigeria, 2002), Berlin (2004), Robina (Australien, 2007), Johannesburg und Kapstadt (Süd-Afrika, 2009), aber z.B. auch die verfahrbaren Dächer von Hamburg Rothenbaum (1997) und Wimbledon (2009). Während die neuen Membrandächer in Kiew und Warschau für die anstehende Europameisterschaft 2012 in Polen und der Ukraine errichtet wurden, handelt es sich beim Dach für Vancouver um einen weitgehenden Umbau: Das bisher auf dem Prinzip der Traglufthalle ("Airdome") basierende Dach, bei dem die Konstruktion durch einen erhöhten Luftdruck im Innenraum stabilisiert war, wurde durch eine vorgespannte Speichenradstruktur ersetzt. Die Ränge sind dabei mit einer einlagigen Membran fest überspannt, die Dachmitte kann jedoch mittels einer pneumatischen Kissenkonstruktion geöffnet und geschlossen werden, die in Art und Größe einzigartig ist. Auch das Membrandach in Warschau verfügt neben einem festen Dach im Bereich der Ränge über eine verfahrbare Lösung in Dachmitte - hier aber in einlagiger Ausführung. Für das sekundäre Dachtragwerk wird in allen drei Stadien vor allem Glasfasergewebe mit einer Beschichtung aus Polytetrafluorethylen (PTFE/Glass) eingesetzt, zum Teil zusätzlich transparente Folien aus Ethylen/Tetrafluorethylen (ETFE), in Kiew für die Lichtkuppeln und in Vancouver für die Fassaden. Die verfahrbaren Dachstrukturen werden in Warschau aus PVC-beschichtetem Polyestergewebe und in Vancouver aus einem reinen PTFE-Gewebe gefertigt.

Schnittzeichnung BC Place, Vancouver; Quelle: Stantec Architects/PavCo

Olympiastadion Kiew Im Olympiastadion Kiew wird das Endspiel der Fußball-Europameisterschaft 2012 ausgetragen. Im Zuge einer umfassenden Modernisierung erhielt das Stadion erstmals eine Überdachung. Das Tragwerk der neuen, mit Luftstützen und Lichtkuppeln ausgestatteten Membrandach-Konstruktion umschließt die historische Stadionschüssel ohne sie zu berühren.

Olympiastadion Kiew: Nach der Errichtung des Seiltragwerks hat die Membran-Montage begonnen. Foto: Hightex GmbH

Konstruktion Das Haupttragwerk des Daches besteht aus zwei äußeren Stahldruckringen, die auf 80 Stahlstützen aufgelagert sind, sowie aus 80 Seilbindern, die an den Druckringen verankert sind. Die radialen Seilbinder, die sich aus oberem Tragseil, unterem Spannseil sowie den acht sie verbindenden Hängerseilen zusammensetzen, sind zwischen beiden Druckringen am Außenrand und dem innen liegenden Ringseil gespannt (Speichenradprinzip). Anstatt einer Spreizung der Speichen nach Innen zur Nabe hin, wie beim Fahrrad, wurde für das Dach die Aufspreizung der radialen Seilbinder an die außenliegenden Druckringe gewählt. Wie bereits in Stuttgart wurde die Nabe durch einen Zugring ersetzt, der im Bereich der Spielfeldbegrenzung positioniert ist und der Spielfeldgeometrie folgt. Die horizontalen Kräfte aus den Radialseilen werden durch das Zusammenspiel von unterem sowie oberen Druckring und dem inneren Ringseil weitgehend ausgeglichen. Die Vertikalkräfte werden von den nach außen geneigten Stützen in die Fundamente abgeleitet. Das Ziel ist eine weitgehend axiale Belastung der Stützen und Druckringe sowie eine möglichst geringe Biegebeanspruchung, was durch die gelenkige Ausbildung der Stützenanschlüsse erzielt wird. Im Zusammenspiel mit dem beweglichen Knotenpunkt des oberen Druckrings wird eine ausreichende Bewegungsfreiheit der Konstruktion erreicht, die auf Einwirkungen äußerer Lasten zwängungsfrei reagieren kann. Das sekundäre Dachtragwerk wird aus PTFE/Glas hergestellt, transluzente Membranflächenelemente, die zwischen den unteren Spannseilen der radialen Seilbindern gespannt werden und pro Feld durch acht fliegende Stützen nach oben ausgelenkt werden. Die fliegenden Stützen weiten sich trichterförmig nach oben hin auf und werden je durch eine mit ETFE-Folie bespannte Lichtkuppel mit Durchmessern zwischen 2,5 m und 3,2 m abgedeckt. So ergibt sich eine in dieser Form einzigartige transluzente Dachlandschaft mit insgesamt 640 Lichtpunkten - zusammen eine transparente Gesamtfläche von ca. 6.500 m².

Olympiastadion Kiew: Der Membranbau erfolgt in luftigen Höhen. Foto: Hightex GmbH

Bauelemente des Stadiondachs Mit Höhen bis zu 48 m ragen die Stützen weit über den obersten Stadionrang hinaus und sind mit Abstand vor der bestehenden Tribünenschüssel angeordnet. Die Stützen sind leicht nach außen geneigt, knicken mittig ab, und neigen sich mit der oberen Stützenhälfte stadioneinwärts.  Sie sind als Kastenprofil aus Stahlblechen zusammengeschweißt. Der Querschnitt verjüngt sich sowohl nach unten, wo sie gelenkig aufgelagert sind, als auch nach oben. In der Mitte ist ihr Querschnitt am größten. Hier liegt der Anschlusspunkt für den unteren Druckring. Der mittige Druckringanschluss besteht aus einem Stahlkern mit entsprechenden Schraubverbindungen zur Befestigung des Ringes. Zudem ermöglicht er die Weiterleitung der hohen Druckkräfte des Rings durch die Stütze hindurch. Der obere Druckring hängt innerhalb der Stützenkonstruktion und ist über eine Bolzenverbindung mit der Primärkonstruktion verbunden.

Das Haupttragwerk des Olympiastadions in Kiew, Foto: Christian Schittich

Seilbau Das Seilsystem des Stadiondaches besteht aus 80 Seilbindern, die, angeschlossen an das Ringseil, nach außen an die Stützen spannen. Bei den Radialseilen des Seilbinders handelt es sich um vollverschlossene, galvanbeschichtete Spiralseile. Oberes und unteres Radialseil sind durch Abhängseile verbunden. Zum Anheben und Spannen des Seilsystems wurden für die Spannseile hydraulische Druckpressen, und für die Tragseile Litzenheber verwendet. Für die Seilenden wurden Traversen benötigt, für die Zuggeräte Auflagerkonsolen. Mit Hilfe dieser Technologie wurden die Seile dann an die Stützen gezogen, mit Computerregelung kraftgesteuert und laufend durch Vermessungen kontrolliert. Dieser Hebeprozess wird als „Big Lift“ bezeichnet und lief über einen Zeitraum von etwa 30 Tagen. Die nachfolgenden Bilder vermitteln ein Gefühl für die Größenordnung und Herausforderung dieser Montageleistung.

Anschließen der Seile an den Druckring, Foto: Hightex

Das innere Ringseil während der Montage, Foto: Hightex

Ausgelegte Seilkonstruktion vor dem Big Lift, Foto: Hightex

Einheben der Joche, Foto: Hightex

Membranbau Auf den fertig gespannten Seilbau wurde im nächsten Montageschritt die Dacheindeckung eingebracht. Sie besteht aus 80 einzelnen ca. 600 m² großen Membranfeldern aus PTFE/Glass mit einem Gewicht von fast einer Tonne. Die Felder wurden im Werk einbaufertig konfektioniert, auf die Baustelle transportiert und dort in das Dach eingehoben. Nach dem Ausrollen der Membrane erfolgte ihr Anschluss an die flankierenden Spannseile des Seilbinders sowie die Anbindung der bereits eingehängten fliegenden Stützen in die acht mittig angeordneten Kreisausschnitte der Membran. Der Membrananschluss wurde über Verschrauben von Klemmleisten hergestellt, die den Randkeder der Membran fixiert. Durch das Anheben der fliegenden Stützen in ihre Endposition wurde die Membran gespannt und in Position gebracht. Das Dach wurde dann durch das Aufbringen der insgesamt 640 Lichtkuppeln komplettiert.

10 von 80 einzelnen Membranfeldern (je ca. 600 m²) sind eingebaut. Foto: Hightex

Nationalstadion Warschau Das polnische Nationalstadion in Warschau liegt an der Weichsel in einem von Grünflächen und Bäumen geprägten Park unweit des Stadtzentrums. Auf der bestehenden Geometrie des Erdwalls, hinter dem sich das alte Stadion nach außen unsichtbar verborgen hielt, entstand ein Neubau aus Stahl, Glas, PTFE- und PVC-Membran, der durch seine äußere gewobene Fassadenebene aus Streckmetallpaneelen in den polnischen Nationalfarben Rot und Weiß einen unverwechselbaren Charakter aufweist. Das Fußballstadion für das Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft 2012 bietet 55.000 Zuschauern Platz. Eine ganzjährige Bespielbarkeit ermöglicht das schließbare, für Schneelasten ausgelegte Innendach des Stadions, auf das im Folgenden noch genauer eingegangen wird.

Nationalstadion Warschau: Die vielfach gefaltete Außenhaut besteht aus Streckmetall-Paneelen, die je nach Lichtverhältnissen geschlossen oder transparent wirken. Foto: Marcus Bredt

Konstruktion

Das Haupttragwerk des Daches beruht ebenfalls auf dem Speichenradprinzip, jedoch mit entscheidenden Modifikationen: 72 radial angeordnete Seilbinder spannen zwischen zentraler Nabe und umlaufenden Druckring. Durch die Anordnung nur eines Druckrings am äußeren Dachrand und die Umlenkung der Seilkräfte am oberen Ende der Schrägstützen über die Fassadenzugelemente kann auf einen oberen zweiten Druckring verzichtet werden. Stattdessen wurde umlaufend in den Fundamenten ein Spannring ausgeführt. Die Schrägstützen des Stadions können somit einen sehr filigranen und optisch leichten Gebäudeabschluss bilden, da sie lediglich durch Schrägseile an den Druckring querverspannt sind. Die Fassadenzugelemente sind Rundrohre, die gleichzeitig der Befestigung der gegeneinander verwobenen Fassadenelemente dienen und damit das Stadion mit seinen unterschiedlichen Bereichen zu einer Großform zusammenfügen. Die Radialseile verlaufen vom oberen Ende der Schrägstützen bzw. vom Druckring aus in Richtung Stadionmitte, kreuzen sich in Gußknoten und schließen an zwei in der Höhe versetzten Ringseilen an. Dieser äußere Dachbereich des Stadions, der sich über die gesamte Tribüne bis hin zum Spielfeldrand erstreckt, stellt den dauerhaft eingedeckten Teil der Seilkonstruktion dar. Jeweils neun, zwischen die unteren Radialseile eingefügte Stahlbögen bilden die Randgeometrie der Dachmembran, die in diesem Bereich als PTFE beschichtetes Glasfasergewebe ausgeführt ist. Im Werk vorkonfektioniert werden die einzelnen Membranpakete in die Konstruktion gehoben, ausgefaltet und über die Bögen an Druckring, Radial- und Ringseil unter Vorspannung befestigt.

Nationalstadion Warschau: Der sogenannte Big-Lift, Foto: Hightex

Das verfahrbare Dach Das innere Stadionoval im Bereich des Spielfelds wird von einer zweiten Konstruktion überspannt. Eine fliegende Mittelstütze wird durch vier Seile an das untere Radialseil gehängt. Achsweise nach oben führende Seile halten die Stütze in ihrer Mitte. Darüber verjüngt sie sich nadelförmig und überragt die gesamte Dachkonstruktion als weithin sichtbarer Stadionmast. Am unteren Teil des Masts ist eine verfahrbare Membrangarage befestigt. Nach Absenken der Garage kann das in ihr verstaute Dachmembranpaket nach außen aufgefaltet werden. Hierfür ziehen Elektromotoren sogenannte Schlitten auf den oberen Radialseilen nach außen, die über radiale Gurtbänder mit der Membran verbunden sind, diese nachziehen und somit das Dach schließen. Durch unterschiedliche Zuggeschwindigkeiten auf den einzelnen Achsen wird ein gleichzeitiges Einrasten der Schlitten in die sich verriegelnden Spannschlitten erzielt. Die Spannschlitten sind hydraulisch angetrieben und gewährleisten die kraftgesteuerte Endspannung der ausgefalteten Membran. Mit jeweils 4 t pro Achse wird die Membran in ihre endgültige Position gezogen, in der sie dann vorgespannt Wind- und Schneelasten aufnehmen und das Stadion vor Witterungseinflüssen schützen kann. Die Fuge zwischen festem und verfahrbaren Dach schließt ein 10 m breites auf den Radialseilen befestigtes Glasdach, das sich unmittelbar unterhalb der Membranen befindet und durch eine Neigung nach Außen eine entsprechende Entwässerung sicherstellt. Die Dachmembran des verfahrbaren Teils besteht aus einem PVC beschichteten Polyestergewebe, einem transluzenten Material, das sich für häufiges Verfahren und Falten eignet. Die verwendeten Gurte bestehen aus Polyester und besitzen Zugfestigkeiten bis zu 40 t. Eine intensive Untersuchung ihres Langzeit-, Dehn- und Kriechverhaltens war Voraussetzung, um den notwendigen Spannweg des verfahrbaren Dachs ermitteln zu können.

Nationalstadion Warschau: Der Membranbau ist fast abgeschlossen. Foto: Hightex

Stadion "BC-Place" Vancouver Ein verfahrbares Dach sorgt auch im Stadion "BC-Place" im kanadischen Vancouver für eine flexible und witterungsunabhängige Bespielbarkeit des Stadions. Das Traglufthallendach des Anfang der 1980er Jahre errichteten „Airdome“, einer 60.000 Zuschauer fassenden Arena, wird durch eine neue, auf dem vorgespannten Speichenradprinzip basierende Dachkonstruktion ersetzt. Ihre 36 umlaufenden, hoch aufragenden Stützen prägen das neue Bild des Stadions und akzentuieren den Veranstaltungsort in der imposanten Skyline der Stadt Vancouver.

Das fertige Dach des Stadions BC-Place in Vancouver, Foto: Grant Mattice

Die innovative und in dieser Form einzigartige Konstruktionslösung des zu öffnenden Mitteldachs, zeichnet sich im Gegensatz zu der einlagigen Ausführung in Warschau durch eine zweilagige Membrankonstruktion aus. Im aufgefalteten Zustand kann sie durch Druckluft zu formstabilen Kissen aufgeblasen werden. Das Dach aus beschichtetem PTFE-Gewebe ist in diesem Zustand für die Aufnahme von Schnee- und Windlasten ausgelegt und bietet durch die Zweilagigkeit der Kissenkonstruktion einen gewissen Wärmeschutz. Im Gegensatz zum verfahrbaren Dach in Warschau ist in diesem Fall die Regelstellung des Daches "geschlossen". Das verfahrbare Dach mit seiner ovalen Grundrissform hat im ausgefahrenen Zustand Abmessung von ca. 80 m x 100 m. Auf 36 Achsen verteilt ordnen sich die einzelnen Kissenfelder radial um einen zentralen Masten etwa 60 m über dem Stadionspielfeld. Der Mast ist Träger der Parkgarage des Daches, in die die verfahrbare Membran hineingefaltet werden kann.

BC-Place: Montage der Stahlbögen auf dem Seilnetz, Foto: Hightex

Der zentrale Knoten des Stadions BC-Place mit den Schlitten für das verfahrbare Dach, Foto: Hightex

Zum Öffnen des Daches saugen die am zentralen Mast installierten Gebläseeinheiten durch in den Kissen verlegte Luftversorgungsschläuche die Druckluft aktiv aus ihnen heraus. Anschließend wird die entlüftete Membran über ihre Schlittenaufhängung am Seiltragwerk motorisch nach innen gezogen. Die Membran faltet sich mittig zusammen und wird durch die nach oben fahrende Garage geschützt. Beim Schließen des Daches wird die Membran nach außen auf die unter dem Ringseil installierten Glasdachschürze gezogen. Durch das anschließende Aufblasen der Kissen stabilisiert sich die Dachkonstruktion. Radial umlaufend ist ein Dichtungswulst als äußerer Abschluss des verfahrbaren Membrandachs ausgebildet, der sich mit zunehmender Druckluft fest auf das Glasdach presst und damit die notwendige Abdichtung der Konstruktion herstellt. Das Öffnen bzw. Schließen des über 7500 m² großen verfahrbaren Daches, das als „blue sky roof“ bezeichnet wird, benötigt lediglich 20 Minuten. Es verspricht eine ganzjährige, wetterunabhängige Nutzung des Stadions und ist als verfahrbare Kissenkonstruktion in dieser Art und Dimension weltweit einzigartig.

Der zentrale Knoten des Stadions BC-Place: Montage der Verfahrmechanik, Fotos: Hightex

BC-Place: Montage der vorkonfektionierten PTFE-Membran, Foto: Hightex

Fazit In den letzten Jahrzehnten haben sich biegweiche Membranwerkstoffe als Ergänzung "klassischer" Baumaterialien (Holz, Stein, Stahl, Glas etc.) fest etabliert. Dabei verweisen sie gleichzeitig in die archetypische Frühgeschichte der Architektur wie auch mit modernen, hocheffizienten High-Tech-Materialien in die Zukunft. Ein dauerhafter Einsatz in verschiedenen Klima- und Kulturräumen ist möglich, zum einen wegen grundsätzlicher Werkstoffeigenschaften, aber auch wegen der Anpassbarkeit der Konstruktion und Bandbreite bestimmter Eigenschaften, wie zum Beispiel der Lichttransmission. Biegeweiche Werkstoffe erlauben zudem neben starren Strukturen auch bewegbare und damit veränderliche Konstruktionen in großem Maßstab. Weitere Vorteile ergeben sich in einer gesamtheitlichen Betrachtung aufgrund der sehr geringen erforderlichen Massen - Membranmaterialien wiegen zwischen 0,4 und 2 kg/m². Im Vergleich zu alternativen Konstruktionen ist das Flächengewicht in der Regel um ein vielfaches geringer, was sich auch auf einen reduzierten Materialeinsatz in Primär- und Sekundärkonstruktion auswirkt, ebenso auf den Aufwand für Transport, Montage und letztlich auch den in Zukunft erforderlichen Rückbau. In der Summe ist daher eine Gesamtenergiebilanz über den Lebenszyklus gegenüber massiveren Konstruktionsalternativen vorteilhaft. Der Einsatz von biegeweichen Textil- und Folienwerkstoffen bietet noch erhebliche Differenzierungsmöglichkeiten für Gestalter, wir sind mitten in einer spannenden Entwicklung, deren Ende noch keinesfalls absehbar ist.

Literatur: Knippers, J., Cremers, J., Gabler, M., Lienhard, J.: Atlas Kunststoffe + Membranen. DETAIL/Institut für Internationale Architektur-Dokumentation, München, 2010 Cremers, J.; Grunwald, G.: 'Innovative Membran-Stadiondächer in Kiew, Warschau und Vancouver' in STAHLBAU 9-2011, S. 678-686 Grunwald, G.; Seethaler, M.; Cremers, J.: 'Olympiastadion Kiew' in BAUINGENIEUR 10-2011, S. 409-417 Autoren dieses Beitrages: Prof. Dr.-Ing. Jan Cremers, jan.cremers@hightexworld.com, Director Technology Hightex GmbH in Bernau/Chiemsee, Professor an der Hochschule für Technik Stuttgart Dr.-Ing. Gregor Grunwald, Project Engineer Hightex GmbH in Bernau/Chiemsee

Projektübersicht

Projekt

Kiew

Warschau

Vancouver

Baumaßnahme

Umbau

Neubau

Umbau/Sanierung

Bauzeit

2009  – 2011

2008 - 2011

2010 - 2011

Auftraggeber

National Sport Complex "Olympiysky"

Narodowe Centrum Sportu Sp. z o.o, Poland

BC Pavilion Corporation (PavCo), Canada

Architekt

gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, Personal Creative Architectural Bureau Y. Serjogin

gmp · Architekten von Gerkan, Marg und Partner, JSK Architekci Sp. z o.o., Warsaw, Poland

Stantec Architects Ltd.

Tragwerksplaner

Schlaich Bergermann
und Partner

Schlaich Bergermann und Partner

Schlaich Bergermann
und P. / Geiger Engineers

Contractor

 

Consortium Alpine Bau Deutschland AG / Hydrobudowa Polska S.A.

PCL Constructors Westcoast Inc., Canada

Seilbau

Hightex GmbH

Alpine Bau Deutschland AG

 

Membranbau

Hightex GmbH

Hightex GmbH

Hightex GmbH

Sitzplätze

68.000

55.000

60.000

Länge des Stadions

300 m

314 m

261 m

Breite des Stadions

220 m

280 m

221 m

Höhe des Stadions

51 m

97 m (inkl. Zentralmast)

80 m

Fläche festes Dach

44.500 m² + 6.500 m²

55.000 m²

35.000 m²

Material

PTFE/Glass + ETFE

PTFE/Glass

PTFE/Glass

Fläche verfahrbares Dach

-

11.000 m²

7.340 m²

Material

-

PVC-PES

PTFE fabric 2-layers

»Wettkampf – Architektur« – die Serie im Überblick: London 2012 – Infrastrukturgebäude
London 2012 – Aquatics Centre
London 2012 – Olympiastadion
London 2012 – Velodrom
London 2012 – Basketball Arena
London 2012 – Olympische Schießsportstätten
Stadia – Sport and Vision in Architecture (Ausstellung)
Olympiastadion in Kiew – im Gespräch mit Volkwin Marg
Effizienz als Leitmotiv – im Gespräch mit Knut Göppert
Neue Stadiondächer aus Membranwerkstoffen
PGE Arena in Danzig
Nationalarena in Bukarest
Nationalstadion in Warschau
Choreographie der Massen (Ausstellung)

Wettkampf – Architektur
London 2012 - Wie nachhaltig wird Olympia? 
London 2012 - Die Ökobilanz der Spiele
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