Hermès-Manufaktur in der Normandie von Lina Ghotmeh

In den Leder- und Sattlerwerkstätten des Luxuskonzerns Hermès in Louviers vermitteln Architektur und Inhalt die gleichen Werte von Nachhaltigkeit und hoher Handwerkskunst. Mehr als die Hälfte der 12 400 Mitarbeitenden von Hermès in Frankreich sind Handwerker, und von diesen arbeitet wiederum über die Hälfte mit Leder. Dabei geht es nicht nur um Gürtel und Handtaschen, sondern auch um die Produkte, mit denen bei dem Luxusanbieter alles seinen Anfang nahm: Reitsattel.

Gefüge aus Hallen und Höfen

Die jüngste der bislang zehn Hermès-Lederwerkstätten im Land steht in Louviers in der Normandie und ist ein Werk der libanesisch-französischen Architektin Lina Ghotmeh. Ziegelmauern mit großen Bogenöffnungen umgeben das flache, auf einer Industriebrache gelegene Bauwerk. Das unregelmäßige Bogenmotiv war vom Galopp eines Pferdes inspiriert, sagt die Architektin. Die mehr als 500 000 im Haus verbauten Ziegel stammen aus der Region und changieren je nach Tages- und Jahreszeit im Farbton zwischen Rot und Violett.

Beim Betreten der Hermès-Manufaktur gelangt man zunächst in einen von Ziegelfassaden gefassten Vorhof und dann in den zentralen Verteilerraum, den „Dorfplatz“. Hier hängt eine Art Mobile des Künstlers Emmanuel Saulnier über den Köpfen der Besucher. Sieben überdimensionierte Stahlnadeln, befestigt an Ledergurten, erinnern an das Sattlerhandwerk, das in Louviers – als einziger Hermès-Werkstatt außerhalb des Stammhauses in Paris – praktiziert wird.

Plusenergiegebäude im Ziegelkleid

Auch im Inneren strukturieren Schottenwände im 9-m-Raster mit großen Bogenöffnungen das Werkstattgebäude und verleihen den Räumen einen menschlichen Maßstab. Auf den Wänden liegt eine flache Holzbalkendecke auf. Ein energieeffizienter Gebäudebetrieb und geringe CO2-Emissionen waren wichtige Planungsziele.

Blick in die Werkstatt, Lina Ghotmeh — Architecture, Foto: Iwan Baan, © Hermès, 2023

Energieeffizentes Bauen

Als – laut Bauherr – erstes Fabrikgebäude überhaupt erreicht die Maroquinerie de Louviers den höchsten Standard E4C2 im französischen Zertifizierungssystem E+C-. E4 bedeutet, dass das Gebäude mehr Energie erzeugt, als es verbraucht. Maßgeblich hierfür waren eine gute Belichtung durch zahlreiche Oberlichter, die Querlüftung der Werkstätten und die Versorgung mit erneuerbaren Energien. Auf dem Flachdach wurden mehr als 2300 m² Photovoltaikmodule installiert, die eine Erdwärmepumpe mit 13 je 150 m tiefen Sonden antreiben.