30.09.2013 Cordula Vielhauer

Von Superform bis Wohnregal: BDA Berlin zeigt Strategien für die soziale Stadt

Eigentlich hieß das Thema des diesjährigen BDA-Entwurfsforums 40/40 ja „Sozialer Wohnungsbau“. Doch da es sich dabei – zumindest in Berlin – um eine in den neunziger Jahren ausgestorbene typologische Spezies handelt, nahmen viele Teilnehmer die in den Fragestellungen zu 40/40 implizierte, weiter gefasste Thematik auf: Gezeigt werden in der Galerie des BDA Berlin seit Montag Abend rund 30 Entwürfe zum Thema günstiger Wohnraum und seine Implementierung in die soziale Stadt.

Datum: 23. September - 24. Oktober 2013, geöffnet Mo, Mi, Fr 10-15 Uhr
Galeriegespräch: 21. Oktober 2013, 19 Uhr
Ort: BDA Galerie, Mommsenstraße 64, 10629 Berlin

Beitrag von Urs Füssler

Hintergrund des Entwurfsforums sind die Pläne des Berliner Senats, nach gut zwei Jahrzehnten Pause nun wieder in den öffentlich geförderten Wohnungsbau zu investieren. Rund 6.000 Wohnungen jährlich sollen in den nächsten fünf Jahren entstehen, beauftragt werden vor allem die großen Wohnungsbaugesellschaften. Der BDA Berlin stellte für sein Diskussionsformat 40/40 drei Fragen, die Architekten in diesem Zusammenhang beschäftigen: Welche Chancen ergeben sich – neben der reinen Bedarfsbefriedigung – für den Städtebau und für das Bild der Stadt? Wo soll ein neu definierter sozialer Wohnungsbau stattfinden und wo dient er dem Gesamtgefüge? Wie wird er Bestandteil neuer Urbanität entsprechend unserer heutigen Sicht auf Berlin?

Beitrag von Andrew Alberts

Tim Heide (Heide & von Beckerath Architekten), Tom Friedrich (Robertneun) und Klaus Theo Brenner (Klaus Theo Brenner Stadtarchitektur) diskutierten die für das Forum eingereichten Beiträge und stellten dabei fünf Entwurfsansätze heraus, die sich als Strategien für eine soziale Stadt weiter verfolgen lassen.
Da ist erstens das „Regalprinzip“, das auf die Eigeninitiative der Bewohner setzt: Die Idee einer einfachen, möglichst neutralen Baustruktur, die individuell ausbaubar ist, brachten zum Beispiel die Architekten von Studio Schwitalla oder C. Christoph Rütter ein. So kann zunächst günstige Wohnfläche („für alle“) errichtet werden, während der Ausbaustandard von der handwerklichen Kompetenz oder der Finanzkraft des Einzelnen abhängt.

Beitrag von Studio Schwitalla

Beitrag von Christoph Rütter

Als zunächst scheinbar entgegengesetzte Richtung erscheint die „kompakte, komfortable Zelle“, die Carsten Wieworra als „bezahlbaren Wohnraum für obdachlose Frauen“ vorschlägt. Er nimmt dabei jedoch eine Bevölkerungsgruppe in den Blick, die nicht über die finanziellen und physischen Ressourcen verfügt, eine normale Wohnung einzurichten oder gar ein „Wohnregal“ auszubauen.

Beitrag von Carsten Wieworra

Eine dritte Strategie führt die Nutzung von Nischen ein – auf unterschiedlichen Maßstabsebenen. So schlägt die Gruppe Transstruktura ein „Soziales Band“ vor, das sich durch die gesamte Bebauungsstruktur zieht, und dabei einzelne Wohnungen oder „Resträume“ als günstigen Wohnraum für sozial Schwache markiert. Interessant ist hier vor allem, dass eben nicht großflächig gebaut wird, sondern sich die Idee des Sozialen „wie ein roter Faden“ durch die Stadt und ihre Häuser zieht – ein Stück öffentlich verantworteter Raum im Privatem. Ebenfalls auf die „Mikroebene“ bezieht sich der Vorschlag von Andreas Reidemeister zum „flexiblen Raum“: zunächst funktional frei gehaltene Räume können je nach Bedarf einer Wohnung zugeschaltet werden. Maßstäblich einen Schritt weiter geht Imke Woelk, die die Umwidmung der „günen Nische“ Schrebergarten zu „Gartenheimen“ vorschlägt. Und Clarke und Kuhn bewegen sich wieder auf der klassischen städtebaulichen Ebene, wenn sie Berliner Bebauungsstrukturen streifenweise in angrenzende Freiräume spiegeln.

Beitrag von Transstruktura

Beitrag von Imke Woelk

Beitrag von Clarke und Kuhn

Beitrag von Andreas Reidemeister

Das Anheben der Traufhöhe in Berlin – zum Beispiel durchgängig auf 25 Meter (Kusus Architekten) – halten einige Architekten ebenfalls für eine Möglichkeit, um neuen sozialen Wohnraum zu schaffen.

Beitrag von Martin Bachem

Beitrag von Kusus Architekten

Beitrag von Ruf Töpfer Architekten

Beitrag von Carsten Uhlig

Die fünfte Variante wagt den Maßstabssprung: die skulpturale Großform wird zur Superform, die sich über vorhandene Bebauungsstrukturen legt. Dabei ist der Standort durchaus entscheidend: Während Salomon Schindler auf einer Kleingewerbestruktur aufbauend eine alternierende Struktur offener und geschlossener Volumen zeigt und Eike Becker „Baumhäuser“ in die bestehende Stadtlandschaft pflanzt, provozieren Urs Füssler mit einem provokant auf die teuren Stadtvillen am Schinkelplatz gesetzten Sozialbauriegel und Kai Sternberg mit einem Monsterklopper (Aufschrift: „Dem deutschen Volke“) auf dem Reichstag. Und Andrew Alberts setzt ein Doppelhochhaustor über die Straße. Allen gemeinsam ist die hier implizierte Botschaft an die Politik: Die Aufgabe, sozialen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist wichtig und gehört in die Mitte der Gesellschaft.

Beitrag von Eike Becker

Beitrag von Archicraft

Beitrag von Salomon Schindler

Beitrag von Kai Sternberg

Neben der inhaltlichen Breite zeigt die Ausstellung aber auch eine große Vielfalt in der Darstellung: Von der reinen Handlungsanweisung über das Modul, die Programmskizze oder die Collage bis zum detaillierten Entwurf reichen die Beiträge. Am 21. Oktober werden die Entwürfe im Rahmen eines Galeriegesprächs weiter diskutiert.

Beitrag von ENS

Beitrag von Steiner Weißenberger Architekten

Beitrag von Volkmar Schultz

Beitrag von Peter Wilson

Beitrag von Annegret Hoedel

Beitrag von Matthias Horstmann

Beitrag von malearc

Beitrag von Hartmut Raendchen

Beitrag von Prof. Bernd Albers

Beitrag von Klaus Schlosser, Jakob Timpe

Beitrag von Matthias Essig

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