13.08.2006

Novelle zur BauO-NW: Vereinfachungen bei den Abstandflächenvorschriften

Landesregierung bringt Novelle zur BauO NW in den Landtag ein Die nordrhein-westfälische Landesbauordnung soll modifiziert werden. Das Bauministerium will in Kürze einen Gesetzesentwurf in den Landtag einbringen, mit dem die Abstandflächenvorschriften neu geregelt werden sollen.

Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen hatte intensiv auf eine praxisgerechte Anpassung der Vorschriften gedrungen.

Seit einigen Jahren wird durch die Rechtssprechung die Anwendung des Schmalseitenprivilegs erschwert. Das NRW-Bauministerium hat die Kritik über die zunehmend unpraktikable Regelung aufgegriffen und ein Novellierungsverfahren der gesamten Abstandflächenvorschriften des § 6 BauO NRW eingeleitet. Die AKNW konnte das Vorhaben frühzeitig begleiten; zahlreiche Anregungen der Kammer zu Detailpunkten wurden aufgegriffen und sind in den Gesetzesentwurf eingeflossen, der Ende August im Landeskabinett verabschiedet werden sollte.

Regelungen der MBO teilweise übernommen

In einem Praxistest mit verschiedenen Bauaufsichtsbehörden hatte das Bauministerium zunächst überprüft, ob die Abstandflächenvorschriften der Musterbauordnung (MBO) übernommen werden können. Dabei bestätigten sich mögliche Erleichterungen und Vereinfachungen; es zeigte sich aber auch, dass bei einzelnen Regelungen neue Probleme entstehen könnten.

Dass nach MBO die Abstandfläche nicht mehr als Rechteck ermittelt wird sondern als verkürzte Abbildung des Gebäudeumrisses, stellte aus Sicht der Architektenkammer NRW ein Hauptproblem dar. Dies kann bei geneigten Dachflächen oder bei geneigtem Gelände zu größeren Abstandflächen als nach heutiger Regelung führen. Ferner hatte die AKNW Sorge, dass erneut ein Prozess der Rechtsklärung beginnen könnte. Nicht zuletzt auch aufgrund der Einwände der Architektenkammer wurden die Vorschläge der MBO daher nur teilweise in den Gesetzesentwurf übernommen.

Vereinfachungen für Grenzbebauung

Insgesamt soll der Bezug zu den planungsrechtlichen Vorschriften gestärkt werden. Anbausicherungen sollen privatrechtlich möglich werden. Eine wesentliche Erleichterung: Der Gesetzentwurf sieht für Gebäude, die an die Grenze gebaut sind, vor, dass gegenüber der entsprechenden Grundstücksgrenze gänzlich auf die Einhaltung einer Abstandsfläche verzichtet wird. In der geschlossenen Bauweise würden damit künftig weder Dachaufbauten noch vorspringende Bauteile wie Balkone oder vorgebaute Treppenhäuser oder andere Anbauten Abstandflächen zu Grundstücksgrenzen auslösen, gegenüber denen nach planungsrechtlichen Vorschriften ohnehin Abstandflächen nicht eingehalten werden können. Gerade das Bauen im Bestand würde hierdurch erheblich erleichtert.

Reduzierte Abstandflächen gegenüber Grundstücksgrenzen

Die bisherige Regelung des Schmalseitenprivilegs wirft durch den Bezug auf die Außenwände des Gebäudes häufig die Frage auf, ob es sich bei versetzt angeordneten Bauteilen um mehrere Wände oder um eine in sich gegliederte Wand handelt. Die beabsichtigte neue Regelung stellt nunmehr auf die Länge der Abstandfläche gegenüber jeder Grundstücksgrenze ab. Zukünftig soll auf einer Länge von nicht mehr als 16 m gegenüber jeder Grundstücksgrenze als Tiefe der Abstandsflächen 0,4 H, in Kerngebieten 0,25 H genügen. Die neue Regelung darf zwar wie bisher gegenüber jeder Grundstücksgrenze nur einmal angewandt werden, aufgegeben wird aber die Beschränkung auf höchstens zwei Grundstücksgrenzen.

Damit kann die reduzierte Abstandflächentiefe auch auf der Gebäuderückseite in Anspruch genommen werden. Folgerichtig wird der Begriff des Schmalseitenprivilegs nicht mehr verwendet.
Wird das Höchstmaß von 16 m überschritten, muss wie bisher eine Abstandfläche von 0,8 H, von 0,5 H in Kerngebieten oder von 0,25 H in Gewerbegebieten und Industriegebieten eingehalten werden. Die Abstandsflächentiefen müssen in allen Fällen mindestens 3 m betragen. Eine weitere Erleichterung betrifft Tiefgaragenzufahrten, Kellerzugänge und Abgrabungen vor Kellerfenstern. Insgesamt sollen Abgrabungen für solche Zwecke bei der Ermittlung der Abstandfläche außer Betracht bleiben, auch wenn durch sie die Geländeoberfläche verändert wird.

Erker, Balkone, Altane

Vorbauten wie Erker und Balkone bleiben nicht zuletzt auch auf Wunsch der AKNW in den Abstandsflächen privilegiert. Neu aufgenommen werden so genannte Altane, selbsttragende balkonähnliche Konstruktionen. Bedauerlicherweise wird das Maß, um das Vorbauten gegenüber der Grundstücksgrenze zurückbleiben müssen, von bislang 2 m auf 3 m erhöht. Leider findet sich auch keine Regelung zu erkerähnlichen, aus dem Erdreich aufsteigenden Bauteilen. Die Breite der Vorbauten wird begrenzt auf ein Drittel der jeweiligen Außenwand. Damit wird ein konkretes Maß vorgegeben, bis zu welcher Größe solche Vorbauten sich noch gegenüber der dahinter liegenden Wandfläche unterordnen.

Erleichterungen bei Garagen

Erleichterungen finden sich auch zu Grenzgaragen mit Abstellräumen. Insbesondere wird die Nutzung zu Abstellzwecken ohne die bisherige Beschränkung auf eine maximale Nutzfläche zulässig und kann auch im Keller oder im Dachraum des Gebäudes erfolgen. Waren die Nebengebäude bislang entweder grenzständig oder aber in einem Grenzabstand von 1 bis 3 m zulässig, können sie nun auch errichtet werden, wenn sie nicht an die Grundstücksgrenze oder an ein Gebäude angebaut werden. Ferner soll es auch zulässig werden, dass Garagen und Abstellräume über einen inneren Zugang zum Gebäude der Hauptnutzung verfügen.

Künftig sollen Wärmeschutzmaßnahmen bei bestehenden Gebäuden zulässig sein, wenn der verbleibende Abstand zur Nachbargrenze mindestens 2,5 m beträgt und die Stärke der Bekleidung oder Verblendung bzw. die Anhebung der Dachhaut nicht mehr als 25 cm beträgt. Darüber hinaus kann die Bauaufsichtsbehörde unter Würdigung nachbarlicher Belange und der Belange des Brandschutzes geringeren Tiefen als 2,50 m gestatten.

Eine von § 6 abweichende Bebauung soll dann zugelassen werden können, wenn durch das Vorhaben nachbarliche Interessen nicht stärker oder nur unwesentlich stärker beeinträchtigt werden als bei einer Bebauung des Grundstücks, die nach § 6 zulässig wäre. Mit der Formulierung „unwesentlich stärker“ sind allerdings nur Unterschreitungen im Zentimeterbereich gemeint. Mutwillige Unterschreitungen der Abstandflächen sollen dadurch nicht sanktioniert werden.

Über das anstehende parlamentarische Verfahren wird berichtet.

Quelle: Architektenkammer NRW

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