30.11.2009

Kritisch betrachtet: Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum in Berlin

Die disziplinierte Architektur der neusten Berliner Bibliothek mag auf den ersten Blick stringent und schematisch wirken, vor Ort zeigt sie sich äußerst vielgestaltig und lebendig. Denn im Gegensatz zum kompromisslosen Rationalismus eines Oswald Mathias Ungers, mit dem Max Dudler fünf Jahre lang gearbeitet hatte, bleibt der Einsatz des Rasters elastisch, wird nicht zur Zwangsjacke von Funktion und Ästhetik, sondern bildet den Hintergrund als Versmaß für den wechselnden Rhytmus einer Architektur, die durch die Angemessenheit der Mittel überzeugt. Max Dudler versucht mit seinem Bau – genau wie das tapferen Schneiderlein in Grimms Märchen – viele Fliegen auf einen Streich zu erwischen und so passt er sein Grundsystem je nach Erfordernis an die entsprechende Situation an, schafft einen Bau, der gleichermaßen zeitlos und dennoch modern wirkt. Im Inneren können sich die Leser ganz auf die Literatur konzentrieren. Hier schaffen die klare Struktur und viel Tageslicht Übersichtlichkeit und ein anregendes Raumerlebnis. Die Eingangshalle führt den Besucher in die Mitte der symmetrischen weißen Treppenhalle mit Himmelsleitern zu beiden Seiten. Über die Podeste gelangen die Studierenden auf kurzem Wege von den Bücherregalen zu den Terrassen im großen Lesesaal. Obwohl man von hier durch die Oberlichter den Himmel sehen kann, wirkt der Raum mit seiner Kirschholzvertäfelung wie ein eingestelltes Möbel oder ein Konzertsaal mit Glaslogen für Einzelarbeitsplätze.

https://detail-cdn.s3.eu-central-1.amazonaws.com/media/catalog/product/6/1/6146_heftcontent.jpg?width=437&height=582&store=de_de&image-type=image
Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse ein, um einen Link zum Zurücksetzen Ihres Passworts zu erhalten.
Pflichtfelder
oder
Copyright © 2024 DETAIL. Alle Rechte vorbehalten.