28.04.2023 Jakob Schoof

Bau 2023: Fast alles wie früher

Inhaltlich drehte sich viel um das Megathema Nachhaltigkeit. © DGNB

Ausgebuchte Flächen, volle Hallen – die Bau 2023 in München hat gezeigt, dass Baumessen klassischer Prägung doch noch eine Zukunft haben. Inhaltlich drehte sich viel um das Megathema Nachhaltigkeit.

Messegesellschaften kleiden ihre Bilanzen gern in Erfolgszahlen – und sind mitunter recht kreativ darin, das für sie jeweils Positive in den Vordergrund zu rücken. Die Organisatoren der Messe Bau 2023 in München mussten diesbezüglich nicht besonders wählerisch sein. Denn eigentlich war fast alles wie immer: die Hallen bis auf den letzten Quadratmeter belegt mit 2260 Ausstellern aus fast 50 Ländern – das war ein neuer Rekord. Nur die Warnstreiks bei Bahn und Flughäfen trübten die Bilanz, sodass die Besucherzahlen mit 190 000 doch ein gutes Stück unter denen des Vor-Corona-Jahres 2019 (fast 250 000) lagen.

Auch das Feld der Aussteller war ein etwas anderes als 2019: Die Großen der Mauerwerksbranche blieben der Messe diesmal fast alle fern, auch andere führende Hersteller wie Velux fehlten. Dafür rückten Firmen von der bisherigen Warteliste nach. Spannend wird die Frage sein, ob und wie sich das Teilnehmerfeld in zwei Jahren wieder neu sortiert. Dann wird die Bau, soviel ist sicher, zu ihrem angestammten Termin im Januar zurückkehren.

Volle Hallen auf der Bau 2023, © Messe München

Vom Wohnen der Zukunft bis zum Modulbau

Vier Leitthemen hatte sich die Messe in diesem Jahr selbst vorgenommen: Herausforderung Klimawandel, Ressourcen & Recycling, Zukunft Wohnen und Digitale Transformation. Zumindest die ersten beiden erwiesen sich als Volltreffer, während die Frage nach der Zukunft des Wohnens weitgehend unbeantwortet blieb. Auch die zahlreich anwesenden Politiker – allen voran Bundesbauministerin Klara Geywitz – vermochten nicht wirklich Aufschluss zu geben, wo die angestrebten 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr in Deutschland denn künftig herkommen sollen. Dass über der Wohnungsbaubranche einiges an dunklem Gewölk aufzieht, ist inzwischen allgemein bekannt. Zum Glück sieht die Lage im Gewerbebau etwas besser aus, und auch der Wohnungsbau liegt nicht überall in Europa darnieder. Die meisten der international operierenden Aussteller auf der Bau 2023 betrachten die Lage daher mit einem lachenden und einem weinenden Auge.   

Ein fünftes, eher inoffizielles Leitthema prägte die Bau ebenfalls: Modulbau und Vorfertigung gelten als große Hoffnungsträger nicht nur bei öffentlichen und privaten Bauherren, sondern auch bei Herstellern diverser Branchen, die hier einen Fuß in die Tür bekommen wollen. Viele von ihnen zeigten ihre Lösungen in diesem Jahr auf der zentralen Freifläche zwischen den Messehallen. Die geführten Rundgänge, die die Detail-Redaktion durch die Modulbau-Sonderschau anbot, waren erfreulich gut besucht. Gleiches galt für die Architekturvorträge im Forum der Halle C2 – mit bis zu 250 Zuschauern am Dienstagvormittag waren die Ränge bis an ihre Kapazitätsgrenze belegt.

Nachhaltigkeit in der Zeit nach dem Greenwashing

Augenfällig war jedoch vor allem, wie viele Hersteller momentan auf den Nachhaltigkeits-Zug aufspringen. Dabei geht es inzwischen mindestens so sehr ums Geld wie ums Image. Anders ausgedrückt: Fridays (und Architects) for Future schön und gut – den wirklich großen Hebel hat hier allerdings die EU mit ihrer neuen Taxonomie-Verordnung umgelegt. Ob es wirklich bald so sein wird, dass die Banken für Gebäude ohne Nachhaltigkeitszertifizierung keine Kredite vergeben, bleibt abzuwarten. Der Run auf die entsprechenden Programme ist jedenfalls enorm. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) etwa hat ihre Zahl an Mitgliedsorganisationen binnen weniger Monate von 1300 auf über 2200 gesteigert – und das ohne aktiv Werbung zu betreiben, wie Pressesprecher Felix Jansen betont. Das enorm gestiegene Interesse macht sich auch in allen anderen Bereichen der DGNB bemerkbar. Bei der Zertifizierung etwa sind die Anmeldezahlen stark gestiegen. Allein im Bereich Wohnungsbau sind derzeit viermal mehr Projekte neu zur Zertifizierung registriert, als die DGNB in den bisherigen 15 Jahren in Summe ausgezeichnet hat.

Wer als Hersteller in diesem Bereich mitspielen will, muss (Ökobilanz-)Zahlen liefern. Mit grünen Slogans allein ist es da nicht mehr getan. Die großen Anbieter der Fassadenbranche etwa lieferten sich auf der Bau 2023 einen regelrechten Wettstreit darum, wer den CO2-Fußabdruck seiner Produkte am weitesten senkt und den Recyclinggehalt am weitesten steigert. Die Betonbranche erprobt sich derweil an neuartigen Zementersatzstoffen, und Materialeffizienz predigen sowieso (fast) alle. Selbst beim Holzbau, wo viele Anbieter bisher nach dem Grundsatz „viel hilft viel“ verfuhren, findet der Gedanke an effizienten Ressourceneinsatz mittlerweile Anhänger.

Über einen Elefanten im Raum wurde auf der Bau 2023 nur wenig gesprochen: die davongaloppierenden Baukosten. Klar doch, möchte man meinen – schließlich wollen alle Beteiligten weiterhin gutes Geld verdienen. Doch es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn bei der Bau 2025 eines der Leitthemen „Kostengünstig bauen“ lauten würde. Bis dahin gilt als Fazit: Richtige Messen in richtigen Messehallen sind – allen digitalen Experimenten während Corona zum Trotz – als Branchentreff durch nichts zu ersetzen.



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