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Autarkie im Tarnkleid: Mehrfamilienhaus in Brütten
Foto: Umwelt Arena Schweiz/René Schmid Architekten
Auf den ersten Blick ist an dem Neubau am westlichen Ortseinfahrt von Brütten bei Winterthur wenig Außergewöhnliches zu entdecken: ein Z-förmiger Grundriss mit sechs Giebeln, eine breite Garageneinfahrt und eingeschnittene, mit Holz ausgekleidete Loggien sind noch die markantesten Elemente. Die Fassaden hüllen sich in matt graue, großformatige Paneele, die aus der Ferne an Faserzementplatten erinnern.
Zeitgenössisch wirkt der Bau auch durch das, was fehlt: Dachüberstände, Dachrinnen und Regenrohre sucht man vergeblich. Das hat nicht zuletzt mit dem außergewöhnlichen Energiekonzept zu tun, das hier realisiert wurde: Obwohl das Neunfamilienhaus innerhalb einer geschlossenen Ortschaft steht, handelt es sich um das erste komplett energieautarke Gebäude dieses Typs in der Schweiz, wenn nicht ganz Europa. Fassaden- und Dachflächen sind (mit Ausnahme der Loggien) komplett mit Photovoltaikmodulen belegt. Um ihren Ertrag zu maximieren, achteten die Architekten tunlichst darauf, eine Eigenverschattung durch Dachüberstände und andere »Accessoires« zu vermeiden.
Wie bei allen Plusenergiehäusern war auch hier die hohe Energieeffizienz ein Schlüssel zum Erfolg: Die Fenster sind dreifach verglast, Fassaden und Dächer jeweils mit 28 cm Mineralwolle gedämmt. Im Gegensatz zu vielen anderen hocheffizienten Häusern ist dieses jedoch ein kompletter Massivbau mit tragenden Außenwänden aus 17 cm Ziegelmauerwerk. Die Be- und Entlüftung stellt ein zentrales Lüftungsgerät mit Wärmerückgewinnung sicher. Um Lüftungswärmeverluste weiter zu minimieren, können die Fenster im Haus lediglich komplett geöffnet, aber nicht gekippt werden.
Die Haushaltsgeräte entsprechen alle dem höchsten Energiestandard und bei der Mietkostenabrechnung gilt ein Inklusivpreis: In der Wohnungsmiete ist ein sparsam bemessenes, aber prinzipiell ausreichendes Energiebudget enthalten. Wer mehr verbraucht, zahlt am Monatsende drauf. Über Touchscreens können die Bewohner jederzeit einsehen, ob sie verbrauchstechnisch noch »im Soll« liegen.
Sandgestrahlte Fassadenhaut
Die hinterlüftete Fassadenverkleidung besteht aus micromorphen Dünnschichtmodulen, die auch bei Diffus- und Schwachlicht gute Erträge liefern. Ihr Deckglas wurde vor dem Einbau sandgestrahlt und hydrophob beschichtet. Laut Eric Langenskiöld vom Ingenieurbüro Basler & Hoffmann beeinträchtigt die Oberflächenbehandlung die Moduleffizienz nicht. Weder in Labormessungen noch im realen Betrieb wurden bisher Ertragsminderungen festgestellt.
Das Dach ist hingegen mit hoch effizienten, monokristallinen Solarzellen belegt. Mit insgesamt fast 1000 m2 Fläche und 127 kWp Leistung soll die solare Gebäudehülle einen Jahresertrag von 92 MWh Strom liefern.
Für den energieautarken Gebäudebetrieb ist aber nicht allein die Stromproduktion entscheidend, sondern vor allem die Energiespeicherung. Das Haus verfügt über drei Arten von Speichern – für warmes Wasser, Strom und Wasserstoff. Kurzfristig kann Strom in eine Lithium-Eisenphosphatbatterie mit 153 kWh (netto) Speicherkapazität eingespeist werden. Zur Deckung der energetischen »Winterlücke« wandelt außerdem ein Elektrolyseur sommerlichen Überschussstrom in Wasserstoff um und lagert ihn in zwei unterirdische Wasserstofftanks mit zusammen 120 m3 Fassungsvermögen ein. Im Winter wird der Wasserstoff in einer Brennstoffzelle rückverstromt. Das ist zwar energetisch ineffizient, aber die einzige Möglichkeit, bei einem Gebäude dieser Art im Winter nicht auf Strom verzichten zu müssen.
Außerdem wird der Photovoltaikstrom für den Betrieb der hauseigenen Wärmepumpe genutzt, die Heizwärme und warmes Wasser bereitstellt. Auch sie kann im Sommer bereits für den Winter »vorarbeiten«, indem sie die Wärme in zwei je 125 m3 große Langzeitbehälter einspeist. Diese sind ebenfalls im Erdreich vergraben. Die Wärmepumpe nutzt viererlei Wärmequellen: die Außenluft, zwei je 338 m tiefe Erdsonden und die Abwärme aus der Wasserstoffproduktion, außerdem im Winter den Inhalt der beiden großen Langzeitspeicher. In die Wohnungen gelangt die Wärme über Fußboden- und Wandheizungen.
Zusätzliche Informationen zum Projekt hält eine Ausstellung in der Umwelt Arena in Spreitenbach bereit: www.umweltarena.ch
Weitere Informationen:
Projektpartner u.a.: ABB Schweiz AG, Zürich; Energie 360° AG, Zürich; Zürcher Kantonalbank; Coop Bau & Hobby, Bülach
Wissenschaftliche Begleitung: Hochschule Luzern
Generalübernehmer: W. Schmid AG, Glattbrugg
TGA-Planung: Pro-Energie, Sirnach
Planung PV-Fassade: Basler & Hoffmann AG, Zürich
Elektroplanung: Schäfer Partner AG, Lenzburg; RZ Energiemanagement, Waldkirch
Batteriespeicher: Helion Solar AG
Wärmepumpe: Hoval GmbH
Brennstoffzelle: Proton Motor Fuel Cell
Gebäudehülle: Ernst Schweizer AG
Energiedach: Meyer Burger AG Fotos: Umwelt Arena Schweiz/René Schmid Architekten
Projektpartner u.a.: ABB Schweiz AG, Zürich; Energie 360° AG, Zürich; Zürcher Kantonalbank; Coop Bau & Hobby, Bülach
Wissenschaftliche Begleitung: Hochschule Luzern
Generalübernehmer: W. Schmid AG, Glattbrugg
TGA-Planung: Pro-Energie, Sirnach
Planung PV-Fassade: Basler & Hoffmann AG, Zürich
Elektroplanung: Schäfer Partner AG, Lenzburg; RZ Energiemanagement, Waldkirch
Batteriespeicher: Helion Solar AG
Wärmepumpe: Hoval GmbH
Brennstoffzelle: Proton Motor Fuel Cell
Gebäudehülle: Ernst Schweizer AG
Energiedach: Meyer Burger AG Fotos: Umwelt Arena Schweiz/René Schmid Architekten