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Betonwolke an der Ausfallstraße: Mediathek in Vitrolles
Foto: Aldo Amoretti
Vitrolles liegt gleich hinter dem Flughafen von Marseille rund 15 Kilometer nordwestlich der südfranzösischen Hafenstadt. Nach dem Zweiten Weltkrieg ereilte den Ort das gleiche Schicksal wie so viele Vorstädte der französischen Metropolen: rapides Wachstum und Bebauung mit seelenlosen Großwohnungsbauten, die keiner klaren städtebaulichen Vision folgte. Allein zwischen 1960 und 2000 verzehnfachte sich die Einwohnerzahl; heute wohnen in Vitrolles knapp 35000 Menschen.
Inmitten eines dieser Nachkriegs-Wohngebiete, an einer Ausfallstraße südlich des Stadtzentrums, liegt die neue Mediathek des Pariser Architekten Jean-Pierre Lott. Er hatte 2012 einen Entwurfswettbewerb für den Neubau gewonnen. Die Mediathek ist ein Solitär unter Solitären, grenzt sich formal jedoch radikal von den Riegeln, Würfeln und Punkthochhäusern der umliegenden Wohnbebauung ab. Einzig das Erdgeschoss und das darüber liegende Mezzanin folgen mit ihrer Glasfront dem geraden Verlauf der Straße. Darüber kragt das erste Obergeschoss mit einer wellenartig ausschwingenden, weitgehend geschlossenen Fassade aus Weißbeton aus. Im Inneren umfasst das Gebäude vier Vollgeschosse. Im Erdgeschoss sind die Leihstelle, die Kinderabteilung, ein Vortragssaal, ein Café sowie Ausstellungsflächen untergebracht. Café, Auditorium und Ausstellungsbereich sind so konzipiert, dass sie nach Bibliotheksschluss auch separat genutzt werden können. Der weitaus größte Teil der Freihandleihe befindet sich im ersten Obergeschoss; ebenso mehrere Arbeitsräume und eine holzbelegte Freiterrasse hinter dem amöbenhaften Beton-Screen. Das zweite, zurückgesetzte Obergeschoss beherbergt die Verwaltungsbüros, im Untergeschoss wurden Archivräume eingerichtet.
Die an der Eingangsfassade noch vorhandenen rechten Winkel treten im Innenraum vollständig zurück; hier dominiert der kühne Schwung der Brüstungen, Treppenläufe, Ausleihtheken und Trennwände. Um kein visuelles Chaos zu stiften, sind die Raumoberflächen mit Ausnahme des Fußbodens einheitlich in Weiß gehalten. Tageslicht gelangt vorwiegend durch die Nordfassade und einen Oberlichtschlitz in der Raummitte herein. Auf der Südseite ist die Betonfassade hingegen weitgehend geschlossen.
Gleich zwei ausladende, geschwungene Treppen führen hinauf ins erste Obergeschoss, sodass die gesamte Leselandschaft in einem durchgehenden Parcours durchlaufen werden kann, ohne kehrt machen zu müssen. Eine Passerelle durchschneidet den zentralen, zweistöckigen Luftraum und trennt ihn in zwei Teile. In einem davon platzierten die Architekten den intimsten und zugleich ungewöhnlichsten Bereich im ganzen Haus: Der »Raum der Märchenstunde« ist ein aufgeständertes, weitgehend geschlossenes Oval zum konzentrierten Vorlesen und Erzählen.
Weitere Informationen:
Bauherrenvertretung: Icade
Tragwerksplanung: OTEIS
TGA-Planung: OASIIS
Akustikplanung: ACOUSTB
Tragwerksplanung: OTEIS
TGA-Planung: OASIIS
Akustikplanung: ACOUSTB