DETAIL research Round Table Berlin

Am 20. Februar startete in Berlin die neue DETAIL research Diskussionssreihe zum Thema "Zukunft des Bauens", die in Zusammenarbeit mit der Forschungsinitiative Zukunft Bau des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung in mehreren deutschen Städten über das Jahr verteilt stattfinden wird. Bei den informellen Round Table Gesprächen kommen Führungspersönlichkeiten aus universitärer Forschung, Industrie, Planung und Politik an einem Tisch zusammen, um relevante Themen zu diskutieren und gemeinsame Schnittstellen und Ziele zu identifizieren. Der direkte Dialog und die persönliche Vernetzung ermöglichen einen Austausch, der Fragestellungen zur Zukunft des Bauens ganz konkret bereits in unserer Gegenwart verortet und so innovative Handlungswege eröffnet.
Das erste Round Table Gespräch fand zum Thema "Szenarien für Modellhäuser, Plusenergie und Monitoringverfahren" in dem von Werner Sobek mit der Universität Stuttgart geplanten Modellhaus in der Berliner Fasanenstrasse statt. Das als Einfamilienhaus konzipierte Gebäude produziert doppelt so viel Energie, wie es verbraucht und speist aus dem Überschuss vor Ort Elektrofahrzeuge. Ab März 2012 geht es mit einer vierköpfigen Familie für ein Jahr in die Monitoring-Phase. Kurz vor deren Einzug diskutierten in der zukünftigen Wohnküche Vertreter der Forschungsinitiative Zukunft Bau, des Fraunhofer IBP, der TU Darmstadt, der Bergischen Universität Wuppertal, der Fachhochschule Frankfurt/Main, der Donau Universität Krems, des Berliner Institutes für Sozialforschung sowie der Firmen VELUX, Stiebel Eltron, BASF, Eternit, Wienerberger und RWE Effizienz. Das Gespräch behandelte Fragen der Definition und Maßstäblichkeit von Modellprojekten sowie der wesentlichen Faktoren für einen Erkenntnisgewinn aus Monitoringverfahren und der Implementierung von Energieplus-Konzepten in die Gesellschaft.

Modellprojekte wurden hierbei im wesentlichen als reale bauliche Demonstrationsobjekte definiert, die durch technisches und soziales Monitoring ausgewertet werden. Konzepte, die Gebäude im Bestand oder ganze Siedlungen energetisch bewerten sind hierbei gesellschaftlich eher relevant als die Bauform des freistehenden Einfamilienhauses als Neubau. Dem trägt beispielsweise der gerade vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung BMVBS ausgeschriebene Wettbewerb für ein "Effizienzhaus Plus im Altbau" Rechnung, der sich mit Sanierungskonzepten befasst. Leuchtturmprojekte wie das als Einfamilienhaus konzipierte Berliner Effizienzhaus-Plus sind dennoch wichtig, um die Aufmerksamkeit für das Thema in der Öffentlichkeit zu wecken. Ein Modellhaus ist immer auch ein Stück weit Experiment. Der Erkenntnisgewinn liegt hierbei in der Auswertung sowohl der positiven als auch der negativen Ergebnisse, um daraus Schlüsse für die nächste Generation der Gebäude zu ziehen. International existiert heute bereits eine Vielzahl von Modellprojekten, die regional ganz unterschiedliche klimatische und geographische Gegebenheiten für energieeffizientes Bauen berücksichtigen. Die gewonnenen Erkenntnisse mittels einer Datenplattform zu vernetzen und diese Planern und beteiligten Firmen zugänglich zu machen, wäre ein wichtiger Schritt für inhaltliche Rückkopplung. Nicht die Quantität der Modellprojekte ist entscheidend für eine Weiterentwicklung, sondern die Qualität der Bewertung.

Die Modellhausprojekte können jedoch nicht nur der Fachwelt wertvolle Informationen für die bauliche Weiterentwicklung liefern, sondern helfen auch, energetische Gebäudekonzepte in die Gesellschaft zu implementieren. Sie können eine breitere Akzeptanz sowohl bei Bauherren und Nutzern als auch bei den Planern schaffen. Konzepte für temporäres "Probewohnen" in Modellprojekten, die eine große Zahl an Menschen erreichen, sind beispielsweise mit Typologien wie Hotels oder Feriensiedlungen gut umzusetzen. Die Reduzierung der Technik auf das Wesentliche und eine einfache Bedienbarkeit erhöhen die Akzeptanz bei den Bewohnern. Auch ein angemessener Kostenrahmen ist entscheidend für die Durchsetzungsfähigkeit energetischer Konzepte. Das LichtAktivhaus in Hamburg beispielsweise ist als Sanierungskonzept für Bestandswohnhäuser konzipiert und in drei Varianten - von der Basissanierung bis zum Um- und Zubau für unterschiedlichen Preiskategorien geplant, sodass es den Wünschen und Budgets der Bauherren angepasst werden kann.

Für Architekten stellt sich bei der Planung und Umsetzung von Niedrig-, Null- oder Plusenergiehäusern vielfach die Schwierigkeit, die komplexen Zusammenhänge und energetischen Bewertungen - vor allem auf lange Sicht im Kontext des Lebenszyklus zu erfassen. Die Kommunikation zwischen Fachberatern, Entwurfsarchitekten und ausführenden Firmen ist in der Praxis oft schwierig, vielfach fehlt das notwendige Fachwissen im Hintergrund. Hier müssen in der Ausbildung - sowohl bei Planern als auch bei Handwerkern - für die Zukunft neue Modelle gefunden werden, die energetisches Fachwissen und Verständnis fördern und frühzeitig einbinden. In der Diskussion und Bewertung energieeffizienter Bauweisen sollte jedoch nicht ausschließlich die Technik im Vordergrund stehen, sondern auch zeitgemäße nachhaltige Wohnformen und ihre architektonische Umsetzung. Diese Idee ist nicht neu. Bereits um 1927 versuchten Modellprojekte wie die Stuttgarter Weissenhof-Siedlung technische Neuerungen mit architektonischer Qualität zu vereinen und sie einer breiten Masse zu vermitteln. Wenngleich die Haustechnik heute einen sehr hohen Stellenwert bei den Modellprojekten einnimmt, sollten ebenso gestalterische Ansprüche wieder mehr in den Fokus rücken. Städtebauliche und baukulturelle Aspekte, Materialität, Wohnwert und soziale Akzeptanz müssen beim Monitoring eine ebenso wichtige Rolle spielen wie die Energiebilanz. (Text: Christiane Sauer, DETAIL research) Bilder:
Abb.1: RWE-Manager Andreas Klapdor, Sozialforscher Detlef Oesterreich, Architektin Claudia Lüling und Ministeriumsvertreter Guido Hagel (DETAIL research)
Abb.2: Effizienzhaus-Plus, BMVBS
Abb.3: LichtAktiv Haus, Velux Deutschland GmbH
Abb.4: Kommunikationsexperte Jan Krause, Forscher Dietrich Schmidt, Velux-Vertreterin Astrid Unger und DETAIL research-Redakteur Martin Luce (DETAIL research)

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