Großzügiges Stahlkorsett: Wohnhaussanierung in Prag
Foto: Aleš Jungmann
Der Prager Stadtteil Suchdol liegt etwa 5km nördlich und moldauabwärts vom Burgberg im Zentrum, dem Hradschin. Der Vorort ist geprägt durch mehrgeschossigen Wohnungsbau aus Zeiten des Sozialismus, der zu seinen Rändern hin ausfranst und Platz macht für zahlreiche freistehende Siedlungshäuser, meist aus den 1920er und 1930er Jahren. Diese sind in der Regel zweigeschossig und mit Walmdächern angelegt. Ein baufälliges Exemplar wurde in den vergangenen neun Jahren vom tschechischen Architekten Jan Šépka umfassend saniert. Grund für die langwierigen Arbeiten war, dass der Dachstuhl einerseits nicht zu halten, andererseits das Bestandsmauerwerk durch frühere Umbauten so geschwächt war, dass die Aufstockung um ein weiteres Geschoss eine planerische Herausforderung darstellte.
Zunächst wurde der Altbau bis auf das Erdgeschossvolumen zurückgebaut. Um das Bestandmauerwerk möglichst wenig zu belasten, arbeitete man auf der neuen Etage überwiegend mit Leichtbetonsteinen (Format 2DF). Die Wände sind in einer Art märkischen Verband als Sichtbetonmauerwerk aufgemauert. Die Betonplatte des Daches, deren Untersicht ebenfalls in Sichtbeton angelegt ist, aber mit sägerauen Schalungsbretter erstellt wurde, liegt darauf auf. Das Mobiliar, auch die »Schlafzellen« der beiden Kinderzimmer, die inneren Fensterrahmen, sowie die interne Treppe wurden in Birkensperrholz geschreinert.
Fassade als Hüllkörper
Der aufgestockte, in seiner Grundfläche etwa 11,50 m auf 13 m messende Bestand ist vollkommen umschlossen von einer feuerverzinkten, korsettartigen Stahlhaut, deren geschosshohen Gefache ein Modul von 1280 mm aufweisen. Dabei abstrahieren zwei Scharen gegenüberliegender und miteinander verschweißter L-Profile ein imaginäres Wandvolumen in einer Stärke von rund 30 cm. Ausgesteift sind die so generierten Gefache jeweils durch eine Diagonalstrebe.
Während dieser gerüstartige Mantel an der Nordwest- und der Südostseite mit nur einem geringen Abstand vor dem Mauerwerk aufgeht, wurde die Metallkonstruktion an den beiden anderen Seiten mit einer Modulbreite Abstand vor den Bestand errichtet. Die nordöstliche Hausfront behält ihren vorgestellten Charakter, bei der gegenüberliegenden, der südwestlichen Gebäudeseite greifen hingegen die Innenräume in den Vorbereich aus Metall ein. In diese sind die Fenster eingesetzt, welche die thermische Trennschicht bilden. So ergab sich die Möglichkeit, den Eingang in die südliche Gebäudeecke zu legen. Er führt in einen, dem Bestand vorgelagerter Wintergarten, der sich über die ganze Hausbreite erstreckt. Über dem Hauseingang wurde ein schmaler Balkon platziert, der im weiteren Verlauf in einen Obergeschosswintergarten übergeht. Von diesem Freisitz aus führt eine Stahltreppe hinauf zu einer teilweise extensiv begrünten Dachterrasse. Eine gegenüberliegende zweite Stahltreppe führt von der 160 m² großen Dachfreifläche wieder hinab in den Garten. Der einläufige Abgang hat die volle Modulbreite, die das äußere Stahlkorsett als Abstand zum Mauerwerk nimmt. Defacto ist die umlaufende, äußere Metallhaut ein subtiler Kunstgriff, die Wohn- und Nutzfläche nicht unerheblich aber formal stimmig zu erweitern.