Energetische Sanierung einer Turnhalle in Berlin

Neben der energetischen Sanierung der Turnhalle am Tempelhofer Feld in Berlin standen ludloff + ludloff Architekten vor der Herausforderung, die gestalterischen Qualitäten des in der Nachkriegszeit errichteten Gebäudekomplexes zeitgemäß zu interpretieren. Nach Jahren des heterogenen Umgangs mit der Bausubstanz ist durch die Sanierung die sinnliche Leichtigkeit und der ursprünglich großzügige, durchgrünte Städtebau wieder zu erkennen.

Architekten: ludloff + ludloff Architekten, Berlin

Außenansicht der fertigen Turnhalle

Entwurfsansatz zur Sanierung
Die Forderung nach energetisch optimierten Gebäuden konzentrierte sich bisher vornehmlich auf den Energieverbrauch im Betrieb eines Gebäudes. Gerade bei Sanierungen von Gebäuden wird deutlich, dass jeder Abriss und Rückbau auch mit der Vernichtung von Ressourcen einhergeht. Grundsätzlich ist auch die im Baumaterial gebundene „graue Energie“, also die benötigte Energie zur Herstellung und über die Nutzungsdauer bis zur Entsorgung benötigte Energie eines Produkts, in die energetische Betrachtung zu integrieren. Auf dieser konzeptionellen Grundlage haben wir die Turnhalle auf dem Tempelhofer Feld saniert, deren Auswirkungen sich sowohl auf den Umgang mit der Substanz, als auch auf alle hinzugefügten Materialien bezieht. Alle Konstruktionen wurden so geplant, dass nach Ablauf ihrer Lebenszeit eine Trennung der Einzelkomponenten und Entsorgung oder Wiederverwertung nach heutigem Kenntnisstand auf einfachem Wege möglich ist. Diese Entwurfsstrategie, die den Faktor „graue Energie“ berücksichtigt, führte zwangsläufig zu einer neuen „Gebäudetypologie“.

Innenansicht der Turnhalle vor der Sanierung

Atmosphären
Der Umbau und die Sanierung der Turnhalle hilft, die in Teilen verschütteten ursprünglichen Qualitäten wiederherzustellen und mit dem Wissen aktueller Raumerfahrungen zu überhöhen. Turnen kann wieder als ein heiteres Zusammenspiel von Körper, Seele und Raum erlebt werden. Ziel der Sanierung war die Umsetzung eines integrativen Haustechnikkonzeptes und die Unterschreitung der aktuellen EnEv um 20%, sowie den "leichten" Charakter des in den 50er Jahren errichteten Gebäudes wieder sichtbar zu machen.

Innenansicht vor der Sanierung mit zugemauerter Seitenwand

Energie
Eine weitere Herausforderung bestand darin, die Maximierung des Komforts bei gleichzeitiger deutlicher Reduzierung des Energiebedarfs zu gewährleisten. Durch die Behandlung der Hüllfläche, der Konstruktion und der Materialwahl ist das Gebäude so gestaltet, dass sich durch sein „passives Verhalten“ bereits ein gutes Innenklima einstellt. Weiterführende Maßnahmen, z.B. die kontrollierte Lüftung einzelner Nutzungsbereiche, wurden gezielt für eine optimale Luftqualität eingesetzt. Dabei kam bei allen Bestandsbauteilen der Abwägung des Erhalts und der Ertüchtigung unter dem Aspekt des energetischen Gesamtlebenszyklus´ eine wichtige Rolle zu. So wurde die bereits bestehende Dämmung nach eingehender bauphysikalischer Prüfung in Teilen bewusst erhalten, auf eine Entsorgung konnte verzichtet werden. Das Gesamtgebäude weist insgesamt einen erhöhten Dämmstandard auf. Dabei wurden für die Neukonstruktionen nachwachsende Rohstoffe oder wo dies nicht möglich war, nur sortenreine und recyclefähige Rohstoffe eingesetzt.

Die zugemauerte Seitenwand wurde entnommen

Der zweite Schritt bestand darin, durch die Nutzung regenerativer Energiequellen wie Solarkollektoren für die Wasseraufbereitung, die Nutzung vorgewärmter Luft aus Nebennutzflächen zur Konditionierung der Hauptnutzflächen und der Möglichkeit der Nachtlüftung für den Hallenbereich, den Einsatz fossiler Brennstoffe auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Folgende Maßnahmen bilden die Grundlage des Energiekonzeptes:
  • erhöhter Dämmstandard gegenüber aktueller EnEv um 20%
  • Bauteiloptimierung nach solaren Gesichtspunkten
  • Maximierung der Tageslichtnutzung unter Berücksichtigung von Blendschutzanforderungen
  • optimaler Schutz gegen sommerliche Überwärmung durch passiven Sonnenschutz
  • tageslichtabhängige Kunstlichtsteuerung
  • nutzungsabhängige kontrollierte Frischluftversorgung
  • Nutzung passiv vortemperierter Luft aus Räumen mit Nebennutzflächen
  • Verbesserung des thermischen Komforts durch Nachtluftspülung der Halle im Sommer
  • Nutzung von Sonnenkollektoren zur Warmwasseraufbereitung
  • Minimierung des Primärenergiebedarfs

Dabei können über 50% des Gesamtenergiebedarfs über die Leistung der Solarkollektoren abgedeckt werden.

Der Eingang zur Turnhalle vor der Sanierung

Sichtbarkeit der Schichtung, Außenbereich
Die Fassaden wurden im Verlauf der Geschichte des Gebäudes mehrfach überformt. Nach umfassenden bauphysikalischen Berechnungen des Gesamtgebäudes und unter Bewertung der gebundenen „grauen Energie“ war es gesamtenergetisch sinnvoller, die vorhandene Fassadendämmung aus Polystyrol mit 8 cm zu erhalten, als diese zu entsorgen und durch eine dickere Dämmung zu ersetzen. Das vorhandene Wärmedämmverbundsystem wurde nur ausgebessert und stabilisiert.Eine Fassade aus Holzstäben, die sich als weitere Schicht in Form eines Paravents um diese gewachsene Struktur legt, führt die Zeitspuren der baulichen Geschichte des Gebäudes zusammen. Im Zusammenwirken der farbigen Linierungen und der Struktur der Holzstäbe entsteht eine optische Entgrenzung des Baus, der sich so, auch nach 50jährigem Bestehen, ganz neu in den gewachsenen Baumbestand einfügt.

Innenansicht der sanierten Turnhalle

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