24.06.2010

Solarer Kokon: das "Fab Lab House" des IAAC

Noch bis zum 27. Juni findet in Madrid der „Solar Decathlon Europe“ statt. 19 Studententeams – darunter vier aus Deutschland - haben ihre Modellhäuser, die sich zu 100% solar mit Energie versorgen sollen, am Ufer des Rio Manzanares aufgebaut. Den mit Abstand extravagantesten Entwurf lieferte jedoch das Institute for Advanced Architecture of Catalonia (IAAC) aus Barcelona.
Wie sein Pendant in den USA, aus dem er hervorgegangen ist, verlangt auch der Solar Decathlon Europe den Studenten Höchstleistungen in Sachen Entwurf, Konstruktion, Technikintegration, Sponsorensuche und nicht zuletzt Baustellenlogistik ab. Alle Häuser müssen binnen weniger Tage in Madrid errichtet und mit allen technischen Installationen für die Selbstversorgung versehen werden. Herkömmliche Baumethoden verbieten sich daher; in der Regel bestehen die Gebäude aus vorgefertigten Elementen. Meist werden sie in den jeweiligen Heimatuniversitäten zunächst einmal „zur Probe“ aufgebaut, wieder auseinandergenommen und dann an ihren Bestimmungsort Madrid transportiert.

Graphik: AAC

Diese Anforderungen haben auch dazu geführt, dass sich bestimmte Bauweisen beim Solar Decathlon durchgesetzt haben; allen voran Konstruktionen aus Holzrahmen und Raumzellen aus Holz. Denn Holz ist leicht, enthält nur wenig „graue Energie“ und ist überdies auf der Baustelle leicht zu verarbeiten, wenn einmal Nachbesserungsbedarf entsteht.
Auch das „Fab Lab House“ des IAAC besteht aus vorgefertigten Holzelementen. Dennoch bricht es gestalterisch völlig mit der sonst beim Solar Decathlon vorherrschenden „Kistenform“ der Häuser. Das hat mit dem Anspruch der Initiatoren zu tun: Seit seiner Gründung befassen sich das IAAC und sein Direktor, der spanische Architekt Vicente Guallart, intensiv mit der Anwendung digitaler Produktionstechniken in der Architektur. Für Entwurf und Herstellung des „Fab Lab House“ arbeitete das Institut eng mit dem Center for Bits and Atoms am MIT in Cambridge/USA zusammen.

Foto: AAC

Entstanden ist so ein solarer „Kokon“ in Holzbauweise, dessen tragende Struktur im wesentlichen aus ringförmigen Segmenten besteht. Die Hauptträger wurden nicht „am Stück“ hergestellt, sondern bestehen jeweils aus mehreren, wie Puzzlestücke zusammengesetzten und schließlich verschraubten Einzelelementen.
Die Formen der Bauteile wurden aus 2,5 m x 12 m großen Kerto-Furnierschichtholzplatten mit 27 mm und 45 mm Dicke mit einem Industrieroboter ausgeschnitten. Die Statik erforderte stärkeres Material als die ursprünglich angedachten Sperrholztafeln, und für einLaserverfahren waren die neuen Querschnitte dann zu dick. Insgesamt kamen 40 m³ Furnierschichtholz zum Einsatz.

Foto: AAC

Die Versorgung mit Solarenergie übernimmt wie bei allen Solar Decathlon-Häusern vorwiegend die Dachhaut. Herkömmliche Photovoltaikmodule verbaten sich angesichts der gekrümmten Gebäudehülle. Dach und Außenwände bestehen daher (von außen nach innen) aus einer Membran mit integrierten Solarzellen, einem Luftspalt zur Kühlung und Hinterlüftung der Solarzellen, einer weiteren Membran als Dichtungsbahn, einer ersten „harten Schale“ aus Sperrholz, einer zweiten Luftschicht, Wärmedämmung sowie einer Innenschale aus Sperrholz und Gipskarton.
Der Vorteil der hier gewählten Konstruktionsart liegt laut Guallart in deren Anpassungsfähigkeit: Da das Haus fast komplett computergesteuert hergestellt wird, lässt sich jedes Gebäude aufs Neue an die Gegebenheiten des Klimas und des Standortes anpassen, ohne dass die Herstellungskosten stiegen. Die Hüllform des Madrider Hauses passt sich auf diese Weise sowohl an die Erfordernisse des inneren Raumprogramms (75 m2 Wohnfläche für eine vierköpfige Familie), des Grundstücks am Manzanares und der für Madrid typischen Sonnenbahnen an.

Zeichnung: AAC

Das gesamte Haus kann nach Angaben seiner Entwerfer in 15 Tagen hergestellt werden; die Kosten für Material und Gebäudetechnik betragen zwischen 120.000 und 150.000 Euro. Das IAAC plant daher, das „Fab Lab House“ künftig zu einem Marktpreis von 200.000 Euro anzubieten.
Das Madrider Haus steht überdies auf drei „Beinen“. So entsteht unter dem Haus ein verschatteter Freibereich – ein wichtiges Plus im heißen Klima Spaniens. Die „Beine“ dienen zum einen als Zugang ins Haus, zum anderen sind hier die gebäudetechnischen Installationen konzentriert, so dass der darüber liegende Wohnbereich weitgehend frei aufgeteilt werden kann.
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