13.05.2015 Nina Mueller

Forschen, entwickeln, wagen – Pritzker-Preis für Frei Otto

Die diesjährige Auszeichnung des Pritzker-Preises geht posthum an den deutschen Architekten und Forscher Frei Otto, der mit seinem Lebenswerk wegweisend für die Architektur nach 1945 war und auch heute noch ist.

Frei Otto, Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

Frei Otto gilt als der Pionier der Leichtbauweise, der mit seinem Denken, seinen Forschungen und Entwicklungen, bahnbrechende Wirkung auf die Architektur nach dem zweiten Weltkrieg hatte und bis heute noch von großer Bedeutung ist.

Die Suche nach leichten und natürlichen Konstruktionen stand ebenso im Zentrum seiner Arbeit wie das Erforschen von Formfindungs- und Selbstbildungsprozessen, um eine leichte, mobile und anpassungsfähige Architektur zu schaffen. Stets war es sein Anliegen die Natur zu verstehen und mit dem zu bauen was elementar vorhanden ist: Erde, Wasser, Luft. Seine weltweit anerkannten, aufgegriffenen und fortgeführten Ideen, basieren auf der Entwicklung von Membranen, Seilnetzen, wandelbaren Dächern, Schirmen, Bögen, Gitterschalen, Pneus und Verzweigungen.

Bundesgartenschau Köln, 1957, Tanzbrunnen (mit Edwald Bubner, Siegfried Lohs, Diether R. Frank), Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

„Man muss mehr denken, mehr forschen, entwickeln, erfinden und wagen...“ Dieses Zitat aus einem Vortrag von Frei Otto in den 1980er-Jahren beschreibt die Grundgedanken der Philosophie dieses außergewöhnliche Architekten und Forschers: 1958 gründetet er die „Entwicklungsstätte für den Leichtbau“, seinem privaten Forschungsinstitut in Berlin, bald darauf dann das „Institut für leichte Flächentragwerke“ in Stuttgart. Stets waren namhafte Kollegen wie Rolf Gutbrod, Fritz Leonhardt, Jörg Schlaich, Ove Arup und Ted Happold an seinen Projekten beteiligt.

Messmodell, Olympiadächer München, 1972 (mit Behnisch & Partner, Leonhardt und Andrä), Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

Olympiastadion, Olympiadächer München, 1972 (mit Behnisch & Partner, Leonhardt und Andrä), Foto: Cornelia Hellstern

Blick vom Olympiaberg auf die Arena, Olympiadächer München, 1972 (mit Behnisch & Partner, Leonhardt und Andrä), Foto: Cornelia Hellstern

Frei Otto selbst spricht von „vielen Luftschlössern und wenigen realen Gebäuden“ die er „geschaffen“ hat und trotzdem sind es nicht zuletzt Bauten wie die Olympiadächer in München, die Multihalle in Mannheim und der Deutsche Pavillon auf der Weltausstellung in Montreal, die wir stets vor Augen haben und mit ihm verbinden.

Hängemodell, Dach der Multihalle, Mannheim, 1975 (mit Carlfried Mutschler, Joachim Langner), Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

Innenseite der Dachhaut, Dach der Multihalle, Mannheim, 1975 (mit Carlfried Mutschler, Joachim Langner), Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

Luftaufnahme, Dach der Multihalle, Mannheim, 1975, Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

Seifenhautmodell, Deutscher Pavillon in Montreal, 1967 (mit Rolf Gutbrod, Fritz Leonhardt), Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

Messmodell zur Ermittlung der Seilkräfte im Netz, Deutscher Pavillon in Montreal, 1967 (mit Rolf Gutbrod, Fritz Leonhardt), Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

Deutscher Pavillon in Montreal, 1967 (mit Rolf Gutbrod, Fritz Leonhardt), Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

Für seine herausragenden Leistungen wurde er bereits mit der „Royal Gold Medal“ des Royal Institute of British Architects (RIBA) und dem „Praemium Imperiale“ ausgezeichnet. Dieses Jahr wird ihm nun posthum der Pritzer-Preis verliehen. Aufgrund seines Todes kann Frei Otto den Preis leider nicht selbst entgegen nehmen, er hat jedoch noch von der Auszeichnung erfahren. Nie zuvor in der Geschichte wurde die Bronzene Medaille an eine verstorbene Person verliehen. Frei Otto ging es jedoch nicht darum Preise zu gewinnen, sondern für die Menschen zu bauen.

Talent, Visionen und hervorragende Leistungen sind die Eigenschaften, die als Kriterien für die Auszeichnung mit dem Pritzker-Preis stehen und die einen beständigen und bedeutenden Beitrag für die Menschheit und die gebaute Architektur charakterisieren. Repräsentativ hierfür wurden deshalb in den vergangen Jahren unter anderem Shigeru Ban, Toyo Ito, Wang Shu, Souto de Moura, Peter Zumthor, Zaha Hadid und Philip Johnson mit dem weltweit anerkannten Preis ausgezeichnet.

Tragwerk aus Papprollen wird mit einer Papiermembran als Dachhaut verkleidet, Japanischer Pavillon, Expo Hannover, 2000 (mit Shigeru Ban), Foto: Atelier Frei Otto Warmbronn

Innenraum/Gitterschale, Japanischer Pavillon, Expo Hannover, 2000 (mit Shigeru Ban), Foto: Buro Happold

Das als Würdigung zu seinem 90. Geburtstag angedachte Buch „Frei Otto – forschen, bauen, inspirieren“, das kürzlich in der Edition DETAIL erschienen ist, gibt einen Einblick in Frei Ottos Werk und stellt unter Anderem seine realisierten Arbeiten vor. Ergänzt durch ausgewählte Projekte verschiedener Architekten und Ingenieure wird deutlich, welche Impulse und Anregungen Frei Otto gegeben hat.
Im Video: Frei Otto im Februar 2015 anlässlich der Nachricht, dass er den Pritzker-Preis erhält.
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