12.04.2015 Emilia Margaretha

Verfremdungseffekt: Philharmonie in Stettin

Dutzende weiße Spitzdächer krönen den Neubau der 13 000 m² große Philharmonie, der als erstes polnisches Gebäude das Finale des renommierten Mies van der Rohe-Preises erreichte und bereits landesweit als zeitgenössische Architekturikone gesehen wird.
Architekten: Estudio Barozzi Veiga, Barcelona
Standort: ul. Malopolska 48, PL–70-515 Stettin

Foto: Simon Menges

In der Stettiner Innenstadt entstand der Neubau genau an der Stelle, wo bereits vor 130 Jahren ein Konzerthaus eingeweiht wurde. Dieses im Zweiten Weltkrieg stark beschädigte Gebäude wurde in den 1960er Jahren komplett abgerissen. Seitdem musste die Philharmonie einen Teil der Stadtverwaltungsbehörde für ihre Zwecke nutzen. 2004 entstand schließlich eine Bürgerinitiative, die sich für den Bau einer neuen Philharmonie stark machte. Ihre Bemühungen führten zu dem 2007 ausgeschriebenen internationalen Architekturwettbewerb. Als Sieger aus den insgesamt 44 eingereichten Vorschlägen ging das spanisch-italienische Büro Barozzi Veiga hervor, deren expressiver weiß-gläserner Baukörper bereits ein breites Echo in der Architekturszene gefunden hat.
Die Philharmonie, nach dem polnischen Komponisten Mieczyslaw Karlowicz benannt, besteht aus zwei Konzertsälen; im Sonnensaal finden 951 und im Kammermusiksaal 192 Besucher Platz. Der große Konzertsaal wird von den Entwerfern als Herz des Gebäudes bezeichnet. Die hervorragende Akustik, von Prof. Higini Arau geplant, wird mit dem Wiener Musikverein verglichen und erreicht die höchst geltenden Standards. Die Decke und Wände sind mit dreiecksförmigen Vertäfelungen versehen, die mit Blattgold überzogen sind. Sie sorgen für gute Schallmischungen mit einer klaren Abstrahlung aller Frequenzbereiche.

Der Konzertsaal, Foto: Simon Menges

Der Kammermusiksaal, ein fast schwarz verkleideter Raum, ist als eine abgehängte Box konzipiert und ragt weit in das Foyer hinein. Weitere multifunktionale Räume sind für Veranstaltungen, Ausstellungen und andere künstlerische Projekte vorgesehen.

Der Kammermusiksaal, Foto: Simon Menges

Das Foyer, Foto: Simon Menges

Schnitt 1, Grafik: Estudio Barozzi Veiga

Schnitt 2, Grafik: Estudio Barozzi Veiga

Ebene 0
Grafik: Estudio Barozzi Veiga

Ebene 1

Das einheitliche Fassaden- und Dachmaterial besteht aus transluzenten Glastafeln, die tagsüber weiß und fast undurchsichtig sind. Das Erscheinungsbild ändert sich je nach Jahreszeit. In der Dämmerung und Dunkelheit leuchtet das Volumen von innen heraus oder kann durch eine integrierte LED-Beleuchtung vielfarbig inszeniert werden.
Das Volumen des lediglich 30 Millionen Euro teuren Neubaus entwickelte sich aus der Vertikalität der angrenzenden Wohnhäuser sowie der Monumentalität der neogotischen Kirche in direkter Nachbarschaft. Das dreiseitig freistehende Gebäude bekommt trotz der großen Dimension von rund 60 mal 55 Metern Grundfläche die Struktur schmaler giebelständiger Häuserreihen mit einer einheitlichen Firsthöhe.

Foto: Simon Menges

Weitere Projekte zum Thema »Material und Oberflaeche« finden Sie in unserer Ausgabe 
DETAIL 2015/5
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