Urbane Ziehharmonika: Chadstone Link, Melbourne
Foto: Peter Bennetts
Wikipedia bezeichnet das Chadstone Shopping Centre im australischen Melbourne, kurz »Chaddy«, als größtes Einkaufszentrum der gesamten Südhalbkugel. Ein großer Parkplatz und ein Hotel wurden nun nachträglich mit einer überdachten Verbindung an die Ladenstraße angeschlossen. Während die eigentliche Einkaufspassage von einem tonnenförmigen Glasdach überwölbt ist, besteht der sogenannte Chadstone Link aus einer Folge von 14 vierungsartigen Portalen, die von einem halbtransparenten PTFE-Stoff überspannt werden, der Passanten vor Regen und schädlichem ultraviolettem Sonnenlicht schützt.
Diagrid-Struktur
Bewusst hat sich das britisch-australische Planungsbüro Make Architects für eine komplexe Diagrid-Struktur und natürliche Materialien entschieden. Die gesamte Konstruktion wird von diskret im Boden eingelassenen Stahlfundamenten getragen. Die Portale kreuzen den 110 m langen Wandelgang nicht senkrecht, sondern diagonal im 45-Grad-Winkel. Genau genommen besteht eine Portaleinheit aus zwei Bogenstellungen, die sich in ihren Firstpunkten kreuzen. Sie bilden dort einen gemeinsamen Hochpunkt aus, der an eine Kirchenvierung erinnert. Es gibt 14 dieser Hochpunkte, über die der Stoff gezogen ist. Im südlichen Portikusabschnitt ist er bis auf Höhe eines imaginären Kapitells der Bogenstellung herabgezogen, in der Nordhälfte spannt er hingegen zeltartig bis auf den Boden. In der Mittelachse des Wandelgangs schwingt sich das sphärisch gekrümmte Textil von einem Hochpunkt zum nächsten. Der rhythmische Wechsel der Hoch- und Tiefpunkte in der Dachlandschaft und die damit einhergehende Quergliederung des Bauwerks erinnern an eine gigantische Ziehharmonika, abgelegt in einer heterogenen Stadtlandschaft. Die Seitenflächen des Holz-Textil-Portikus sind offen, es gibt sowohl Durchgänge zu den Parkplätzen als auch große, quaderförmige Pflanztröge aus rötlich durchgefärbtem Beton. Diese separieren die überdachte Durchwegung und sind mit immergrünen Kletterpflanzen besetzt.
Brettschichtholz aus Lärche
Jedes der 14 jeweils 15 m hohen Portale besteht aus zwei sich kreuzenden Bogenstellungen. Alle setzen sich zusammen aus jeweils vier gebogenen Lärchenbrettschichthölzern. Die Elemente wurden sowohl im Scheitel- als auch im Kämpferbereich geteilt und glatt aneinandergestoßen. Mittig wurden in deren Stirnflächen Nuten gefräst, die Stahlverbindungsplatten aufnehmen. Das Holz wurde daran mit versenkten Schrauben verbolzt und so eine kraftschlüssige Verbindung hergestellt. Die in sich stabilen 14 Portalkreuze sind gegeneinander zusätzlich mit gebogenen Stahlrundstäben ausgesteift. Deren Biegung folgt im Scheitel der Hüllkurve des Stoffdaches und markiert seitlich dessen unteren Abschluss beziehungsweise dessen imaginäre Trauflinie.