Lichtinstallation von Ingo Maurer im Residenztheater München
Foto: Simon Koy
Schon von weitem leuchtet den Passanten seit dem letzten Wochenende der neue Schriftzug an der Glasfassade des Münchner Residenztheaters entgegen. Zwischen den roten LED-Buchstaben schwebt in exponierter Hängung im Wintergarten des Hauses ein filigraner, sich stetig in Bewegung befindender Leuchtkörper: die »Silver Cloud«. Das lichtgestalterische Konzept des traditionsreichen Theaters hat der so oft als »Magier des Lichts« betitelte Ingo Maurer gemeinsam mit seinem Designteam im Auftrag des Bayerischen Staatsschauspiels zum Auftakt der Spielzeit 2019/2020 unter neuer Intendanz entwickelt. Es sollte sein letztes Projekt werden, bevor der Designer Anfang dieser Woche starb. Sein Lebenswerk wurde 2010 mit dem Designpreis der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
Gleich einer Wolke schwebt die aus 3000 Silberblättern bestehende »Silver Cloud« – der Entwurf bezieht sich auf ein Leuchtobjekt, das Ingo Maurer vor 20 Jahren für Issey Miyake gestaltet hat – im Raum und zaubert ein faszinierendes Lichtspiel an die tiefrot gestrichene und zusätzlich mit roten LEDs angestrahlte Decke. Das Gehäuse des ovalen, 12 m langen Lichtobjekts wird von einem engmaschigen, zarten Gittergeflecht umspannt, das die unterschiedlich geformten Blätter verbindet. Diese bestehen aus handversilberten Papierbögen, die sich aufgrund ihres Alters nicht nur in der Form, sondern auch in der Farbe unterscheiden – von Silber über Gold bis hin zu Grau- und Braunschattierungen. Mehrere Spots beleuchten das Objekt in einem stimmungsvollen Wechselspiel aus Warm- und Kaltweiß und schaffen eine zurückhaltende Grundbeleuchtung. Sieben goldfarbene Ventilatoren im Inneren sorgen zusätzlich für einen »Windhauch«, durch den die Silberblätter permanent in Bewegung bleiben. Die Wahrnehmung durch den Betrachter ändert sich je nach Perspektive und Lichtverhältnissen – ähnlich dem Theater spielt die »Silver Cloud« wie eine spontane Skizze mit der Wahrnehmung der Realität.
In der ganzen Welt und insbesondere in München hat Ingo Maurer mit seinen Kompositionen für öffentliche Räume und Plätze leuchtende Spuren hinterlassen: Neben den zwei von ihm gestalteten U-Bahnhöfen an der Münchner Freiheit und am Westfriedhof schwingt derzeit ein überdimensioniertes Pendel in der Pinakothek der Moderne – und weitere Pendel in dem jüngst eröffneten Einkaufszentrum an der Schwanthaler Höhe. Die neueste Lichtinstallation verzaubert nicht nur das Publikum des Residenztheaters, sondern hält auch darüberhinaus die Erinnerung an den großen Lichtkünstler am Leben.
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