05.09.2016 Jaqueline Becker

Schwimmendes Gotteshaus: Seashore Chapel

Die Raumerfahrung beginnt mit dem 30m langen Pfad, der durch den Sandstrand gerade aus auf die Kirche zuführt. Am Ende des Wegs angelangt steht man vor der großen Eingangstreppe, die das Gebäude eindrucksvoll einleitet. Hier kann der Besucher buchstäblich durch das Gebäude hindurch sehen: Dank eines 60mm breiten Spalts inmitten der Treppe wird ein Blick auf den fernen Ozean erhascht. Das Betondach, das oberhalb des Gebäudeeingangs aufliegt, ist durch eine schmale Fuge vom Gesamten getrennt. Somit entsteht eine Übergangszone vom Äußeren zum Inneren und die Raumgrenzen verschwimmen nahezu ineinander. Durch eine zweiflüglige Tür tritt man in den Eingangsbereich, von wo aus das Erdgeschoss über eine Treppe erschlossen wird. Der überdachte Außenraum im Untergeschoss schafft einen Ort zum Ruhen und Verweilen. Dieser wird als Verbindung von religiösem und irdischem Leben verstanden – umgeben vom Rauschen des Meeres mit Blick auf den Horizont. Das Obergeschoss steht auf Stützen – die erhöhte Position schafft eine enge Verbindung von Raum und Meer, es herrscht eine äußerst fromme und spirituelle Atmosphäre. Das Bild der Kirche ändert sich mit dem Wechselspiel der Gezeiten: Wenn die Flut kommt, wird die untere Etage vom Wasser verschluckt. Deutlich zeigt dies die Illusion, die hinter der Idee der Architekten steckt: das Gebäude treibt, wie ein Boot, losgelöst im offenen Meer. Beim Begehen des oberen Stockwerks durch den schmalen Korridor eröffnet sich dem Besucher das Auditorium: Ein 14m langer und 7m breiter Gemeindesaal bietet Platz für 30 – 40 Besucher. Nutzungen wie WC und Büro sind direkt angebunden, außerdem führt eine Treppe hinauf zum Pianorang.  An der Nordseite befindet sich ein Raum der Meditation, der gerade groß genug ist, dass eine Person dort Platz findet. Um den Raumfluss nicht zu unterbrechen, kragt dieser seitlich aus.
Tageslicht war ein wichtiger Aspekt für die Architekten: Das abgerundete Dach ist orientiert am höchsten Stand der Sommersonne. Die Öffnungen der Kirche sind bewusst platziert, um die Menge von grellem Licht einzudämmen und gleichzeitig diffuses Licht in den Raum treten zu lassen. Das einzige große, horizontale Aussichtfenster befindet sich an der Ostseite. Mit einer Höhe von 2,70m umrahmt  es den uneingeschränkten Blick vom großen Saal aufs weite Meer. Ein 300mm schmaler Lichtkanal, zwischen der gekrümmten Wand im Norden und dem Dach, lässt zusätzlich natürliches Licht hinein strahlen. An der Ostfassade präsentiert sich ein Kreutz, welches erhaben von unten wie oben beleuchtet wird. Im Frühling, Sommer und Herbst, wenn die Sonne nahezu senkrecht am Himmel steht, scheint das Licht direkt auf die Wand im Norden. Ist dies auch nicht von langer Dauer, so wird die Materialität für einen Moment in Szene gesetzt und es entstehen lebhafte Lichteffekte.
Die Konstruktion ist mit weißem Stuck verkleidet, was ihr von Innen, wie von Außen, ein einheitliches Bild verleiht. Bambusdielen bieten einen warmen Kontrast zu der Geradlinigkeit der Oberfläche, untermalt von hölzernen Fensterrahmen. Der Bodenbelag erstreckt sich bis auf den Balkon, der sich hinter der großen Fensterfront befindet. Von hier besteht der direkte Kontakt zum tiefblauen Ozean – man kann das Meer riechen und den Wellenaufschlag spüren.
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