Filmtipp: Sep Ruf – Architekt der Moderne

Er habe diesen Film über Sep Ruf gemacht, weil es bisher keinen gab, sagt Regisseur und Produzent Johann Betz. Man möchte sich dafür bedanken. Die atmosphärische, vielschichtige Dokumentation nimmt das Publikum mit auf eine visuell magische Reise durch das Werk eines der bedeutendsten deutschen Architekten des 20. Jahrhunderts: von München nach Nürnberg, Karlsruhe, Bonn, Brüssel bis nach Italien.

Die Neue Maxburg in München gilt als eines der herausragenden Gebäude des Wiederaufbaus in Deutschland. © Alpenrepublik

Mit seinen fast schwebend wirkenden Bauwerken – es sollen über 300 gewesen sein – prägte der Münchner Architekt Franz Joseph „Sep“ Ruf (1908–1982) die deutsche Nachkriegsarchitektur und deren Wahrnehmung. Ruf gilt als Vermittler einer am Neuen Bauen orientierten modernen, transparenten und eleganten Architektur für die damals noch junge Bundesrepublik. Sep Ruf präsentierte diese international mit dem Deutschen Pavillon zur Weltausstellung 1958 in Brüssel, den er zusammen mit Egon Eiermann realisierte. Der als Visionär geltende Ruf erhielt dafür viel Lob und Zuspruch aus dem Ausland, während in Deutschland und vor allem in seiner Heimatstadt München kritische Stimmen überwogen. Seine Architektur war ihrer Zeit voraus. Durch eine zeitlose Architektursprache und den minimalen Materialeinsatz ist sein Œuvre bis heute relevant.

Der Deutsche Pavillon auf der Weltausstellung (mit Egon Eiermann) in Brüssel (1958) fand vor allem international viel Anklang, mit Ende der Ausstellung wurde er abgetragen. ® Alpenrepublik

Noch bekannter wurde Sep Ruf als Architekt des Kanzlerbungalows, dem von Ludwig Erhard beauftragten Wohn- und Empfangsgebäude in Bonn. In zwei nebeneinanderliegenden, von Ruf geplanten Landhäusern über dem Tegernsee in Gmund wurden beide sogar Teilzeit-Nachbarn. Auch hier überzeugen die fließenden Übergänge zwischen innen und außen, zwischen Raum und Landschaft. Deckenhohe und sturzlose Fenster und Türen zur Seeseite sowie überstehende Dachplatten und die dünnen Stützen machen sie zu typischen Ruf-Häusern. Den Einheimischen waren die Häuser eher suspekt, der Volksmund bezeichnete sie als „Tankstellen“.

Für den Bundeskanzler Ludwig Erhard und dessen Nachfolger bis einschließlichHelmut Kohl baute Sep Ruf in Bonn einen neuen Wohn- und Amtssitz (1963/64), den sogenannten Kanzlerbungalow. ©  Alpenrepublik

Zusammen mit den architektonischen Aufnahmen lassen Interviews mit Zeitzeugen, Architekturexpert:innen und Wegbegleitern eine Hommage an Sep Ruf entstehen. Mit seinen Bauten schuf der charismatische, aber auch schüchterne Baumeister neue Formen des Wohnens und Arbeitens. Sep Ruf brachte zugleich Mensch und Natur in Einklang und war damit seiner Zeit voraus. Man möchte sofort losflitzen und sich selbst (nochmal) ein Bild machen – von der Kirche St. Johann von Capistran, der Bürosiedlung Tucherpark, der Neuen Maxburg, seinen bis heute von den Bewohnern geliebten Häusern – vom Mehrfamilienwohnen in der Maxvorstadt bis zur Einfamilienhaussiedlung in Grünwald. In Nürnberg beneidet man die Studierenden der Akademie der Bildenden Künste und bewundert seine Bauten für das Germanische Nationalmuseum. Viele dieser Werke sind heute denkmalgeschützt. Gut so.

Sep Ruf – Architekt der Moderne läuft ab Donnerstag, den 10. Juli, in 60 Kinos in Deutschland.