Glas-Hybrid-Elemente: zukunftsfähige Bauelemente für transluzente Fassaden

Helle und lichte Räume sind der Wunsch eines jeden Nutzers. In der Praxis werden der Transparenz und Tageslichtversorgung eines Gebäudes durch energetische und statische Anforderungen an die Gebäudehülle oftmals Grenzen gesetzt. Um Lösungen für neuartige transluzente Raumabschlüsse zu finden, beschäftigen sich an der Bauhaus-Universität Weimar mehrere Lehrstühle aus verschiedenen Bereichen der Baustoffkunde mit der Entwicklung wärmedämmender, transluzenter Glas-Kunststoff-Sandwichelemente. Diese Bauteile dienen nicht als Ersatz der Fenster- und Fassadenbauteile, sondern ermöglichen als innovative transparente Außenwand die Nutzung des Tageslichts. Prof. Jörg Hildebrand gibt Einblick in den gegenwärtigen Stand der Forschungsarbeit „Glas-Hybrid-Elemente mit transluzenten Zwischenschichten zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäudehüllen“.

Bildrechte: Timo Reichert, Bauhaus-Universität Weimar

Ziel der Forschergruppe war weniger die Entwicklung eines Einzelbaustoffs als die Kombination mehrerer Komponenten zu einem leistungsfähigen Hybridelement. Dafür wurden derzeit verfügbare und bewährte Produktlösungen zu einem neuartigen Glas-Kunststoff-Sandwichelement zusammengefügt. Ein zusätzlich zu den gesetzlich geregelten Anforderungen geschaffenes Eigenschaftsprofil setzte die Rahmenbedingungen für Aufbau und Materialwahl des neuen Elements. So sollte ein tragfähiges Wandelement entwickelt werden, das witterungs- und alterungsbeständig ist, eine hohe Transluzenz besitzt und einen zukunftsfähigen U-Wert aufweist. Zugleich ist die Steigerung des Raumkomforts durch eine gleichmäßigere Beleuchtungsstärken- und Leuchtdichteverteilung sowie einen guten Sonnen- und Blendschutz Ziel der Forschungen.

Prototyp des Glas-Hybrid-Elements; Bildrechte: Alexander Gypser, Bauhaus-Universität Weimar

Als Resultat entstand ein Hybrid-Element, dessen Deckschichten jeweils Glasscheiben bilden. Im Zwischenraum befinden sich gläserne Füllkörper. Sie können in unterschiedlichen Formen wie Kugeln oder Röhren eingesetzt werden und sind als Hohlkörper ausgebildet, so dass verschiedene Füllungen wie Luft und Aerogele sowie ein Vakuum möglich sind. Deckschichten und Füllkörper sind aus thermischen Gründen durch eine Trennschicht aus Schaumstoff voneinander isoliert. Je nach gewählter Materialdicke sind unterschiedliche Bauteilstärken möglich. Wie experimentielle Untersuchungen an verschiedenen Prototypen in Bezug auf die Wärmeleitfähigkeit zeigten, erläutert Prof. Hildebrand, werden ab einem Aufbau von 15 Zentimetern praxistaugliche U-Werte erreicht. Der Randverbund der Glasschichten wird derzeit über ein gelötetes Schaumglas gelöst. Dies hat den Vorteil eines gasdichten Abschlusses, so dass auch der Zwischenraum als wärmedämmendes Vakkum oder mit anderen Füllungen ausgebildet werden kann.

Aufbau des Glas-Hybrid-Elements

Varianten der Füllkörper; Bildrechte: Alexander Gypser, Bauhaus-Universität Weimar

Neben dem Lichtgewinn zeigen sich die Vorteile der neuen Glas-Hybrid-Elemente zum einen in der Erhöhung der Tragfähigkeit. Test zur Biegezugfestigkeit zeigen zunächst ein Versagen einzelner Röhren, so dass das Gesamtelement noch einsatzfähig ist. „Im Vergleich zum spröden Versagen einer normalen Glasscheibe“, beschreibt Prof. Hildebrand, „macht dieses subtile Versagen die Elemente zu einem interessanten Baustoff, da eine Resttragfähigkeit erhalten bleibt und kein sofortiger Austausch nötig ist.“ Ein weiterer Vorteil des entwickelten Glas-Hybrid-Elements begründet sich in den enthaltenen Füllkörpern. Sie ermöglichen diverse Füllungen und können somit auf unterschiedliche Anforderungen reagieren. Bei den bisherigen Prototypen wurden in erster Linie Versuche mit Vakuum- und Aerogel-Füllungen durchgeführt, wobei Aerogele zwar kostenintensive Materialien sind, jedoch die durchgelassene Strahlung erheblich eingrenzen.

Prüfung der Biegezugfestikeit mit Röhren in Längs- und Querrichtung; Bildrechte: Alexander Gypser, Bauhaus-Universität Weimar

Diese Strahlungsreduzierung bildet ein elementares Ziel der weiteren Forschung. Abgesehen von der Nutzung der Aerogele liegt der Fokus hier vor allem auf Beschichtungen der eingesetzten Gläser. Neben den verschiedenen Techniken zur Strahlungsbegrenzung bildet laut Prof. Hildebrand der Bereich der Füllungen das größte Entwicklungsfeld. Ein Ausblick auf Wasser- bzw. Algenfüllungen, die über das Pflanzenwachstum einen eigenen Energieertrag liefern, verdeutlichen das große Potenzial der Glas-Hybrid-Elemente.

Kombination des Glas-Hybrid-Elements mit weiteren Fassadenkomponenten; Bildrechte: Timo Riechert, Bauhaus-Universität Weimar

Weitere Informationen zu dem geförderten Forschungsprojekt:
Forschungsinitiative Zukunft Bau
SimEx: Bauhaus Universität Weimar Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Jörg Hildebrand, Juniorprofessur „Simulation und Experiment“ an der Fakultät Bauingenieurwesen der Bauhaus-Universität Weimar, im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Die Zukunft des Bauens“ von Detail research und der Forschungsinitiative Zukunft Bau des BMUB und BBSR am 13. März 2014 an der Universität Stuttgart zum Thema „Energieeffizientes Bauen“.
Zur Person
Prof. Dr.-Ing. Jörg Hildebrand hat seit 2010 die Juniorprofessur "Simulation und Experiment" an der Fakultät Bauingenieurwesen der Bauhaus-Universität Weimar inne. Nach dem Studium des Bauingenieurwesens mit Schwerpunkt Konstruktiver Ingenieurbau war Hildebrand als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Stahlbau der Bauhaus-Universität Weimar unter Prof. Dr.-Ing. habil. Frank Werner tätig. Im Jahr 2008 promovierte er zum Thema "Numerische Schweißsimulation – Bestimmung von Temperatur, Gefüge und Eigenspannung an Schweißverbindungen aus Stahl- und Glaswerkstoffen" und übernahm 2010 die wissenschaftliche Leitung der Versuchstechnischen Einrichtung (VTE) an der Bauhaus-Universität Weimar. Er ist Mitglied in diversen Gremien und Fachausschüssen.

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