27.05.2015 David Heilinger

Maßgeschneiderte Freiform: Forschungsprojekt »TailorCrete«

Auf Initiative des „Danish Technological Institute“ konnte in einer europaweiten Forschungsgruppe aus privaten und öffentlichen Partnern das Potenzial computergesteuerter Prozesse für eine effizientere Herstellung von Betonbauteilen ausgelotet werden. Die Arbeit „The Full Scale Demonstrator“ (FSD) von Superpool zeigt die dabei gewonnen Erfahrungen im Umgang mit neuen Produktionsmethoden in der Praxis.

Architekt: Superpool, Istanbul, Türkei
Standort: Aarhus, Dänemark

Foto: Stamers Kontor

Im europäischen Raum werden laut „European Construction Technology Platform“ (ECTP) jährlich ungefähr 200 Millionen Kubikmeter Beton für den Hoch- und Tiefbau verwendet. Bislang konzentrieren sich die Möglichkeiten auf vorfabrizierte orthogonale Bauteile für den Geschossbau oder aufwändige Vor-Ort-Schalungsarbeiten. Die Forschungsgruppe unter der Leitung des Dänischen Technologie Instituts suchte nach einem Mittelweg, der der industriellen Massenproduktion von eintönigen Betonscheiben einen kosten- und arbeitseffizienten Prozess zur Herstellung von divergenten Strukturen gegenüberstellt. Als Mittel zum Zweck dienen in der Planung die neuesten Programme für einen digitalen Entwurf und dessen Anwendung via „Computer Aided Manufacturing“ (CAM) unter dem Einsatz von Robotern in der Produktion. Bisweilen war die Herstellung bestimmter Krümmungen in Beton zum Teil mühsame Handarbeit vor Ort oder die Vorfabrikation ein ebenso intensiver und kostspieliger Prozess. Mit der neu gewonnenen Technik des Forschungsprojekts sollen Architekten mehr Möglichkeiten in der Optimierung ihrer Entwürfe geboten werden.

Foto: Stamers Kontor

Anfang 2014 wurde in Aarhus auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse eine Skulptur nach den Entwürfen des türkischen Architekturbüros Superpool gefertigt. „The Full Scale Demonstrator“ (FSD) besitzt eine Spannweite von 23 Metern, eine Höhe von 6,5 Metern und besteht aus 15 bis 25 cm starken, gebogenen Betonscheiben, die in einem traditionellen Verfahren schwer herzustellen wären.

Wegen der ergonomischen Form der einzelnen Teile entschloss sich das Forschungsteam EPS als Schalungsmaterial zu verwenden. Erfahrungen – beispielsweise bei der Konstruktion der Spencer Dock Bridge in Dublin – zeigten, dass der Werkstoff trotz seiner Leichtigkeit und geringen Masse eine hohe Festigkeit besitzt und gut bearbeitbar ist. Ein wesentlicher Punkt war auch seine gute Recyclingfähigkeit, wodurch weniger Abfall entstand und jedes Element durch das beinahe gänzlich gespiegelte Design des „Demonstrators“ zweimal verwendet werden konnte.

Zeit und Kosten sparte man auch durch den Entschluss, das bereits in Blöcke geschnittene EPS mit einem 5- statt 3-Achsen-Roboter in die richtige Form zu bringen. Um eine glatte Oberfläche zu erhalten und den selbstverdichtenden Beton später besser ablösen zu können, wird vor dem Einfüllen eine Zwischenschicht aus einer 0,5 Millimeter dicken Silikonmembrane eingelegt. Problematisch beim Aufbau vor Ort waren die wechselnden klimatischen Bedingungen, wodurch 90 Prozent der Membrane nur einmal benutzt werden konnten.

Ein mathematisches Modell zur Konstruktion der Bewehrung ermöglichte es mittels Roboter die Stahlstangen sehr komplex gebogener Stücke wie gewünscht zu biegen. Der Rest von einfach gekrümmten Teilen konnte per Handarbeit leichter bewerkstelligt werden.

Foto: Danish Technological Institute

Das Endresultat zeigt auf, wie man trotz Widrigkeiten im Hinblick auf Effizienz, Kosten-, Zeit-, und Abfallminimierung eine Produktion von hoher gestalterischer Qualität zustande bringt. Bei einer weiteren Ausreifung und einem besseren Ineinandergreifen der Systeme, kann man in näherer Zukunft auf eine günstige Variante der Vorfabrikation spezieller Elemente zurückgreifen. Gerade im Entwurfsprozess von Architekten und Ingenieuren könnte das neue und mutigere Herangehensweisen initiieren und die bauliche Landschaft in Europa ein wenig spannender gestalten.

Foto: Danish Technological Institute

Foto: Danish Technological Institute

Foto: Danish Technological Institute

Weitere Informationen:

Projekttitel: TailorCrete
Auftraggeber: EU Kommission
Standort: Aarhus, Dänemark
Fertigstellung: Jänner 2014
Projektleitung: Danish Technological Intitute
Partners: Bekaert, Chalmers, Czech Technical University, DesignToProduction, Dragados, ETH Zürich, Gibotech, Grace, MT Højgaard, Paschal, Superpool, Unicon, University of Southern Denmark
Team: Selva Gürdogan, Gregers Tang Thomsen, Marta Marszal, Nikitas Gkavogiannis, Matthias Poen, Asbjørn Lund, Benjamin Bosse, Aron Bohmann, Mustafa Bulgur, Simon Oberhofer, Nandini Oehlmann, Philip Stapel, Dicle Uzunyayla
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