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Von zeitlos bis vergänglich: Aktuelle Bücher zum öffentlichen Raum
Learning from Oktoberfest?
»Does permanence matter?« ist der Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung im Winter 2017/18 im Architekturmuseum der TU München. Ausstellung und Buch basieren auf einem Forschungsprojekt der Harvard Graduate School of Design. Darin untersucht ein Team von Wissenschaftlern unter Rahul Mehrotra temporäre urbane Strukturen in aller Welt in ganz unterschiedlicher Ausprägung: Märkte und Militärcamps, Flüchtlings- und Bergbausiedlungen sowie urbane Infrastrukturen für religiöse und weltliche Festivitäten. Neben Kurzcharakteristiken der in der Ausstellung gezeigten Projekte versammelt das Buch ein Dutzend Essays und Interviews unter anderem von Richard Sennett, Saskia Sassen, Arjun Appadurai und Manuel Herz. Interessant wird es immer dort, wo sich die Autoren konkret mit einzelnen Orten befassen — sei es mit dem Münchener Oktoberfest, den Karneval von Rio oder den Flüchtlingscamps im Südwesten Algeriens. Besonders eindrucksvoll ist die Schilderung des Kumbh-Mela-Fests im indischen Allahabad, wo alle zwölf Jahre eine temporäre Stadt mit 19 km2 Fläche errichtet und von bis zu 30 Millionen Menschen pro Tag besucht wird. Auf die Frage, was regulärer Städtebau von solchen temporären Strukturen lernen könnte, geben die Beiträge freilich keine Antwort. Das Buch verdeutlicht, dass eher der temporäre Städtebau seine Prozesse und Strategien weiter perfektionieren muss, um zu nachhaltigen Ergebnissen zu gelangen. Nachhaltig nicht im Sinne von langlebig – wenngleich auch Provisorien dauerhaften Charakter annehmen können –, sondern im Sinne von sozialer, ökologischer und ökonomischer Tragfähigkeit.
Analoger Werkzeugkasten für die Stadtraumanalyse
Wer sich wann wo in der Stadt aufhält und was er dabei tut, kann ein wichtiger Indikator für die Aufenthaltsqualität urbaner Räume sein. In »Leben in Städten« erläutern Jan Gehl und Birgitte Svarre eine Reihe von Methoden, mit denen sich das Verhalten von Menschen in der Stadt beobachten, quantifizieren und kartieren lässt. Auf Dänisch und Englisch (Titel: How to Study Public Space) ist das Buch bereits 2013 erschienen. Nun ist es auf Initiative der Universität für angewandte Kunst Wien auch in deutscher Fassung erhältlich.
Die meisten der im Buch vorgestellten Methoden hat Gehl mit seinem eignen Büro in den letzten 50 Jahren entwickelt und erprobt. Breiten Raum in dem Band nimmt darüber hinaus ein historischer Abriss über die Geschichte des urbanen Raums seit Camillo Sitte ein. Aber auch die methodischen Kapitel haben eher retrospektiven Charakter, zumal sie oft Bezug nehmen auf Jahrzehnte alte Studien Gehls. Mag sein, dass grundlegende Techniken des Zählens und Beobachtens von Menschen auch heute noch relevant sind. Man wünscht sich jedoch eine stärkere Bezugnahme auch auf moderne Methoden wie die automatische Bildauswertung oder darauf, wie sich die Aktivität von Mobiltelefonen im Straßenraum erfassen lässt. Die Frage, wie man von der Analyse zu einer besseren Gestaltung des öffentlichen Raums gelangt, beantworten die Autoren ebenfalls nur punktuell. Überdies leidet die deutsche Ausgabe unter einer sehr mäßigen Übersetzungs- und Lektoratsqualität, die die Lektüre zu einer ausgesprochen zähen Angelegenheit macht.
Weitere Informationen:
»Does permanence matter?« ist der Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung im Winter 2017/18 im Architekturmuseum der TU München. Ausstellung und Buch basieren auf einem Forschungsprojekt der Harvard Graduate School of Design. Darin untersucht ein Team von Wissenschaftlern unter Rahul Mehrotra temporäre urbane Strukturen in aller Welt in ganz unterschiedlicher Ausprägung: Märkte und Militärcamps, Flüchtlings- und Bergbausiedlungen sowie urbane Infrastrukturen für religiöse und weltliche Festivitäten. Neben Kurzcharakteristiken der in der Ausstellung gezeigten Projekte versammelt das Buch ein Dutzend Essays und Interviews unter anderem von Richard Sennett, Saskia Sassen, Arjun Appadurai und Manuel Herz. Interessant wird es immer dort, wo sich die Autoren konkret mit einzelnen Orten befassen — sei es mit dem Münchener Oktoberfest, den Karneval von Rio oder den Flüchtlingscamps im Südwesten Algeriens. Besonders eindrucksvoll ist die Schilderung des Kumbh-Mela-Fests im indischen Allahabad, wo alle zwölf Jahre eine temporäre Stadt mit 19 km2 Fläche errichtet und von bis zu 30 Millionen Menschen pro Tag besucht wird. Auf die Frage, was regulärer Städtebau von solchen temporären Strukturen lernen könnte, geben die Beiträge freilich keine Antwort. Das Buch verdeutlicht, dass eher der temporäre Städtebau seine Prozesse und Strategien weiter perfektionieren muss, um zu nachhaltigen Ergebnissen zu gelangen. Nachhaltig nicht im Sinne von langlebig – wenngleich auch Provisorien dauerhaften Charakter annehmen können –, sondern im Sinne von sozialer, ökologischer und ökonomischer Tragfähigkeit.
Analoger Werkzeugkasten für die Stadtraumanalyse
Wer sich wann wo in der Stadt aufhält und was er dabei tut, kann ein wichtiger Indikator für die Aufenthaltsqualität urbaner Räume sein. In »Leben in Städten« erläutern Jan Gehl und Birgitte Svarre eine Reihe von Methoden, mit denen sich das Verhalten von Menschen in der Stadt beobachten, quantifizieren und kartieren lässt. Auf Dänisch und Englisch (Titel: How to Study Public Space) ist das Buch bereits 2013 erschienen. Nun ist es auf Initiative der Universität für angewandte Kunst Wien auch in deutscher Fassung erhältlich.
Die meisten der im Buch vorgestellten Methoden hat Gehl mit seinem eignen Büro in den letzten 50 Jahren entwickelt und erprobt. Breiten Raum in dem Band nimmt darüber hinaus ein historischer Abriss über die Geschichte des urbanen Raums seit Camillo Sitte ein. Aber auch die methodischen Kapitel haben eher retrospektiven Charakter, zumal sie oft Bezug nehmen auf Jahrzehnte alte Studien Gehls. Mag sein, dass grundlegende Techniken des Zählens und Beobachtens von Menschen auch heute noch relevant sind. Man wünscht sich jedoch eine stärkere Bezugnahme auch auf moderne Methoden wie die automatische Bildauswertung oder darauf, wie sich die Aktivität von Mobiltelefonen im Straßenraum erfassen lässt. Die Frage, wie man von der Analyse zu einer besseren Gestaltung des öffentlichen Raums gelangt, beantworten die Autoren ebenfalls nur punktuell. Überdies leidet die deutsche Ausgabe unter einer sehr mäßigen Übersetzungs- und Lektoratsqualität, die die Lektüre zu einer ausgesprochen zähen Angelegenheit macht.
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