Camouflage-Optik: Pädagogisches Zentrum in Norditalien

Das neue Gebäude von act_romegialli imponiert durch eine außergewöhnliche Bearbeitung der Betonoberfläche. Die vom Künstler Velasco Vitali entwickelte Faltenstruktur legt sich wie eine Haut aus zerknittertem Metall über die schottenartigen Trennwände. Nach einem altbewährten Prinzip nehmen diese eng gestellten, an den Raumkanten positionierten Scheiben die Lasten der Dachkonstruktion auf und garantieren so stützenfreie Innenräume und größtmögliche Flexibilität. Architekten: act_romegialli, Luca Volpatti, in Zusammenarbeit mit Daniele Vanotti
Künstler: Velasco Vitali
Standort: I–Cosio Valtellino, Provinz Sondrio

Foto: Marcello Mariana

Cosio Valtellino ist eine Gemeinde mit knapp 6000 Einwohnern im äußersten Norden der Lombardei. Am Ortsrand bildet das neue Pädagogische Zentrum einen harmonischen Übergang zu den landwirtschaftlich genutzten Flächen der Umgebung.

Foto: Marcello Mariana

Der Bauherr formulierte folgende Ziele: Neben einem Sekretariat, Klassenzimmern und Computerräumen sollte das neue Gebäude auch eine kleine Werkstatt, eine große Küche und eine Mehrzweckhalle für die unterschiedlichsten Aktivitäten beinhalten. Eine möglichst einfache Konstruktion sollte flexible, weite und offene Räume ermöglichen. Darüber hinaus hatten die Architekten den Anspruch, eine einladende, lichtdurchflutete Atmosphäre zu schaffen und die Baukosten durch Modularisierung möglichst niedrig zu halten.

Fotos: Marcello Mariana

Diese Herausforderungen konnten durch eine einfache Tragstruktur umgesetzt werden. Die Architekten verbinden drei gleich große Pavillons zu einem Komplex. Auf einem Raster von 1,20 Metern werden schottenartige Trennwände aufgestellt, die über horizontale Betonplatten die Lasten der Dachkonstruktion übernehmen. An den Rändern angeordnet, garantieren sie stützenfreie Innenräume von 13 Metern Länge und gewährleisten so größtmögliche Nutzungsflexibilität. Das industrielle Vorfabrizieren der Betonbauteile erhöht die Baugeschwindigkeit.

Grundriss Erdgeschoss, Grafik: act_romegialli

Grundriss Trägerstruktur, Grafik: act_romegialli

Vorfabrikation der Betontrennscheibe, Foto: Marcello Mariana

Die Einfachheit der Struktur erinnert an das alt bewährte architektonische Element des Triliths: Zwei vertikale Pfeiler werden dabei über einen horizontalen Träger, den sogenannten Architrav, miteinander verbunden und steifen sich gegenseitig aus. Sie müssen nicht zwingend mit anderen Bauteilen verzahnt werden – ein System, das Stonehenge bereits seit der Steinzeit überleben lässt.

Vorbild Stonehenge, Grafik: act_romegialli

Umsetzung des Triliths, Grafik: act_romegialli

Detailschnitte Tragstruktur, Grafik: act_romegialli

Die vertikalen Trennwände erfüllen aber nicht nur eine statische Funktion, sondern bieten aufgrund ihrer Tiefe Sonnenschutz für die dahinterliegenden Räume und gliedern als Rahmenelement die breiten, raumhohen Fensterflächen.

Foto: Marcello Mariana

Um den Betonscheiben einen besonderen Ausdruck zu verleihen, beauftragten die Architekten ihren Freund und Künstler Velasco Vitali. Er beeindruckt mit der Idee, den Beton beim Gießen mit Silikonmatrizen zu belegen. Dadurch entsteht eine mit Falten überzogene Oberfläche. Von weiter weg betrachtet entsteht der Eindruck von zerknittertem Metall. Erst beim zweiten unmittelbareren Blick wird das Rätsel um die Materialität gelöst: Beton mit der Optik von Metall – eine neue Kreation.

Detailansicht, Foto: Marcello Mariana

Eingang bei Nacht, Foto: Marcello Mariana

Die wenigen Materialien sind sehr bewusst und sorgfältig gewählt: Beton und Holz harmonieren wunderbar zusammen und stehen in engem Zusammenhang mit der umgebenden Landschaft. Lärchenholz für Böden, Türen, Fensterrahmen und Einbauten im Inneren bringt Wärme in die Innenräume. Die Decken sind mit Holzwolle-Zement-Platten verkleidet. Sie dienen der Schallschutzisolierung und verbergen die Elektrotechnik des Gebäudes.

Sitznische aus Lärchenholz im Innenraum, Foto: Marcello Mariana

Sitznische aus Lärchenholz im Außenbereich, Foto: Marcello Mariana

Fotos: Marcello Mariana

Das Pädagogische Zentrum überzeugt mit seiner Einfachheit in der Konstruktion und der schlichten Materialpalette, beweist zudem Raffinesse in der Ausarbeitung der Details.

Foto: Marcello Mariana

Bauherr: privat
Zusammenarbeit: Arch. Daniele Vanotti
Künstler: Velasco Vitali
Konstruktion: Gruppo Zecca Prefabbricati, Studio Bertolini
Bauleitung: Studio Martinalli
Bauzeit: 2012-2013 Weitere Projekte zum Thema »Bauen mit Beton« finden Sie in unserer Ausgabe
DETAIL 2014/6
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