02.02.2015 Annika Schröck

Weiß auf Weiß: Mikroarchitektur in London

Erst auf den zweiten Blick kann man den gläsernen Kubus erahnen, der sich unauffällig und nahezu unsichtbar vor das Sockelgeschoss des Londoner Herrenhauses schiebt. Der dezente und minimale Anbau von Gianni Botsford Architects beinhaltet eine kleine Bibliothek sowie ein Studierzimmer, von dem aus sich durch die Glasfassade ein ungestörter Blick auf den vorbeifließenden Regent´s Canal bietet.

Architekten: Gianni Botsford Architects, London
Ort: London, Großbritannien

Foto: James Morrison

Von der gegenüberliegenden Seite ist der gläserne Minimal-Anbau nur vage erkennbar. Das Ziel der Architekten war es, den Bau so zu »entmaterialisieren«, dass er sich wie unsichtbar dem Bestandsgebäude unterordnet. Auf Wunsch der Bauherren, neben den Qualitäten einer ungehinderten Aussicht auf den Fluss, gleichzeitig die Privatsphäre im Innenraum zu bewahren, wurde der rahmenlose zweifachverglaste Glaskubus mit einer weißen wellenförmigen »Textuierung« bedruckt. Die camouflageartige Bemusterung verschleiert und tarnt den Anbau auf eine dezente Art.

Schnitt, Grafik: Gianni Botsford Architects

Foto: James Morrison

So unscheinbar und diskret der gläserne Anbau in seinem äußeren Erscheinungsbild auch wirkt: die innere Ausgestaltung des Minimal-Raums sollte markant und besonders ausdrucksstark sein. Das Raumprogramm umfasst neben einer Bibliothek von 1 x 1,2 m auch ein Studierzimmer mit Sitzecke auf einer Fläche von 2,3 x 2,7 m. Der gesamte Anbau wurde in den Boden abgesenkt, sodass sich die Tischplatte auf dem gleichen Niveau des Gartens befindet. Beim Arbeiten hat man so eine außergewöhnliche Aussicht über Blumen und Rasen bis hin zum Fluss. Die gläserne Bedachung gibt zusätzlich einen ungestörten Blick Richtung Himmel frei. Ein geringer Eisenanteil im Glas sorgt dabei für ein Maximum an Transparenz und Klarheit.

Foto: James Morrison

Neben dem allseitig verglasten Kubus, erzeugt auch die Materialität des Innenraums optisch einen vergrößerten Raumeindruck: Eine weiße Oberfläche überzieht glatt und fugenlos Wände, Boden und Decken. Selbst die Möbel wurden im gleichen Material gestaltet und scheinen sich aus den Raumbegrenzungen hervorzuschieben, während der Boden sich scheinbar nahtlos zu einer Sitzbank transformiert.

Foto: James Morrison

Fotos: James Morrison

Um den Bewohnern bei Dunkelheit das Gefühl zu nehmen, von außen sichtbar in einer »Black Box« zu sitzen, ist der gläserne Anbau gleichermaßen von außen und Innen beleuchtet. Die Lichtstärken wurden anschließend so ausbalanciert, dass der Innenraum von Außen nahezu undurchsichtig erscheint und die Glasfassade wie ein »imaginärer Vorhang in der Nacht« wirken soll.

Wie auf minimaler Fläche ein Maximum an Wohnfläche und Raumqualität herausgeholt werden kann, zeigen Gianni Botsford Architects anhand dieses außergewöhnlichen Projekts. Der von außen nahezu unsichtbare Glaskubus, offenbart im Inneren einen überraschend großzügigen Raumeindruck, der durch Materialität, Farbigkeit und eine ausgefeilte Möblierung raffiniert erzeugt wird.

Foto: James Morrison

Projektdaten:

Fläche: 8,3 m²
Bauherr: privat
Bauingenieur: TALL Engineers
Haustechnik: Pearce and Associates
Bauunternehmer: Verona Construction
Landschaftsarchitekt: Todd Longstaffe-Gowan
Licht: Modular, Davide Groppi
Glas-Spezialist: Cantifix
Installateur: Midas Solid Surface Ltd
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