16.11.2009 Marion Dondelinger

Bauen nach Hendrix

Der Wiener Wolf D. Prix von Coop Himmelb(l)au stellte gestern in München den endgültigen Entwurf für den „Pavillon 21 Mini Opera Space“ vor. Für Prix ist das temporäre Musiktheater der Bayerischen Staatsoper eines seiner kleinsten, aber auch spannendsten Projekte.

Der an die stachelige Durian-Frucht erinnernde Vorentwurf für den Pavillon, den Wolf D. Prix bei der Eröffnung der diesjährigen Opernfestsiele vorgestellt hatte, war wegen seines abweisenden Äußeren auf nicht wenig Kritik gestoßen. Der überarbeitete Entwurf, der gestern in einer Pressekonferenz präsentiert wurde, zeigt klarere Linien. Doch noch immer ist die Form des Baukörpers – ein längliches Volumen mit schräg stehenden Wänden, das an der Schauseite in asymmetrische Stacheln mündet – nicht einfach zu erfassen.

Visualisierung: ISOCHROM.com, Vienna

Das Musiktheater kann bis zu 300 Personen aufnehmen und bietet einen vielfach bespielbaren Raum. Die Außenfassade ist mit teilweise perforierten Aluminiumblechen verkleidet, im Inneren sorgt eine Kombination aus perforierten und absorbierenden Sandwichpaneelen und pyramidenförmigen klangstreuenden Elementen an Innenwand- und Deckenflächen für optimale akustische Bedingungen. Alle Flächen sind geneigt oder verdreht, um die Reflexion von Schall durch parallel gestellte Wand- und Deckenflächen zu vermeiden.

Die Akustik – und im weiteren Sinne der Schall – sind bei der Formfindung in diesem Projekt Coop Himmelb(l)aus ausschlaggebend. Die Planer, bekannt für unkonventionellen Entwurfsmethoden, sehen den Pavillon als „Transformator“, der die Wahrnehmung von Musik sowohl im Innen- als auch im Außenraum beeinflusst. Der Baukörper soll eine „Soundscape“ genannte Geräuschkulisse erzeugen, die den vorhandenen Lärm auf dem zentralen Marstallplatz im Münchner Stadtzentrum reduziert. Bewusst sollen Passanten und Besucher erleben, dass sich der „Soundscape“ neben dem Pavillon zu einem nahezu geräuschlosen Bereiche entwickelt, der als beruhigte, fast stille Umgebung wahrgenommen wird. Um diese „Soundscape“ zu schaffen, nutzen Coop Himmelb(l)au den Abschirmungseffekt vom Platz zur Straße und formten die Geometrie des Pavillons so aus, dass seine Oberflächen Lärm sammeln oder ablenken. Zudem wählten sie für Pavillon und Podest Materialien, die Schall absorbieren beziehungsweise reflektieren.

Als zusätzlicher Parameter für die Formgebung nutzten Coop Himmelb(l)au neben den akustischen Simulationsberechnungen eine „räumliche Materialisierung von Musik“: Die konkrete Ausbildung der „Stacheln“ erfolgte über die Transkription einer Sequenz des Jimi Hendrix-Songs „Purple Haze“. Durch Analyse eines Frequenzausschnittes aus dem Song und Verknüpfung mit dem computergenerierten 3D-Modell wurde das Volumen mit Hilfe von „Scripting“ parametrisch in pyramidenförmige Gebäudeteile transformiert.

Das temporäre Musiktheater auf dem Marstallplatz im Münchner Stadtzentrum soll pünktlich zu den Opernfestspielen 2010 eröffnet werden. Ob der modular gebauten Pavillon, der zerlegt komplett in einen Seecontainer passt, danach auf Tournee gehen wird, ist leider noch nicht bekannt.

Visualisierung: ISOCHROM.com, Vienna

Projektdaten

Planung:
Coop Himmelb(l)au, Wolf D. Prix / W. Dreibholz & Partner ZT GmbH
Auftraggeber: Freistaat Bayern vertreten durch Bayerische Staatsoper München, Deutschland
Generalunternehmer: Frener & Reifer Metallbau GmbH, Augsburg, Deutschland
Akustik:: Arup, London, UK
Baukosten; 2,1 Millionen € netto (exkl. Mwst.)
Grundstücksfläche: 1.790 m²
Nettonutzfläche: 430 m²
Bruttogeschossfläche: 560 m²
Volumen: 4.350 m³
Gebäudehöhe;: 12,5 m
Gebäudelänge:: 38,5 m
Gebäudebreite: : 25,5 m
Planungsbeginn: Oktober 2009
Baubeginn: April 2010
Fertigstellung: Mai 2010
Eröffnung: Juni 2010
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