06.10.2009 Axel Dürheimer

Preisverleihung des Architekturpreis Zukunft Wohnen

Im Rahmen einer öffentlichen Preisverleihung werden die prämierten Objekte des Architekturpreises Zukunft Wohnen und deren Architekten am 8. Oktober 2009 vorgestellt. Der in diesem Jahr bereits zum achten Mal ausgelobte Preis ist mit 28.000 Euro dotiert.
Die preisgekrönten Bauten geben Anlass zur Diskussion aktueller Fragen zeitgenössischen und zukünftigen Wohnens. In fünf Kategorien wurden im Rahmen des Preises von den auslobenden deutschen Zement- und Betonherstellern sechs Preise vergeben. Zusätzlich stiftete die Fachvereinigung Deutscher Betonfertigteilbau e.V. einen Sonderpreis.
Kategorie 1: Wohnen in der Stadt
sc11 Wohnungsbau Schönholzer Straße 11, Berlin
Architekten: Zanderroth Architekten, Berlin
Aus dem Jury-Urteil:
„Das Gebäude besetzt mit einer offensiven Geste ein Eckgrundstück im Bereich des ehemaligen Mauerstreifens in Berlin. Im Zusammenspiel mit dem von den gleichen Architekten auf der gegenüberliegende Straßenseite geschaffenen Gebäudeensemble werden damit positive Impulse für die Entwicklung des desolaten, bisher durch den Verlauf der Mauer vernachlässigten Stadtraum gegeben. Im Kreuzungsbereich einer klassischen Blockrandbebauung kann sich so ein Stadtplatz entwickeln, der modernes großstädtisches Leben ermöglichen wird. Gerade der Verzicht auf Gewerbeflächen im Erdgeschoss (diese Flächen werden für Nebenräume, Stellplätze sowie teilweise für Wohnzwecke) eröffnet die Chance für eine skulpturale Durchformung des Baukörpers. Das über die Gebäudeecke verlaufende Band aus Stahlbeton bestimmt die äußere Erscheinung des Hauses, verbindet es zugleich mit dem Boden und formuliert geschickt differenzierte Außenbereiche. Durch das Einlegen von Matrizen in die Schalung mit der Struktur horizontal verlaufender Bambusstäbe erhält die Oberfläche des Betons einen besonderen Reiz. Die gesamte Fassadengestaltung ist gekonnt detailliert und ausgeführt.“

Foto: Andrea Kroth, Berlin

Kategorie 1: Wohnen in der Stadt
Neubau von Wohnungen „Alfred-Delp-Weg“ in Göttingen
Architekten: Sergio Pascole Architects, Venedig
Aus dem Jury-Urteil:
„Das Projekt am Alfred-Delp-Weg in Göttingen ist als ein in den letzten Jahren eher selten gewordenes, dafür umso positiver zu beurteilendes Beispiel für qualitätvolles, aber auch kostengünstiges und erschwingliches Wohnen in der Stadt zu bewerten. Das positive Engagement des Bauherren, der Städtischen Wohnungsbau Gmbh Göttingen, sei hier ausdrücklich mit gewürdigt. Es waren 105 Wohnungen zu errichten, dazu 400 qm Gewerbe- und Gastronomieflächen. Der entwickelte zeilenförmige Baukörper mit vier Vollgeschossen bietet dabei in seiner typologischen Lösung zunächst wenig Neues. Das Gebäude ist als Zweispänner organisiert, alle Wohnungen sind durchgesteckt und ost-west-orientiert. Zur Gartenseite hin zeigt sich ein klares Fassadenraster mit je nach Nutzung entsprechend wechselnden Balkontiefen. Jeder Wohnung sind auf diese Weise ausreichende und differenzierte Freibereiche zugeordnet.“

Fotos: Sergio Pascole Architects, Venedig

Kategorie 2: Wohnen auf dem Land
Haus W, Lilling
Architekten: att Architekten, Nürnberg
Aus dem Jury-Urteil:
„Ansichten des Dorfes Lilling in der Fränkischen Schweiz, aufgenommen vor und nach dem Bau des Hauses W von Markus Gentner (att architekten) gleichen einer Art Suchbild. Markus Gentner hat mit seinem aus drei Baukörpern bestehenden Entwurf den in dieser Gegend typischen Dreiseithof zeitgemäß interpretiert. Bei diesem Typus werden drei Baukörper mehr oder minder exakt um einen zentralen, rechteckigen Wirtschaftshof gruppiert. Die Garage, sie entspricht der Remise dieser Hofform, steht etwas abseits. Die anderen beiden Häuser – sie sind über das Gelenk des Eingangsbereichs miteinander verknüpft – bilden im Grundriss ein „L“. Im bis in die Dachschräge offenen Raum des Wohntraktes wurde ein schwebendes Galeriegeschoss hineingehängt. Die Räume des zweiten Trakts mit den Schlafräumen, einem Arbeitszimmer und einem Fitnessraum sind in zwei Vollgeschossen untergebracht.“

Fotos: Stefan Meyer, Berlin

Kategorie 3: Wohnen im Bestand
Sanierung Prager Zeile, Dresden
Architekten: Knerer und Lang Architekten GmbH, Dresden
Aus dem Jury-Urteil:
„Knapp 40 Millionen Wohnungen werden in Deutschland dem Bestand zugerechnet. Etwa 45 Prozent dieser Wohnungen sind zwischen 1949 und 1978 errichtet worden. Diese Wohnungen zukunftsfähig zu erhalten und neu zu gestalten ist eine zentrale Aufgabe des aktuellen und künftigen Wohnungsbaus. Die Sanierung der „Prager Zeile“ in Dresden wird als hervorragend gelöste exemplarische Bauaufgabe verstanden, bei der vorhandene, auch teilweise „ungeliebte“ Wohnungsbauten für neue Bevölkerungsgruppen erschlossen werden können. Dazu trägt das Weiternutzungsangebot für die teilweise noch vorhandenen „Erstmieter“ ebenso bei wie die konsequente Nutzungsmischung von studentischem Wohnen, „Stadtwohnen“ und betreutem Wohnen für Senioren bis hin zum Angebot von „Luxuswohnungen“.“

Foto: Christoph Reichelt

Foto: Knerer und Lang Architekten

Kategorie 4: Wohnen in der Gemeinschaft
Neubau und Erweiterung Gästehaus Schloss Hohenkammer
Architekten: Brückner & Brückner Architekten BDA, Tirschenreuth/Würzburg
Aus dem Jury-Urteil:
„Mit ihrem Seminarzentrum am Schloss Hohenkammer haben Brückner & Brückner ein mustergültiges Beispiel dafür geschaffen, wie Neubauten frei von Nachahmung oder Devotion dennoch perfekt mit historischen Beständen harmonieren können. Sie werden damit dem immer wichtiger werdenden Thema des Bauens im Bestand gerecht und liefern zugleich einen wertvollen Beitrag für die Diskussion um gemeinschaftliche, temporäre und flexible Wohnformen. So bestimmt die Abfolge von offenen und geschlossenen, öffentlichen und intimen Räumen den Entwurf.
Bezogen auf Schloss Hohenkammer, ein herausragendes, um 1648 entstandenes Beispiel der Renaissance in Bayern, ist der Neubau unübersehbar und auf hohem Niveau ein Bauwerk der zeitgenössischen „Zweiten Moderne“. Langgestreckte Kuben, Flachdächer, Fensterbänder, ein „Mittelrisalit“ in Sichtbeton und die Übereinstimmung von Form und Funktion prägen seine Erscheinung. Trotz dieser demonstrativen Modernität gewährleisten gemeinsame Charakteristika die optische und haptische Bindung an das benachbarte Denkmal: Wie bei Schloss Hohenkammer ist auch die Großform des Neubaus bestimmt von Symmetrie und ausgewogenen hierarchischen Proportionen, hier wie dort bestimmen Naturstein, Feinputz und Holz den Gesamteindruck.

Fotos: André Mühling, München

Kategorie 6: Wohnen und junge Architekten
Custom-Made, Wutöschingen
Architekten: Matthias Maurer, Freier Architekt, Wutöschingen
Aus dem Jury-Urteil:
„Das anderthalbgeschossige Wohnhaus in Ortsrandlage der kleinen Gemeinde Wutöschingen überzeugt durch Schlichtheit, Nachhaltigkeit und Flexibilität. Die Gebäudeform erinnert an den Urtyp Haus in seiner klassischen Erscheinung als Satteldachhaus ohne Dachüberstände und verzichtet angenehm auf überflüssige architektonische Zutaten. Der Baukörper passt sich hinsichtlich Form, Lage und Materialität in seine Umgebung ein. Eine weitgehend flexible Raumorganisation berücksichtigt die mit den Lebensphasen wechselnden Bedürfnisse der Bewohner.“

Fotos: Roger Frei

Aus dem Jury-Urteil:
„Am Rande des neuen Stadtparks im Süden von Neu-Ulm ist das sechsgeschossige Wohnhaus mit 22 Wohnungen errichtet worden. Es interpretiert völlig unaufgeregt den Typus des „Stadthauses“ und besticht zunächst durch seine große Ruhe, Gelassenheit und Selbstverständlichkeit. Das Haus ist unverkennbar „modern“, was nicht bedeutet, dass es in wenigen Jahren als „modisch“ interpretiert werden wird. Als zeitgemäßes architektonisches Statement wirkt es doch auch zeitlos.“

Fotos: Architekturbüro Wallner, München

Die Preisverleihung findet am 8. Oktober im Gebäude der Zollverein School of Management and Design in Essen statt. Die Veranstaltung ist öffentlich. Die Organisatoren bitten allerdings um Anmeldung per Kontaktformular.
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