12.07.2009

Nachhaltige Pläne am Persischen Golf

Der Persische Golf – eine Wüstenregion auch in Sachen nachhaltiges Bauen? Lange Zeit schien es so. Doch vor allem das Emirat Abu Dhabi ist inzwischen zu einem der weltweit größten Investoren in Sachen Solarenergie geworden, baut die Öko-Musterstadt Masdar City – und hat nun auch ein eigenes Zertifizierungssystem für nachhaltige Gebäude auf den Weg gebracht. Auch das nahe gelegene Katar verfolgt ähnliche Pläne.
Estidama lautet das Zauberwort, mit dem Abu Dhabi künftig seinen Bürgern das nachhaltige Bauen näher bringen möchte. Estidama ist arabisch und bedeutet „Nachhaltigkeit“ – und soll weit mehr sein als nur ein Zertifizierungssystem. Vielmehr möchte das Emirat am Golf das Bauen im eigenen Land damit grundlegend reformieren: Während in den Industriestaaten gesetzliche Vorschriften vom Staat und Zertifizierungssysteme meist von der Privatwirtschaft initiiert wurden (und beide daher meist nicht deckungsgleich sind), soll in Abu Dhabi beides Hand in Hand gehen. Das bedeutet: Wer künftig die geltenden (und durchaus strengen) Bauvorschriften berücksichtigt, erhält automatisch die erste von fünf „Perlen“ im Estidama-eigenen Zertifizierungssystem. Für die Höchstnote, fünf Perlen, ist es erforderlich, dass ein Gebäude „einen positiven Netto-Effekt auf die Umwelt“ im Hinblick auf Energie, Wasser, Lebensräume und andere Ressourcen ausübt.
Trotz der engen Verknüpfung mit der Gesetzgebung ist die Durchführung einer Perlen-Zertifizierung – wie in allen übrigen Systemen weltweit auch - freiwillig. Innerhalb des Systems, das sich derzeit in einer Pilotphase befindet, sollen künftig bestehende Bauten, Neubauten und ganze Stadtquartiere zertifiziert werden können. Es wird Vorzertifikate (für geplante Bauten), Zertifikate (für fertig gestellte Bauten) und sogenannte „Living Ratings“ (für bereits im Betrieb befindliche Bauten) geben. Da jedes Zertifikat nur für zwei Jahre gültig ist, sind regelmäßige Nachzertifizierungen erforderlich, bei denen überprüft wird, ob der Gebäudebetrieb die in der Planung aufgestellten Standards erreicht.

Anwendbar ist das „Pearl Rating System“ auf Bürogebäude, Wohngebäude, kommerzielle Bürogebäude (aber keine Büro-Innenausbauten) sowie Handelsbauten mit Ausnahme frei stehender „big box“-Warenmärkte nach dem Vorbild von WalMart und anderen. Auch eine Zertifizierung gemischt genutzter Gebäudekomplexe wird angeboten.
Die Rating-Kriterien gliedern sich in fünf Hauptkategorien: Living Systems (das Umfeld des Gebäudes, direkter Einfluss auf Ökosysteme), Liveable Buildings (Verkehrsanbindung, soziale Aspekte, Gemeinschaftsflächen, thermische Behaglichkeit, Tageslicht, Belüftung, Emissionen, Luftqualität und andere gesundheitliche Aspekte), Precious Water (Wassermanagement) Resourceful Energy (Energienutzung) und Stewarding Materials (Konstruktion und Materialverwendung). Besonders hoch wird neben den Energie- und Gesundheitsaspekten vor allem der Wasserverbrauch bewertet – eine Notwendigkeit im Wüstenklima Abu Dhabis.

Bei den Einzelkriterien orientiert sich das System stark an den britischen und amerikanischen Vorbildern BREEAM und LEED: Für zahlreiche Einzelmaßnahmen werden Punkte vergeben; und es existieren genaue Vorgaben für viele Detailaspekte. Das reicht von der Frage, wie viel Prozent des Hauptzugangswegs zum Gebäude zur Mittagszeit verschattet sein müssen (100%) bis zum Öffnungsgrad von Dächern bei Handelsbauten (25 Prozent, zwecks besserer Tageslichtversorgung) und zur Zugänglichkeit von Treppenhäusern (um die Nutzung von Aufzügen zu verringern).

QSAS – das Qatar Sustainability Assessment System
Auch die Initiatoren des „Qatar Sustainability Assessment System“, die Immobilienfirmen BARWA und Qatari Diar, haben sich eigenem Bekunden nach die international bereits bestehenden Zertifizierungssysteme angesehen. 140 sollen es gewesen sein, von denen sie schließlich sechs (BREEAM, LEED sowie die Systeme Kanadas, Japans, Hong Kongs und das internationale System SBTool) einer detaillierten Analyse unterzogen. QSAS ist derzeit noch ein System im Werden. Angewandt werden soll es unter anderem auf Großprojekte wie die „Qatar Airport City“, ein Stadtentwicklungsprojekt, welches das Büro Kohn Pedersen Fox (KPF) gemeinsam mit internationalen Planungsbüros wie Transsolar plant.

Weitere Informationen zur Estidama-Strategie

Mehr als nur eine Effizienzstrategie: "Estidama" soll sich auf alle Bereiche der Architektur und des Städtebaus auswirken.

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