31.07.2012 popp@detail.de

Im Wandel der Zeit - 35 Jahre Hopkins Architects

Text und Bilder: Frank Kaltenbach Der Zeitpunkt konnte nicht besser gewählt sein: Pünktlich zu den Olympischen Spielen eröffnete in der Architekturgalerie München die Ausstellung »Im Wandel der Zeit« des britischen Architekturbüros Hopkins Architects, in der 53 der insgesamt 86 seit 1976 realisierten Bauten vorgestellt werden. Mit dem 6000 Zuschauer fassenden Velodrom haben die Architekten eine der wenigen Sportbauten im Londoner Olympic Park errichtet, die auch nach den Spielen unverändert in Betrieb bleiben. Ort: Architekturgalerie München, Türkenstr. 30, 80333 München
Dauer: 27. Juli - 31. August 2012

»Von München nach London, von London nach München« lautete der Titel der Einführung von DETAIL Redakteur Frank Kaltenbach bei der Vernissage am 26. Juli. Die Seilnetzkonstruktion des Münchner Olympiazeltdachs von 1972 war die Inspirationsquelle für Hopkins frühe Membrankonstruktionen aus den 1980er Jahren. Während diese leichten Membranbauten wie der Mound Stand des Lords Cricket Ground in London oder das Schlumberger Research Center in Cambridge zur ihrer Entstehungszeit international als Meisterwerke der High-Tech-Architektur gefeiert wurden, ernteten die schwereren großen Verwaltungsbauten in London wie das Bracken House oder das Portcullis House neben den Houses of Parliaments in den 1990er Jahren weniger positive Kritik in der Fachpresse. Mit der ressourcenschonenden Konstruktion des Velodroms bringt sich Hopkins Architects nun wieder unter dem Label der Nachhaltigkeit in die Schlagzeilen. Auch das Dach des Velodroms besteht aus einer Seilkonstruktion, so ist die Verbindung der Olympischen Spiele 2012 in London mit den Spielen 1972 in München aus der Sicht der Architekten offensichtlich. Anlass der Ausstellung ist aber auch die Errichtung eines Zweigbüros von Hopkins in München.

»Je komplexer eine Aufgabenstellung ist, umso klarer und übersichtlicher gestalten wir die Grundrisse. Diese Klarheit verschafft uns wieder Freiheiten bei der sorfältigen Detaillierung« Mike Taylor arbeitet seit 20 Jahren bei Hopkins und war als Senior Partner für den Bau des Velodroms verantwortlich.

In der Ausstellungsgestaltung findet sich diese Philospophie wieder: Das Rückgrad bildet eine Zeitschiene auf der die 53 Bauten in chronologischer Reihenfolge mit Grundrissen aufgetragen sind. Der weiße Strich auf »Hopkinsblauem« Hintergrund erinnert an die Darstellungstechnik von Foster und Partner sowie an Renzo Piano. Das ist kein Zufall, schließlich war Michael Hopkins, bevor er sich 1976 selbständig machte, Partner bei Foster Associates.

Zu jedem Projekt ist ein Foto über der stringenten Zeitlleiste in lockerer Petersburger Hängung arrangiert. Dieses einfache System schafft Bezüge über die unterschiedlichen Maßstäbe und Aufgaben der Bauten hinweg, macht die Unterschiedlichkeit der Architektursprachen genauso auf einen Blick erfassbar, wie die Gemeinsamkeiten.

Vertiefende Inhalte wie Isometrien des Tragsystems oder Bilder von der Montage finden sich in den Glasvitrinen, die auf schlichte schwarz gestrichene Holzböcke aufgelegt sind. »Wir haben ganz leichte Projekte in unserem Portfolio, wie die abgespannten Membranbauten oder die auf ein Minimum reduzierten Bausysteme aus Aluminiumpaneelen und einem Stahlskelett, aber auch solche wo die Masse ihre Berechtigung hat. Der Grund für die Unterschiedlichkeit liegt zum einen darin, dass wir bei jedem Projekt individuell auf den Kontext eingehen. Ein anderer Grund für das heterogene vielseitige Gesamtwerk ist aber auch unsere Bürostruktur. Wie Foster oder Rogers sind wir ein Second-Generation-Office. Das heißt die Bürogründer Michael Hopkins und seine Frau Patty sind zwar noch als Chairmen in das Büro involviert, an konkreten Projekten oder Entwürfen sind sie jedoch nicht mehr beteiligt. Die Projekte variieren demnach abhängig davon welcher von uns sechs Senior Partners sie betreut«.

Die Vielfalt ist beeindruckend. Der Titel der Ausstellung »Im Wandel der Zeit« – klingt zunächst etwas unspezifisch, ja fast unverbindlich. Das Werk von Hopkins Architects ist aber so vielseitig, was die Größe und Programmatik der Bauaufgaben, die konzeptionellen Ansätze, die Materialien und die Architektursprache betrifft, dass ein konkreter Titel bereits eine Einschränkung bedeutet hätte. Die Bandbreite reicht von einem winzigen membranüberspannten Kartenkiosk am Buckingham Palace im regnerischen London (1995), über einen Büroturm, den Shin Marounochi Tower (2007) im schwülheißen Tokio, bis zu einem ganzen autofreien Stadtquartier im trockenheißen Dubai, wo mit einfachsten Mitteln wie nur sechs Meter breiten Gassen und differenzierten Baukörpern lebenswerte Freiräume entstanden, die trotz der Hitze das Flanieren im Freien zu Fuß zum Genuss machen. »Die ersten Hopkins-Bauten waren aus Stahl mit großen Verglasungen. Auf den Massivbau kamen wir fast zufällig bei der Sanierung und Erweiterung der gemauerten Tribünen des Lords Cricket Ground. Während die anderen Wettbewerbsteilnehmer die vorhandenen sieben Torbögen des Bestandsgebäudes abreißen wollten, ergänzten wir sie um weitere 21 Bögen zu einem kontinuierlichen gemauerten Sockel. So lernten wir die Qualitäten der traditionellen Mauerwerksbauweise schätzen und setzen sie seitdem immer wieder auch bei Neubauten ein«, erläutert Mike Taylor. »Mauerwerk erscheint meist viel freundlicher und heller als Glas, das meistens nicht transparent wirkt, sondern fast schwarz. Wir schätzen aber nicht nur die architektonischen Qualitäten von Mauerwerk, sondern auch die Eigenschaft der Speicherfähigkeit. Auf dem europäischen Kontinent werden Ganzglasfassaden immer noch stark nachgefragt, energetisch sind sie aber höchst fragwürdig, in jedem Fall ist es wichtig Speichermasse in das Gebäude zu bringen.«

Foto: PK.Odessa
Als vorläufigen Abschluss der Zeitleiste im Werk von Hopkins zeigt eine Beamerpräsentation in einem gesonderten Raum, als Blickfang in der Eingangsachse, im Zeitraffer den Bau des Velodroms , erläutern Pläne und Skizzen die wesentlichen Entwurfsideen und Lösungen des Radstadions mit der »weltweit schnellsten Rennbahn und dem weltweit geringsten Stahlverbrauch.«

Im Dezember wird bei Prestel eine Buchpublikation über die zwischen 1998 und 2008 entstandenen Bauten von Hopkins Architects erscheinen. Doch auch das wird nur eine Zwischenbilanz sein. Mike Taylor arbeitet im Moment am Britischen Hauptquartier des WWF, der Bibliothek von East London, dem Engineering and Science Learning Center an der Universität von Nottingham und einem 500-Betten-Krankenhaus in La Spezia. Erste Projekte von Hopkins Architects in München wurden noch nicht bekannt gegeben – aber vielleicht trägt ja die Ausstellung in der Architekturgalerie einen kleinen Teil dazu bei.

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