12.12.2010

Und im Keller klappert die Mühle

Nach vier Jahren Bauzeit wurde in München der Umbau des St.-Anna-Gymnasiums durch karl+probst Architekten fertiggestellt. Die Schule erhielt unter anderem einen neuen, gläsernen Erweiterungsflügel – und ein integriertes Wasserkraftwerk, das pro Jahr immerhin 2500 Tonnen CO2 einsparen soll.

Gut Ding will Weile haben: Schon 2002 initiierte die Stadt München ein VOF-Verfahren zur Erweiterung und Generalsanierung des städtischen St.-Anna-Gymnasiums, in dem sich die Architekten karl+probst durchsetzen konnten. 2006 war Baubeginn, doch erst im Herbst 2010 konnte das fertiggestellte Gebäude eingeweiht werden. Grund für den langen Zeitraum war vor allem, dass der Schulbetrieb aufgrund der innerstädtischen, beengten Lage des Gymnasiums nicht ausgelagert werden konnte und die Bauarbeiten daher in vier auf den Schulbetrieb abgestimmten Etappen stattfinden mussten.

Foto: Jens Weber

Notwendig geworden war der Umbau, weil das denkmalgeschützte Gebäude aus dem Jahr 1912 nicht nur Mängel im Tragwerk und im Brandschutz aufwies, sondern auch ein Raumdefizit hatte. Im Zuge der Sanierung wurde daher das Dachgeschoss ausgebaut und ein gläserner, aufgeständerter Erweiterungsflügel mit sechs neuen Klassenzimmern und Nebenräumen errichtet. Dieser komplettiert die ursprüngliche Dreiflügelanlage nunmehr zum geschlossenen Karree und lässt im Erdgeschoss dennoch den Durchgang zum Innenhof frei.

Foto: Jens Weber

Der Altbau wurde soweit als möglich auf seine historische „Ursubstanz“ zurückgebaut und spätere Einbauten entfernt. Neu hinzugefügte Bauteile kennzeichneten karl + probst durch ihre zeitgenössische Gestaltung und betonte Farbigkeit. Doch auch die historische Farbgebung wurde – etwa an der Stuckdecke der zweigeschossigen Aula, dem „Glanzstück“ der Schule – teilweise restauriert.

Während die Schule mit einer neuen Mensa und zusätzlichen Räumen für die Nachmittagsbetreuung nunmehr für den Betrieb als achtjähriges Gymnasium „fit“ sein dürfte, gab es für die eigentlich zu kleine Turnhalle keine geeignete Erweiterungsmöglichkeit. Als Kompensation stehen den Schülern nun eine Kletterwand und ein neu eingerichteter Fitnessraum zur Verfügung.

Foto: Jens Weber

Wasserrad als Schauobjekt und Energiespender

Die wohl ungewöhnlichste Baumaßnahme fand jedoch im Keller der Schule statt. Sie hat historische Vorbilder: Von 1449 bis unmittelbar vor dem Bau der Schule 1910 stand an Stelle des St.-Anna-Gymnasiums die Münchner Stadtsäge, die den unter dem Gebäude durchströmenden Stadtbach als Energiequelle nutzte. Gemeinsam mit der TU Berlin entwickelte das Planungsbüro für Wasserbau Johann Obert aus München nun ein neues Wasserrad, das die Energie, des vorbeiströmenden Bachs – immerhin 8 Kubikmeter pro Sekunde mit einer Fließgeschwindigkeit von 4 m/s – zur Stromerzeugung nutzbar macht. Es orientiert sich bewusst an historischen, unterschlächtig betriebenen Mühlrädern und nicht an modernen – und eigentlich effizienteren – Wasserturbinen.

Grafik: Büro für Gestaltung Wangler & Abele

Dennoch stellt dieses Rad beachtliche 20 kW elektrische Energie bereit, die ins Münchner Netz eingespeist werden. (Zum Vergleich: Um die gleiche Leistung direkt aus der Sonne zu erzeugen, wäre eine Photovoltaik-Modulfläche von rund 1200 Quadratmetern nötig.) Aber auch die Schule profitiert von der neuen Energiequelle: Die Abwärme des an das Wasserrad angeschlossenen Generators erwärmt die ebenfalls im Untergeschoss der Schule gelegene Bibliothek. Und überdies gibt eine schalldichte Verglasung zum Treppenhaus den Schülern die Möglichkeit, Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen jederzeit „aus erster Hand“ zu erleben.

Zeichnung: Karl + Probst

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