07.12.2009 Frank Kaltenbach

Fassaden-Detail: Schwarze Magie von Wiel Arets

2004 hat Wiel Arets die Universitätsbibliothek Utrecht UBU fertiggestellt, die wegen ihres innovativen räumlichen Konzepts, vor allem aber wegen ihrer schwarzen Betonfassade für Aufsehen sorgte (siehe DETAIL 3/2005 Seite 206-228 und DETAIL Praxis Baustoff Beton S.76, 77).
Jetzt hat der Architekt unweit der Bibliothek einen Sportcampus aus einem Gymnasium, einer Berufsschule und einer Sporthalle in einem einzigen Gebäude fertiggestellt (siehe DETAIL 5/2009). Die Fassade besteht wiederum aus schwarzem Beton, die Oberfläche wird ebenfalls mit einem Relief texturiert. Worin liegen die Unterschiede?

Konstruktion Fassade Sportcampus:
Die quadratischen Beton-Fassadenelemente mit 3,50 m Seitenlänge sind nicht vorgehängt, sondern als tragende Sandwichkonstruktion ausgeführt. An den Eckpunkten der inneren 220 mm starken Sandwichschale sind die Elemente vertikal aufeinandergesetzt und über Verbindungsdorne gesichert.
Die Deckschale jedes Sandwichelements verjüngt sich horizontal von 210 auf 110 mm. Da durch die versetzte Anordnung immer eine dünne Kante auf einer dicken aufliegt, stehen die Elemente an den Auflagern leicht über. Von diesen tragenden Außenwänden sind die Filigrandecken teils abgehängt, teils liegen sie auf den Sandwichelementen auf.

Beim Sportcampus wurden dem Beton der äußeren Deckschale des Sandwichelements schwarze Pigmente beigefügt, was eine graue Durchfärbung ergibt. Anschließend wurden die Oberflächen vor Ort schwarz beschichtet. Sollten Teile der Fassade zu Schaden kommen, verhindert die schwarze Durchfärbung auffällige helle Stellen. Vor Ort wurden die Elemente mit einer Acrylfarbe besprüht, um eine gleichmäßige seidenglänzende Oberfläche zu erhalten.
Konstruktion Fassade Bibliothek:
Da die Tragstruktur aus zu wenigen identischen Bauteilen besteht, war der Einsatz von Fertigteilen in diesem Bereich nicht wirtschaftlich. Die Fassadenplatten der Außenwände wurden jedoch in B35 als Fertigteile ausgeführt, da sich das gleiche Element oft wiederholt und die Platten nur ihr Eigengewicht tragen müssen. Die Maximalgröße eines Fassaden-elements beträgt 1,60 m (Breite) x 3,45 m (Höhe).

Schalung Fassade Sportcampus:
Die Mutterform wurde mit CNC-Laser aus einer Aluminiumplatte geschnitten. Von dieser positiven Mutterform wurde ein Polyesterabdruck genommen, mit dem die Betonfertigteile geschalt wurden.

Schalung Fassade Bibliothek:
Bei der Bibliothek wurde als Mutterschalung eine Polyuretanplatte verwendet in die das Relief geschnitten wurde. Über Gummiabdrücke, Gipsabdrücke wurde die Gummimatrize der Schalung hergestellt.

Die vorgehängten Fertigteile der Bibliothek sind naturgrau (ohne Pigmentzuschlag), die Oberfläche wurde vor Ort schwarz beschichtet. Während des Entwurfs wurde zunächst der Einsatz von eingefärbtem Beton in Erwägung gezogen, d.h. eine Beton-zusammensetzung mit Farbpigmenten. Es gab jedoch verschiedene Gründe davon Abstand zu nehmen: Erfahrungen mit bisherigen Projekten haben gezeigt, dass eine gleichmäßige Farbigkeit bei diesem Vorgehen nicht gewährleistet werden kann. Außerdem war es schwierig angesichts der langen Bauzeit und der enormen Menge an Beton, der auf der Baustelle verarbeitet werden musste, einen einheit-lichen Schwarzton für alle Bauteile zu garantieren. Da eingefärbter Beton darüber hinaus sehr teuer ist, wurde nach Alternativen gesucht. Schließlich erhielt der Beton nach dem Aushärten einen schwarzen, deckenden Anstrich.
Oberfläche Fassade Sportcampus:
Diese Dreidimensionalität verstärkt eine Textur der Oberfläche, die sich in Form unterschiedlich großer Noppen im Verlauf horizontal verdichtet. Die Noppen stehen erhaben als positive Kalotten vor die Fläche vor. Je schräger der Blickwinkel auf die Fassade beim Näherkommen gerichtet ist, umso stärker wird eine vibrierende Bewegung wahrnehmbar – der Verlauf erzeugt als optische Täuschung den Eindruck gekrümmter Flächen. Durch Drehen entstehen mit ein und derselben Schalung zwei unterschiedlich gerichtete Texturen, die eine variationsreiche und dennoch homogene Struktur bilden.

Oberfläche Fassade Bibliothek:
Die Fassadenplatten sind eben, das Relief ist als Negativform ist in die Oberfläche eingeschnitten. Als Muster dient dasselbe Motiv, mit dem die Scheiben der Glasfassaden bedruckt sind. Ausgangspunkt war eine Fotografie des Künstlers Kim Zwarts, die auf vier Graustufen abstrahiert wurde. Da es nicht möglich war, aus dieser Vorlage dreidimensionale Daten für eine CNC-Fräse zu generieren, wurde das Relief von Hand aus einer Polyurethanplatte ausgeschnitten. Jedem Grauwert wurde dabei eine Ebene zugewiesen; die maximale Tiefe beträgt 25 mm. Von diesem Relief wurde eine Gummimatte als Mutterform gegossen und nachträglich an den Kanten abgeschrägt, um die Form später besser aus dem Beton lösen zu können. Ein Gipsabdruck dieses Prototyps lieferte schließlich die Negativform, mit der die Schalungseinlagen aus Gummi gegossen wurden.

Wirkung Fassade Sportcampus:
Die gestalterische Ausbildung der Betonfertigteile zeigt das, was sie sind: Aufeinander geschichtete Megalithen, die den Eindruck einer tektonischen Körperhaftigkeit vermitteln. Der Verlauf des Reliefs unterstützt diese dreidimensionale Wirkung. Besonders deutlich wird die tragende Funktion der Sandwich-Elemente an den Gebäudeecken, wo es scheint als seien die Deckschalen aufeinandergesetzt. Allerdings ist die eigentlich tragende innere Betonschale des Sandwichelements nicht ersichtlich, sondern nur die 100-200 mm dicke äußere Deckschale.

Wirkung Fassade Bibliothek:
Bei der Bibliothek ist eine flächige Wirkung beabsichtigt, Betonoberflächen und verglaste Flächen sind im Gegensatz zum Sportcampus flächenbündig und sollen durch die das identischen Motiv (beim Beton als Relief, auf der Verglasung als Siebdruck) zu einem einheitlichen Schleier überlagert werden. Diese tapetenhafte Flächigkeit wird durch die Gehrungsfuge der Eckausbildung unterstützt.


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