29.09.2008 Peter Popp

Rem Koolhaas - A kind of architect

Es gibt viele Gründe diesen Film zu mögen. Er analysiert präzise, schafft assoziative Verknüpfungen und spielt mit dem Experimentellen. Den beiden Autoren gelingt es Koolhaas’ vernetzte Gedankenwelt in ein puzzleartiges Bildergewebe zu übersetzen ohne in motivische Beliebigkeit zu­ verfallen. Den zahlreichen Einflüssen im Koolhaas’schen Kos­mos gewinnen sie eine jederzeit verständliche und klare Struktur ab:

Einflüsse


»In Wirklichkeit ist Koolhaas, wie wir alle, getragen durch ein Gewebe von Möglichkeiten, durch ein Netzwerk, in dem er die eine oder andere Kombination selber strickt.«

Krieg, Umzug nach Indonesien, Rückkeh­r in eine langweilige durchorganisierte Niederlande des Wiederaufba­us – visuelle Kontraste hinterlassen erste prägende Eindrücke. Es folgen erste Experimente in den Bereichen Journalismus, Kunst und Film. Während seines Studiums dokumentiert er die Berliner Mauer und gewinnt dabei die Erkenntnis, dass Gewalt ein zwangsläufiger Bestandteil von Architektur ist, denn jede gebaute Form grenzt entweder ein oder aus.

OMA/AMO


»Er hat eine Situation geschaffen, in ­der Inspiration von überall kommen kann. Er erschafft den Raum, in dem andere inspiriert werden«

Koolhaas ist ein hervorragender Analytiker, der es versteht verschiedenste Ideen zu kanalisieren, im Team zu bündeln und in einen programmatisch fundierten Entwurfsprozess einzuspeisen.

Casa da Música

»Die Menschen sind heute nicht bereit, sich einzugestehen, dass Architektur oft unbewusst ist.«
Im Dialog mit dem innovativen Tragwerksplaner Cecil Balmond thematisiert Koolhaas in Porto den irrationalen Aspekt von Architektur. Dort wo es am einfachsten gewesen wäre, Wände einfach bis zur Decke zu führen, übernehmen schlanke Pfeiler deren statische Funktion. Nach außen monolithisch, gewinnt der Konzertsaal durch diese Maßnahme eine innere Fragilität, die zu tun hat mit Koolhaas’ »moralischem Widerstand gegen die Architektur und gegen die Tatsache Dinge trotz Aufwand und Problemen zu schaffen.« ­

Die Koolhaas-Formel


»Inn­en ganz Raum. Außen ganz Form.«

Die nie endende Faszination für Mies van der Rohe, der jede architektonische Fragestellung mit einer Box aus Glas, Stahl und rechten Winkeln beantwortet, sowie die fließenden Raumkontinuen eines Frank Lloyd Wright beeinflussen Koolhaas maßgeblich. Deren hermetische Stringenz konterkariert er mit dem Moment der Irritation.  Unvermittelte Ausblicke, dramatische Einschnitte, billige/teuere Settings - die inszenierten Brüche folgen letztlich einer inneren Logik des »Suspense«: die Diskrepanz zwischen Hülle und Inhalt als Ausdruck filmischen Denkens.

CCTV
»What makes a landmark?«
Mit dem Auftrag für das chinesische Staatsfernsehen verlassen OMA/AMO die Horizontale. CCTV ist jedoch kein Wolkenkratzer. Der gigantische »Loop« steht vielmehr für einen durchaus gebrochenen und selbstreflexiven Umgang mit Symbolik im städtebaulichen Kontext. Das ursprünglich für das Fernsehen produzierte Portrait weist glücklicherweise keinerlei Ähnlichkeiten mit gängigen »Doku«-Formaten auf. Markus Heidingsfelder und Min Tesch vermeiden es die Koolhaas’sche Gedankenwelt auf einen allgemein verständlichen Nenner herunterbrechen zu wollen. Das Resultat ist jedoch kein dröges Kopf-Kino sondern eine durchaus humorvolle Annäherung an einen nach vielen Seiten offenen Architekturdenker.

Ein Filmessay von Markus Heidingsfelder und Min Tesch absolut medien GmbH, Berlin 2007, 97 Min., dt., engl. mit Untertiteln, € 17,90

Link:www.absolutmedien.de

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