04.12.2025 Julia Liese

Strategien des Weiterbauens

Am 13. und 14. November fand das Symposium „Weiterbauen – Building on the Existing“ an der Universität Stuttgart statt. © Frank Dölling

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Wie umgehen mit Bestandsgebäuden? Diese Frage stand im Mittelpunkt des zweitägigen Symposiums „Weiterbauen – Building on the Existing“, das Mitte November in Stuttgart stattfand. Initiiert und organisiert wurde es vom Institut für öffentliche Bauten und Entwerfen der Universität Stuttgart (IÖB). Professor Alexander Schwarz und sein Team hatten zwölf Gäste aus den Bereichen Denkmalpflege, Architekturtheorie und -praxis geladen, die den Umgang mit dem Bestand aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten: Pablo Garrido Arnaiz (Parabase), Hermann Czech, An Fonteyne (noAarchitecten), Mona Farag (Christ & Gantenbein), Jörg Haspel, Ákos Moravánszky, Laura Muyldermans, Bie Plevoets, Luise Rellensmann, Ondrej Synek (re:architekti), Eva Stricker und Susanne Vécsey (Vécsey Schmidt Architekten). 

Begleitend zu den Vorträgen gab es eine Ausstellung im Foyer des Kollegiengebäudes I der Universität Stuttgart. © Frank Dölling

Strategien des Weiterbauens

Die Vorträge waren in drei Themenblöcke gegliedert – „Keep“, „Complete“ und „Transform“ – und wurden jeweils durch ein Podiumsgespräch vertieft. In seiner Keynote zeigte Alexander Schwarz vier Projekte von David Chipperfield Architects Berlin, die paradigmatisch für unterschiedliche Formen des Weiterbauens stehen: die Neue Nationalgalerie und das Neue Museum in Berlin, die Jacoby Studios in Paderborn sowie das Hotel „The Ned“ in Doha.

Respekt vor dem Bestand

Die Vielschichtigkeit des Themas wurde anhand der in den Vorträgen gezeigten Beispiele deutlich, denn jede Sanierung, jeder Umbau und jeder Eingriff in den Bestand wirft zahlreiche Fragen auf. Welche Elemente des Gebäudes sind überhaupt erhaltenswert und warum? Sollen vorangegangene Umbauten wieder rückgängig gemacht werden? Wie kann die Geschichte eines Gebäudes sichtbar gemacht werden und wie kann Erinnerung bewahrt werden? In seinem Vortrag erläuterte Hermann Czech sein Vorgehen beim Umbau der Wohnung von Sigmund Freud zum Museum. Als weiteres Beispiel stellte Mona Farag, Partnerin bei Christ & Gantenbein, die Sanierung des Schweizer Nationalmuseums vor, bei dem die Sprache des historischen Bestandes behutsam weitergeführt wird. 

Zum Themenblock „Keep“ diskutierten Mona Farag (Christ & Gantenbein), Pablo Garrido Anaiz (Parabase), die Moderatorin Dorothee Riedle (IÖB), der Architekt Hermann Czech und Bie Plevoets (Universität Hasselt). © Frank Dölling

Konservieren oder Weiternutzen?

Schwierig wird es auch, wenn historische Denkmäler nicht mehr vollständig erhalten sind. Soll man Ruinen stehen lassen oder zu einem harmonischen Ganzen ergänzen? In der Diskussion zwischen Denkmalpflegern und Architekten wurde die Ambivalenz zwischen dem Wunsch nach Sichtbarmachung historischer Schichten und der zeitgemäßen Nutzung von Baudenkmälern sichtbar. Mit seinem Plädoyer „Weiterstricken!“ machte der Architekturtheoretiker Ákos Moravánszky deutlich, dass er Transformation heute für absolut notwendig hält – aus kulturellen und nicht zuletzt auch aus ökologischen Gründen. Er versteht Architekten und Architektinnen als Interpreten: Sie sollen ein Gebäude nicht nur konservieren, sondern weiterdenken und zu neuem Leben erwecken. 

Zum Themenblock „Complete“ diskutierten Eva Stricker (Universität Kaiserslautern), Susanne Vécsey (Vécsey Schmidt Architekten), die Moderatorin Katerina Krupicková (IÖB), Ondrej Synek (re:architekti) und der Denkmalpfleger Jörg Haspel. © Frank Dölling 

Transformation

Leichter tut man sich mit dem Umgang von Bestandsgebäuden, die keine eingetragenen Denkmäler sind. So zeigte An Fonteyne von NoAarchitecten die Transformation einer Autofabrik in ein Kulturzentrum und der Architekt Ondrej Synek die Aufwertung eines Prager Plattenbaus – ein Bautyp, der einen bedeutenden Teil des Bestands in Tschechien ausmacht. Aber auch hier stellten die Teilnehmenden fest, dass eine neue Nutzung und die heutigen Anforderungen an Komfort und Technik den Umgang mit dem Bestand besonders schwierig machen und jede Lösung individuell auf das einzelne Projekt abgestimmt sein muss. Gefordert wurde eine Umbauordnung, die die bestehenden Regeln vereinfacht und Erneuerungen im Bestand erleichtert. 

Zu seiner Keynote diskutierte Alexander Schwarz (rechts) mit Bie Plevoets (Universität Hasselt), dem Denkmalpfleger Jörg Haspel und An Fonteyne (noAarchitecten). © Frank Dölling 

Zirkuläres Bauen

Ein weiteres Themenfeld war das Bauen mit Vorgefundenem, dem sich vor allem die jüngere Architektengeneration widmete. Pablo Garrido Anaiz etwa zeigte ein Projekt seines Büros Parabase, bei dem die Deckenelemente eines zum Abriss bestimmten Parkdecks gerettet und für die Fassade eines Wohnungsbaus eingesetzt wurden. Diskutiert wurde der große Aufwand, denn bei der Wiederverwendung muss jedes Bauteil auf seine Funktionsfähigkeit überprüft werden. Digitale Bauteilkataloge, wie sie Stadt Basel bereits anbietet, könnten das Arbeiten mit vorhandenen Bauelementen erleichtern. 

Zum Themenblock „Transformation“ diskutierten die Architektin Laura Muyldermans, Luise Rellensmann (Hochschule München), An Fonteyne (noAarchitecten), der Architekturtheoretiker Ákos Moravánszky und der Moderator Fabio Magnago (IÖB). © Frank Dölling 

Bauen bedeutet permanente Veränderung

Eine wesentliche Erkenntnis der Veranstaltung war, dass Gebäude eigentlich nie fertig oder vollendet sind – höchstens unmittelbar nach ihrer Fertigstellung. Sie altern, werden überformt, umgenutzt, repariert und ergänzt und unterliegen somit einer permanenten Veränderung. Zitat An Fonteyne: „Die Vergangenheit ist nicht statisch, sondern eine lebendige, sich wandelnde Gegenwart“. 


Veranstaltung: Symposium „Weiterbauen – Building on the Existing“ 


Veranstaltungsort: Institut für öffentliche Bauten und Entwerfen der Universität Stuttgart 

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