17.05.2011

ImmoWert

Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Wertermittlung und Risikobeurteilung von Einzelimmobilien und Gebäudebeständen von Univ.-Prof. Dr. Henry Schäfer und Dipl.-Ing. Christian Gromer, MBA, Universität Stuttgart Welchen Risiken unterliegt der ökonomische Wert einer Immobilie? Was macht ein Gebäude nachhaltig? Vor allem aber: Welcher ökonomische Mehrwert lässt sich durch eine energetische und emissionsreduzierende Optimierung des Gebäudes erzielen? Auf diese und weitere nachhaltigkeitsrelevante Fragen gibt das Betriebswirtschaftliche Institut der Universität Stuttgart in seinem Forschungsprojekt "ImmoWert" Antwort.

Vorgehensweise der Risikoanalyse

Foto: Henning Rogge; © Skulptur Projekte 2017; Cosima von Bonin / Tom Burr, Benz Bonin Burr

Foto: Henning Rogge; © Skulptur Projekte 2017; Hito Steyerl, HellYeahWeFuckDie

Den Ausgangspunkt der qualitativen Risikobewertung stellt die Ermittlung der risikobeeinflussenden Merkmale einer Immobilie dar. Hierzu werden die auf den risikobeeinflussenden Trends basierenden sog. Megatrends ermittelt. Anhand dieser Trends können die resultierenden Auswirkungen auf die Wohnungswirtschaft skizziert und in konkrete Anforderungen an den Gebäudebestand sowie das Management übersetzt werden. Diese können den Wert einer Immobilie beeinflussen (erhöhen oder senken) und weisen oft genug Korrelationen untereinander auf. Üblicherweise dominiert gerade in der finanz-wirtschaftlichen Denkhaltung eine symmetrische Vorstellung von Risiko, sodass die beschriebenen Megatrends nicht nur den Wert einer Immobilie senken (Downside Risk), sondern auch erhöhen können (Upside Risk). Es ist das Bestreben eines Risikomanagements, das Downside Risk, das von mangelnder Nachhaltigkeit auf Immobilienwerte ausgeht, zu begrenzen und für die Werterhöhung derlei Risiken zu nutzen. Diese Asymmetrievorstellung liegt den meisten Risikomanagementmethoden, aber nicht unbedingt den Bewertungs-methoden zugrunde. Die vorliegende Arbeit stellt einen innovativen Ansatz zur asymmetrischen Risikoberücksichtigung in der Wertermittlung vor. Hierzu wird ein eigenes Konzept entwickelt, das auf dem System "innosys" basiert und es um Nachhaltigkeitskriterien ergänzt. Ein erster Bezug der bis dahin gewonnen Erkenntnisse wird für die internationale Rechnungslegung von Immobiliengesellschaften gezogen und die Notwendigkeit zu einer Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in die Wertermittlungsmodelle begründet.

Realoptionsmodellansatz

Photo: Manufacturer

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Dieser Notwendigkeit wird mit der Beschreibung des Status Quo der Wertermittlung im Immobilienbereich in Deutschland Rechnung getragen, indem die einzelnen Wertermittlungs-verfahren kurz vorgestellt und ihre Spezifikation hinsichtlich Verkehrswert, Liegenschaftszins sowie Restnutzungsdauer erläutert werden. Es wird gezeigt, dass in dieser "bisherigen Welt" der Wertermittlung auch die Integration von Nachhaltigkeit, wie sie später mit Bezug auf Energie im Projekt vorgenommen wird, möglich ist. Darauf wird ein neuer Ansatz aus dem Derivatebereich gewählt, der Realoptionsansatz, mit dem die Discounted Cash Flow-Verfahren (DCF-Verfahren) der Immobilienbewertung anreicherbar sind. Dazu wird in das Realoptionsverfahren, das sowohl im Bereich der Immobilienbewertung als auch in der Bewertung von Regulierungen im Energiebereich seine analytische Leistungsfähigkeit in verschiedenen Studien bereits unter Beweis gestellt hat, eingeführt. Der Kern der dann folgenden Überlegungen und Modellierungen ist die Vorstellung aus den Optionsmärkten, dass Handlungsflexibilitäten - hier das Vorbereitetsein auf zukünftige Energiepreis-steigerungen und -schwankungen - die dazugehörige energetische Investition nicht primär als Kostentreiber, sondern als Versicherungsprämie zu interpretieren sind. Diese Überlegungen zu Risiko und Wertermittlung werden durch eine Übertragung zentraler Aspekte in die internationale Rechnungslegung abgerundet.

Kausalmodell des Mehrwerts

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Fazit Die Erkenntnisse des Forschungsprojekts stellen in weiten Teilen bisher nicht erforschte Gebiete der Nachhaltigkeit in Immobilien dar und sollen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sowohl eine Diskussionsgrundlage als auch erste Handlungsempfehlungen zur Verfügung stellen. Für die Teile der Risikoanalyse und des Portfoliomanagements wurden neben der Entwicklung methodische Grundlagen auch praktisch anwendbare Lösungen erarbeitet und mit dem Praxispartner erprobt. Innerhalb der Wertermittlung wurde basierend auf einem Kausalmodell zur Bewertung einer nachhaltigen Immobilie Rückschlüsse auf den Wert einer Bestandsimmobilie modelliert.

Zukünftige Energiepreisentwicklung

Foto: Fabio Mantovani

Foto: Fabio Mantovani

Photo: Fabio Mantovani

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Die Bedeutung der Nachhaltigkeit im Immobilienbereich nimmt in den letzten Jahren signifikant zu. Während die technischen Anforderungen einer nachhaltigen Immobilie und deren praktische Umsetzung bereits erforscht sind, ist der ökonomische Bereich speziell hinsichtlich des spezifischen Risikos der Immobilie sowie des Werts und der Übertragung dieser auf die internationalen Rechnungslegungsvorschriften noch weitestgehend unerforscht. Im Projekt "ImmoWert" wird zum einen die Aufgabe darin gesehen, das weite Spektrum nachhaltigkeitsrelevanter Merkmale von Gebäuden aufzuarbeiten und die mit ihnen verbundenen Risiken zu untersuchen. Ein spezieller Schwerpunkt stellt innerhalb des Katalogs nachhaltigkeitsrelevanter Themenfelder der Bereich Energieeffizienz und Treibhausgasemissionen dar. In diesem Bereich werden von Experten im Gebäudebestand die größten Einsparpotenziale gesehen. So beläuft sich der gegenwärtige Energieverbrauch von Altbauten auf das Drei- bis Vierfache von Neubauten. Eine deutliche Reduktion kann somit durch eine energetische Modernisierung bei den meisten Altbauten erbracht werden - bis 2020 fast 30 %, ausgehend von dem Jahr 2000, nach Berechnungen des Weltklimarates [1]. Hierbei ist der größte Einspareffekt bei Wohngebäuden mit einem Alter von über 30 Jahren erzielbar [2]. Dabei bedürfte es keiner verbesserten Technologie über den gegenwärtigen Stand hinaus, und auch schon ein moderater Anstieg der Energiepreise würde die erforderlichen energetischen Baumaßnahmen wirtschaftlich rechtfertigen. Gerade die Wirkungen von Energiepreisanstiegen und Energiepreisschwankungen (Preisänderungsrisiko) in der Zukunft dürften der Bereitschaft, unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten energetisch wirkende Modernisierungsmaßnahmen vorzunehmen, den größten Schub verleihen.

Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in ein Scoring Modell

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Anmerkungen: [1] IPCC, 2007, Climate Change 2007 - Synthesis Report, Auf den Seiten von IPCC, http://www.ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar4_syr.pdf, Zugriff am 19.11.2009 [2] McKinsey & Company, 2007, Kosten und Potenziale der Vermeidung von Treibhausgasemissionen in Deutschland, Auf den Seiten des Bundesverband der Deutschen Industrie e.V., http://www.bdi-online.de/Dokumente/Umweltpolitik/Klimastudie_BDIund McKinsey_KostenundPotenzieladerVermeidungvonTreibhausgasemiss.pdf, Stand: 25.09.2007 Abbildungen: Betriebswirtschaftliches Institut, Abteilung III - Finanzwirtschaft, Universität Stuttgart Dieses Forschungsvorhaben wird von der Initiative Zukunft Bau des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBR) gefördert.
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