23.07.2018 Bettina Sigmund

Neuer Natur-Dämmstoff aus ligninbasierten Aerogelen

Links: Resorcin-Lignin-Formaldehyd-Aerogelplatte; Rechts: Lignin-Aerogele können auch in flexibel Formen produziert werden (Foto: Joana Gil, TUHH)

Zunächst sind einige Begriffsdefinitionen notwendig, um das neue biologische Material »ligninbasierte Aerogele« einordnen zu können: Der Begriff Lignin stammt vom lateinischen lignum, Holz, und beschreibt feste Biopolymere, die in die Zellwand der Pflanzen eingelagert sind. Sie sind für das Verholzen verantwortlich. Unter Aerogelen versteht man feste, hochporöse, nanostrukturierte Materialien mit geringer Dichte und geringer Wärmeleitfähigkeit. Das Hauptziel des Projekts »Stoffliche Nutzung von Lignin: Nanoporöse Materialien« war die Erweiterung des Anwendungsbereiches für ligninhaltige Produkte. Dazu war zunächst ein grundlegendes Verständnis der Eigenschaftsfunktionen der Ligninherstellung und der weiteren Verarbeitung notwendig. Die Materialeigenschaften werden nämlich durch die Ligningewinnung selbst sowie durch die Art der anschließenden chemischen Vernetzung gezielt gesteuert. Noch ist die Herstellung reiner Lignin-Aerogele nicht möglich. Ein Team um Irina Smirnova, Professorin am Institut für Thermische Verfahrenstechnik an der TU HH ist diesem Ziel jedoch ein Stück nähergekommen. »Konventionell gewonnenes Lignin ist in der Regel schwefelhaltig oder mit anderen Artefakten belastet, daher ist der Einsatz von Lignin als Grund- oder Zusatzstoff für viele neue Anwendungen begrenzt bzw. unmöglich«, wird die Herausforderung der Lignin-Gewinnung im Projektbericht beschrieben. Die Wissenschaftler nutzten das Lignin aus Buchenrestholz und Weizenstroh, das im Konsortium mit Hilfe zweier umweltfreundlicher Verfahren, dem sogenannten Organosolv- und dem Aquasolv-Verfahren, gewonnen wurde. Beim Organosolv-Verfahren wird mithilfe organischer Lösungsmittel das Lignin abgetrennt. Das Aquasolv-Verfahren basiert auf der Hochdruck-Heisswasserhydrolyse. Durch unterschiedliche Gelierungsstrategien wurden im Anschluss die Lignine vernetzt, geliert und getrocknet und dadurch in Aerogele umgewandelt. Einer der erfolgreichsten Ansätze führte zu hybriden Lignin-Polyurethan-Aerogelen mit einer einstellbaren Dichte zwischen 50 und 250 kg/m3. Der Ligningehalt liegt bei 78 Prozent, das Verfahren wurde bis in den Technikumsmaßstab skaliert. Um aus dem Aerogeltyp ein Isolationsmaterial herzustellen, wird dies lediglich getrocknet und kann ohne weitere Verarbeitung als Dämmstoff eingesetzt werden. Die daraus entwickelten Dämmplatten erreichen eine Wärmeleitfähigkeit von 24 mW/m·K und übertreffen damit die Isoliereigenschaften von Polystyrol oder Steinwolle deutlich. Aussichtsreich sind auch ligninbasierte Resorcin-Formaldehyd-Aerogele mit einem sehr breiten Spektrum einstellbarer Eigenschaften. Sie sind bis zu 70 Prozent ligninbasiert. Zwei Ausgründungen der Forschungsgruppe an der TU HH widmen sich künftig der weiteren Erforschung und Markteinführung ligninbasierter Aerogele: BioMP bündelt Kompetenzen im Bereich der Heißwasserhydrolyse und Herstellung von Lignin zur Bemusterung und Weiterverarbeitung. Aerogelex stellt verschiedene Arten organischer Aerogele her und bietet unter anderem Lignin-PU-Aerogelplatten für industrielle Tests an.
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