DETAIL Klima-Forum II 2025
Von Hortus bis Hortitecture
v.l.n.r.: Jonathan Tuckey, Jeanette Kunsmann, Annelen Schmidt-Vollenbroich, Hinda Bouabdallah, Almut Grüntuch-Ernst, Alexander Franz © Tim Petersen/Detail
Hortus (lat. Garten) haben Herzog & de Meuron ihr radikal klimafreundliches fünfgeschossiges Bürogebäude in Allschwil bei Basel genannt. Beim Detail Klima-Forum in Düsseldorf sprach Alexander Franz von Herzog & de Meuron über den Ansatz der Architekten zusammen mit ZPF Ingenieuren, dafür sämtliche Prozesse radikal auf den Kopf zu stellen.


Alexander Franz stellt das von Herzog & de Meuron radikal nachhaltig geplante und gebaute Hortus in Allschwil bei Basel vor. © Tim Petersen/Detail
Holz-Lehm-Decken aus der Feldfabrik
Das Team setzte sich zusammen mit dem Bauherrn Senn noch vor der Planung ein halbes Jahr lang mit den ökologischen Aspekten von Materialien und Bauweisen auseinander. Daraus ging nicht zuletzt die Idee für einen reinen Holzbau mit einer Hybriddecke aus Holz und Lehm hervor. Den Planungs- und Bauprozess begleitete dann auch Martin Rauch mit seiner Lehmexpertise, Holzbauer Blumer Lehmann unterstützte das Pionierprojekt mit einem Mockup. Schließlich wurden die vorgefertigten Deckenelemente in einer Zelt-Feldfabrik mit dem Aushub der Baustelle befüllt und gestampft. Aus Beton sind beim Hortus tatsächlich nur die „Füßchen“, auf denen die Bodenplatte und die gesamte Tragkonstruktion lagern. Auf einen Keller wurde verzichtet.


Annelen Schmidt-Vollenbroich vom Düsseldorfer Büro Nidus im Vortrag „Patina und Potenzial“, © Tim Petersen/Detail
So Lowtech wie möglich
Wem der Erhalt eines scheinbar wertlosen Bestandsgebäudes ein Anliegen ist, der greift dafür auch mal zum dicken Pulli. Die Architektin und Immobilienökonomin Annelen Schmidt-Vollenbroich vom Düsseldorfer Büro Nidus bevorzugt Low-Tech Sanierungen im Bestand. Da kann es auch mal kühl sein. Ihr Herz schlägt für die 1950er- bis 1970er-Jahre, die derzeit rund 37 % des gesamten Wohngebäudebestandes ausmachen. Dafür stehen diverse Umbauprojekte in der Region, wie das Haus Bruno Lambart, die Otto Kirche und die Glasmalerei Derix.


Jonathan Tuckey vom gleichnamigen Londoner Design Studio baute eine Berliner Zigarettenfabrik zum Hotel um. © Tim Petersen/Detail
Building on the Built
Jonathan Tuckey vom gleichnamigen Londoner Design Studio hat sich auf historische Renovierungen spezialisiert. Er kombiniert geschichtsträchtige Gebäude mit feinem zeitgenössischem Design und viel Handwerk. Im Schweizerischen Andermatt hat Tuckey das Nossenhaus aus dem Jahr 1620 geöffnet und erweitert. In die Produktionshallen einer ehemaligen Berliner Zigarettenfabrik in der Warschauer Straße in Berlin wiederum integrierte Tuckey stilvolle maßgeschneiderte Appartements. Und im ländlichen England entstand das Rammed Earth House, ein komplett nachhaltiger Wohnneubau mit 440 mm dicken Lehmwänden. Wie bei Hortus stand auch hier Martin Rauch mit Rat und Tat zur Seite.


Kirsten Stopp vom Lehr- und Forschungsgebiet Bauen mit Bestand und Baukonstruktion erläuterte das BmB-Archiv der Bergischen Universität Wuppertal. © Tim Petersen/Detail
Alte Baukonstruktionen digital verfügbar
Wenn es das BmB-Archiv der Bergischen Universität Wuppertal nicht gäbe, müsste man es neu erfinden. Hier haben der Initiator Georg Giebeler und sein Team über 1600 Beiträge aus über 35 Baukonstruktions-Lehrbüchern der vergangenen beiden Jahrhunderte zusammengetragen. Beim Klimaforum erläuterte Kirsten Stopp vom Lehr- und Forschungsgebiet Bauen mit Bestand und Baukonstruktion die Hintergründe und den Nutzen des Projektes für Planende. Interessierte finden das Archiv auf der Online-Plattform Detail Inspiration. Damit wird das Konstruktionswissen der Jahre 1875 bis 1975 digital zugänglich.


Almut Grüntuch-Ernst vom gleichnamigen Büro belebte ein 1896 gebautes Gefängnis in der Berliner Kantstraße wieder. © Tim Petersen/Detail
„Hortitecture“: Architektur plus Pflanzen
Ein Umdenken in Bezug auf den Bestand und mehr Grün in Verbindung mit Architektur ist der Ansatz von Almut Grüntuch-Ernst vom gleichnamigen Büro in Berlin. An der Kantstraße belebte sie einen eigentlichen Unort, ein 1896 gebautes, bis 1985 betriebenes Strafgericht mit Gefängnis wieder. Sie brach die Räume im wahren Wortsinn auf, versah sie mit Licht und Luft und Bädern. Das Dach erhielt eine Aufstockung samt Terrasse und Pool. Die Höfe wurden „wild“ und exzessiv begrünt, was die Temperaturen an heißen Tagen um bis zu 5 Grad senkt. Ziegel, die vom Umbau übrig waren, verbinden die Bestandsgebäude und verwischen die Trennung zwischen Innen und Außen. Anders nachhaltig ist der abgetreppte Büroneubau mit einem 2000 m² großen Dachpark auf dem schmalen Grundstück des ehemaligen E-Werks in der Darwinstraße. Neben diversen Tieren, die sich hier schon heimisch fühlen, soll eines Tages auch die Öffentlichkeit das Dach nutzen können.


Hinda Bouabdallah von Oliv Architekten zum Umbau eines Verwaltungsgebäudes aus dem Jahr 2000, © Tim Petersen/Detail
Sustain it
Auf Münchens Theresienhöhe bauen Oliv Architekten ein Verwaltungsgebäude von Steidle Architekten aus dem Jahr 2001 mit 30 000 m² Bürofläche radikal um. Wo vorher ein einziger Mieter residierte, entsteht eine neue Struktur mit neuen Bürokonzepten und Gemeinschaftsflächen für 53 verschiedene Nutzer. Trotz intensiver Auseinandersetzung mit dem Bestand erlebten die Planenden die ein oder andere statische Überraschung beim Umbau. Lobend erwähnt die Architektin Hinda Bouabdallah die konstruktive Unterstützung durch den Systemanbieter Schüco beim Entwickeln einer neuen Glaswand sowie beim Fassadenumbau. Mit einem ausgeklügelten Recyclingkonzept lassen sich die alten Fensterflügel des Herstellers weitgehend wiederverwenden.
Wie Tragwerkskonstruktion aus recycelbarem Kalksandstein zur nachhaltigen Optimierung von Gebäuden beitragen, erklärte Peter Theissing von KS-Original anhand von Projektbeispielen und einer Studie des Verbandes zu den Ökobilanzen beim Bauen mit Kalksandstein und Holz.


Peter Theissing von KS-Original zum Bauen mit Kalksandstein, © Tim Petersen/Detail
Im Juni 2026 in Stuttgart
Rund 60 Gäste vor Ort und mehr als 300 digital Zugeschaltete haben am Detail Klimaforum II in Düsseldorf teilgenommen. Wir danken allen Vortragenden sowie den Sponsoren Schüco und KS Kalksandstein. Gleich vormerken: Das nächste Detail Klima-Forum findet am 11. Juni 2026 in Stuttgart statt.







