11.01.2011 Jakob Schoof

CO2-Ausstoß in Deutschland steigt

Deutschland präsentiert sich gern als Klimaschutz-Weltmeister. Doch der CO2-Ausstoß hierzulande ist 2010 um knapp 4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, der Energieverbrauch sogar um 4,1 Prozent. Das geht aus den neuesten Berechnungen der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) hervor.

Die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AG Energiebilanzen) geht davon aus, dass der Energieverbrauch in Deutschland 2010 infolge des guten Konjunkturverlaufs sowie der kühlen Witterung zu Beginn und am Ende des Jahres eine Höhe von 14.012 Petajoule (PJ) beziehungsweise 478,2 Millionen Tonnen Steinkohleneinheiten (Mio. t SKE) erreicht hat. Das sind 549 PJ oder knapp 19 Mio. t SKE mehr als im Vorjahr. Damit kehrt der Verbrauch aber noch nicht auf das Niveau vor dem konjunkturellen Einbruch des Jahres 2008 zurück.
Der höhere Energieverbrauch dürfte auch zu einem Anstieg des energiebedingten CO2-Ausstoßes führen, da sich der Mix der Energieträger 2010 nur geringfügig zugunsten CO2-armer Energien verschoben hat. Noch immer entfallen rund zwei Drittel des gesamten Verbrauchszuwachses auf kohlenstoffhaltige Energieträger entfällt. Alles in allem rechnet die AG Energiebilanzen mit einer Zunahme der energiebedingten CO2-Emissionen um knapp 4 Prozent.

Steinkohle ist der große „Gewinner“
Die unterschiedlichen Energieträger haben sich in Deutschland 2010 höchst unterschiedlich entwickelt. Vor allem der Verbrauch an Steinkohle erhöhte sich kräftig um mehr als 15 Prozent auf 1.694 PJ. In der Stromerzeugung – für die derzeit rund 70% aller hierzulande verbrauchten Steinkohle verwendet werden - nahm der Einsatz um über 7 Prozent zu. Die inländische Eisen- und Stahlindustrie steigerte ihren Verbrauch an Kohle und Koks gar um rund 37 Prozent. Auch auf dem Wärmemarkt wurde mehr Steinkohle abgesetzt.

Knapp niedriger, und ebenfalls geringfügig über Vorjahresniveau, lag der Primärenergieverbrauch an – als besonders klimaschädlich geltender - Braunkohle mit 1.515 PJ. Über 90 Prozent der Förderung werden zur Stromerzeugung eingesetzt.

Der Verbrauch an Mineralöl stieg um gut 1 Prozent auf 4.722 PJ. Ohne den kräftig erhöhten Einsatz von Biokraftstoffen (deren Beitrag bei den erneuerbaren Energien bilanziert wird) hätte der Zuwachs beim Mineralöl eine Höhe von rund 4 Prozent erreicht. Vor allem die Nachfrage nach Diesel und leichtem Heizöl trieben 2010 den Mineralölverbrauch in die Höhe.

Der Erdgasverbrauch in Deutschland erhöhte sich um 3,7 Prozent auf 3.048 PJ. Die niedrigen Temperaturen in den ersten Monaten des Jahres sowie am Jahresschluss sorgten für einen erhöhten Absatz auf dem Wärmemarkt. Auch die Industrie steigerte ihre Nachfrage im Zuge der positiven konjunkturellen Entwicklung.

Auch die inländischen Kernkraftwerke steigerten ihre Primärenergieerzeugung um knapp 3 Prozent auf 1.514 PJ.
Die Erneuerbaren Energien wuchsen 2010 um 6,8 Prozent
Die erneuerbaren Energien trugen mit 1.312 PJ zur Energiebilanz 2010 bei. Das sind 6,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Stromerzeugung aus Wasserkraft (ohne Pumpspeicher) stieg um 2 Prozent, die der Windkraft ging dagegen um knapp 3 Prozent zurück. Einen gewaltigen Sprung machte die Photovoltaik: Ihr Beitrag wuchs um mehr als 80 Prozent von 24 PJ auf 43 PJ. Biogas und Biokraftstoffe legten um 15 Prozent beziehungsweise knapp 4 Prozent zu. Der Anteil aller erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch stieg von 9,1 auf 9,4 Prozent.
Kommentar:
„Entkopplung“ lautet einer der Lieblingsbegriffe der Umweltpolitiker (fast) jeder Couleur. Der CO2-Ausstoß, so ihre Vorstellung, soll vom Wirtschaftswachstum losgelöst werden; größerer Wohlstand und geringere Emissionen künftig Hand in Hand gehen. Die Zahlen der AGEB unterstreichen jedoch das Gegenteil: Der CO2-Ausstoß ist 2010 um 4 Prozent gestiegen – stärker noch als die deutsche Wirtschaftsleistung im gleichen Zeitraum.

Das bedeutet konkret: Deutschland hat 2010 nicht nur absolut gesehen mehr Treibhausemissionen verursacht als im Jahr zuvor, sondern den CO2-Ausstoß sogar überproportional zum Bruttoinlandsprodukt gesteigert. Statt von einer Entkopplung müsste also von einer vehementen „Ankopplung“ die Rede sein.

Sicher: Der Langzeittrend der letzten Jahre zeigt noch nach unten – doch eine gefährliche Kehrtwende hin zu höheren Emissionen ist gemacht. In dieser Situation käme es nun darauf an, das Schlagwort von der Entkopplung nicht nur ständig im Munde zu führen, sondern auch konkret mit Leben zu erfüllen. Ob „Streichkonzerte“ bei der Förderung erneuerbarer Energien oder Warnungen vor Alleingängen in Sachen Klimaschutz – wie von Teilen der schwarz-gelben Bundesregierung 2010 geäußert – da der richtige Weg sind, scheint doch sehr fraglich.
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