Neubau voller Erinnerungen
Zierhof in Südtirol von Naemas Architekturkonzepte
Die beiden Häuser liegen diagonal gestaffelt am Hang. Unterirdisch sind sie durch eine Tiefgarage miteinander verbunden. © Gustav Willeit
Der kleine Ort Pflersch liegt wenige Kilometer südlich des Brennerpasses in Südtirol. Wer mit der Bahn nach Italien fährt und kurz nach dem ersten Tunnel den Blick bergan wendet, erkennt dort einen zweiteiligen Neubau mit traditioneller Ornamentik, aber unverkennbar zeitgenössischen Zügen. Seit über 200 Jahren hatte die Bauherrenfamilie in Pflersch einen Bauernhof besessen, der 2018 abbrannte. Nach dem traumatischen Erlebnis suchte sie zunächst woanders nach Grundstücken, entschied sich dann aber doch für einen Bauplatz nur 50 m weiter oben am Hang.
Die großen Fensteröffnungen sind auf bevorzugte Blickpunkte ausgerichtet – hier auf einen alten Apfelbaum. © Gustav Willeit
Zwei Häuser für zwei Generationen
Die Bauherrinnen wünschten sich kein klassisches Mehrgenerationenhaus, sondern zwei getrennte und doch zusammengehörige Baukörper. Die Besonnung und Aussicht, aber auch die Lawinengefährdung legten es nahe, diese diagonal gestaffelt am Hang zu platzieren.
Beide Häuser sind unterirdisch miteinander verbunden und von der Talseite aus über eine Tiefgarage erreichbar. Die auf der Hangseite gelegenen Bäder werden teils über mehrere Geschosse durch Oberlichter belichtet. Wegen der besseren Aussicht kehrten die Architekten die übliche Geschossanordnung um: Die Wohnräume liegen nun ganz oben und die Schlafzimmer eine Etage tiefer.
Die Ornamentik der Lärchenholzfassaden ist dem abgebrannten Bauernhof entlehnt. © Gustav Willeit
Ornamentierte Lärchenholzfassaden
Ein weiteres Anliegen hatten die Auftraggeberinnen: Die Häuser sollten eine zeitgenössische Formensprache mit Reminiszenzen an das zuvor Dagewesene verknüpfen. Die Architekten gaben ihnen symmetrische Satteldächer ohne Überstand und Fassaden aus dunkel lasiertem Lärchenholz mit einer Ornamentik, die den Balkonbrüstungen des abgebrannten Erbhofs entlehnt ist. Die Loggien sind als helle Nischen aus naturbelassener Lärche von der dunklen Holzhülle abgesetzt.
Das obere Haus überrascht mit viel Sichtbeton und Farbakzenten in Rosé und Pflaumenblau. © Gustav Willeit
Sichtbeton und Farbakzente
Trotz ihrer Ähnlichkeit unterscheiden sich die Häuser im Inneren deutlich. Angesichts des Branderlebnisses bevorzugten die Bauherrinnen einen Massivbau. Die Mutter, Schriftstellerin und Universitätsprofessorin, wünschte sich für ihre Wohnräume einen urbanen Ausdruck. So überrascht das Innere des oberen Hauses mit viel Sichtbeton, ergänzt durch Farbakzente in Grün und Rosé. Fugenlose Terrazzo- und Kunstharzböden reduzieren den Reinigungsaufwand.
Lärchenholz und eine traditionellere Ornamentik kennzeichnen die Wohnräume des unteren Hauses. © Gustav Willeit
Reminiszenzen an den alten Bauernhof
Die Tochter hingegen ist viel in der Welt unterwegs und wünschte sich eine traditionellere Ausstattung mit mehr Heimatverbundenheit. Im unteren Haus kombinierten die Architekten daher Lärchenholzböden und -möbel mit Leinenvorhängen und farbigen Fliesenbelägen. An vielen Stellen finden sich Reste des alten Erbhofs in den Interieurs – hier eine verzierte Truhe, da ein alter Bauerntisch und dort eine bemalte Schranktür.
Architektur: Naemas Architekturkonzepte
Bauherr: privat
Standort: (IT)
Tragwerksplanung: Günther Zöggeler
ELektro- und Lichtplanung: Leitner Electro
HKLS-Planung: Ruedi Ohg
Bauunternehmen: Oberegger
Holzbau: Holzbau Brugger
Grundstücksfläche: 9230m²
Gebäudegrundfläche: 242,45m²
Bruttogeschossfläche: 627m²
Nettofläche Wohnen: 263m²