01.09.2022 Sandra Hofmeister

Erlebnisraum oder begehbares Archiv – welche Räume braucht die Kunst?

Fujiko Najaka, NebelLeben, Haus der Kunst, München (8.4.-31-7-2022) © Marion Vogel

Erlebnisraum oder öffentliches Depot, welche Räume braucht die Kunst?
Museen und Ausstellungen inszenieren ihre Exponate in einem räumlichen Kontext, zu dem vor allem die Architektur beiträgt. Ein Überblick zu vier Grundkonstellationen.

Das Foyer des Centre George Pompidou in Paris gleicht einem Wimmelbild. Die Kulturmaschine von 1977 ist heute noch ein beliebter Treffpunkt. © Daniel Thierry

Der sinnliche Erlebnisraum

Die japanische Künstlerin Fujiko Nakaja hat die Besucherinnen und Besucher ihrer Ausstellung „NebelLeben“ im Haus der Kunst in München auf eine Sinnesreise geschickt. Ihre flüchtigen Installationen aus Wasserdampf lassen die großen Räume zeitweise verschwinden und lösen ihre Architektur im Nebel auf. Eine Erfahrung, die mit Ausnahmezuständen der Wahrnehmung spielt und in Erinnerung bleibt, auch noch lange nach der Ausstellung im Sommer 2022. Wenn die Kunst sinnliche Erfahrungen inszeniert, eignet sie sich Räume an und braucht einen White Cube und keine weißen Wände. Dies zeigt sich ebenso im Palais de Tokyo in Paris wie in der Turbinenhalle der Tate Modern, die Olafur Eliasson 2003 mit seinem grandiosen „Weather Project“ in Sonnenlicht tauchte.

Die Kulturmaschine

Warum sollen Museen nur Kunst ausstellen? Das Centre Georges Pompidou im Zentrum von Paris wurde 1977 eröffnet und ist auch heute noch ein Volkspalast für Alle. Das Raumprogramm der „Raffinierie“, so der Spitzname des Gebäudes, hat sich über die Jahrzehnte bewährt und fasst neben den Ausstellungssälen auch eine öffentliche Bibliothek und ein Kino, ein Forschungszentrum und vieles mehr. Fast 50 Jahre nach seiner Eröffnung ist das Gebäude heute noch so belebt und beliebt wie je. Den Nutzungsmix der Kulturmaschine machen sich heute auch Kulturbauten zu eigen, die ähnlich wie das Beaubourg als Magneten im Stadtraum ein komplexes öffentliches Programm bündeln. Dazu zählt auch die Oodi Central Library von ALA Architects in Helsinki.

Die monumentale Treppenhalle des Neuen Museums macht nach der Sanierung von David Chipperfield Architects die Schichten der Geschichte sichtbar. © Ute Zscharnt

Narrativ der Geschichte

Das Neue Museum von David Chipperfield Architects in Berlin auf der Museumsinsel in der deutschen Hauptstadt ist eine kritische Rekonstruktion, die den Dialog mit dem historischen Bestand aufnimmt. Alt und Neu ergänzen sich, die Ruine des Bestandsbaus aus dem 19. Jahrhundert wird im jeweiligen Erhaltungszustand restauriert und durch nüchterne zeitgenössische Elemente ergänzt. Beim Rundgang durch die Sammlungen lassen sich die Schichten der Geschichte ablesen. Sie verdichten sich zu einem Narrativ, das die einzelnen Sammlungsexponate ebenso wie die Kriegszerstörungen des Gebäudes und seine neuen Ergänzungen miteinschließt. Sind Museen als Narrative der Geschichte konzipiert, so kann ihre Architektur allerdings auch in Kitsch abdriften. So zeigt sich das Humboldtforum in Berlin als Neubau, der das historische Stadtschloss samt seinen Säulen und Kapitellen wieder errichtet. Gerade so, als ob es keinen Zweiten Weltkrieg gegeben hätte. Was für eine vertane Chance!

In den Fassaden des Humboldtforums treffen die neue, rekonstruierte Schlossfassade und der rationalistischen Lochfassade des Humboldtforums in einem Missklang aufeinander. © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Alexander Schippel
Schlüterhof des Humboldtforums im Berliner Schloss. © Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Alexander Schippel

Das öffentliche Archiv

Viele Schätze aus dem Archiv bleiben vor der Öffentlichkeit verborgen, denn Ausstellungen zeigen stets nur einen kleinen Teil des großen Depots. Warum also nicht einfach das Depot für Besucherinnen und Besucher zugänglich machen? Diesen Gedanken greift das Museum für Gestaltung im Toni-Areal in Zürich ebenso auf wie das Vitra-Schaudepot in Weil am Rhein, ein Gebäude von Herzog & de Meuron. Das jüngste und spektakulärste öffentliche Archiv ist das neue Depot des Museums Boijman van Beunigen in Rotterdam nach dem Entwurf von MVRDV.

Blick ins Archiv: Im Schaudepot des Vitra Design Museums in Weil am Rhein sind seltene Kostbarkeiten der Designgeschichte in Möbel gelagert. Das Archiv des Museums ist öffentlich zugänglich. © Vitra Design Museum, Mark Niedermann

Lorem Ipsum: Zwischenüberschrift

Kuratiert sind die Archivobjekte aus der Sammlung des Vitra-Designmuseums zwar nicht, aber dennoch bleibt der Eindruck, den sie bei Besucherinnen und Besuchern hinterlassen, unvergleichbar: Die ganze Welt des Designs und ihre kostbaren Raritäten in Regalen versammelt!

Den ausführlichen Essay zu Museumstypen finden Sie in Detail 9.2022 und in unserer Datenbank Detail Inspiration.



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