20.11.2013

DETAIL Preis 2009

Der DETAIL Preis, der im Jahr 2009 zum dritten Mal vergeben wurde, stand erneut unter dem Motto „Ästhetik und Konstruktion“. 2009 war er mit insgesamt 29.000 Euro dotiert und wurde im Rahmen einer feierlichen Gala verliehen. Partner war wieder die Messe München beziehungsweise die BAU 2009. Prämiert wurden realisierte Bauwerke, die sich in besonderem Maße durch gut gestaltete, zukunftsorientierte und technisch innovative Details innerhalb eines herausragenden Gesamtentwurfs auszeichnen. Durch neue Kategorien wurde verstärkt Wert auf branchenübergreifende Zusammenhänge gelegt: Sonderpreise gab es im Bereich Holz, Glas, Akustik, Stahl sowie für den „ArchitekturXport“. Erstmals wurde ein DETAIL Industriepreis vergeben. Ebenfalls zum ersten Mal verliehen wurde der Ehrenpreis, den der Pritzkerpreisträger von 1997, der norwegische Architekt Sverre Fehn, erhielt.

Folgende Projekte wurden ausgezeichnet:

M-11 Memorial von FAM

DETAIL Hauptpreis 2009 FAM architectura y urbanismo aus Madrid gemeinsam mit Schlaich Bergermann & Partner aus Stuttgart für das M-11 Memorial im Zentrum Madrids Das Denkmal erinnert an die Opfer des Terroranschlags am 11. März 2004. Die eigentliche Gedenkstätte befindet sich unterirdisch und wird bei Tageslicht über eine massive, elliptische Glaskonstruktion belichtet, die überirdisch als Denkmal wahrgenommen wird. Nachts ist der Glaszylinder erleuchtet und dominiert die Umgebung. Der Laudator und DETAIL-Chefredakteur Christian Schittich zitierte aus dem Urteil der Jury, die den innovativen Anspruch der Arbeit und die konsequente Ausführung des Projekts lobte. Dies führe zu einer Neuinterpretation des Themas Mahnmal als auch zu einer neuartigen konstruktiven Detailausbildung.

M-11 Memorial von FAM

Sonderpreis Holz In der Kategorie „Holz“ prämierte die Jury das Berliner Projekt E2 von Kaden + Klingbeil Architekten. Das Wohnhaus in Berlin ist die erste 7-geschossige reine Holzkonstruktion in einem großstädtischen Zentrum Europas. Die Wahl des Baustoffs Holz war ausdrücklicher Wunsch der Bauherren. Gelobt wurde der gestalterisch hohe Anspruch, der sich durch große Fassadentransparenz und eine hohe Grundrissvariabilität im Inneren auszeichne.
Sonderpreis Glas Den DETAIL Preis im Bereich „Glas“ konnte das Wochenendhaus „Ring House“ im japanischen Nagano für sich entscheiden. Die eigens angereisten Architekten von TNA, Makoto Takei und Chie Nabeshima aus Tokio nahmen den Preis dafür entgegen. Prägende Entwurfsidee des Wohnturms sei, laut Juryurteil, das Thema Transparenz. Die Jury lobte besonders den wirkungsvollen Einsatz des Materials Glas, der Gebäude und Grundstück zu einem magischen Ort werden ließe.
Der DETAIL Preis 2009 wurde unterstützt von:

Partner DETAIL Preis 2009

Sponsoren DETAIL Preis 2009

Ideelle Partner DETAIL Preis 2009

Sonderpreis Akustik Das beste eingereichte Projekt in der Kategorie „Akustik“ stammt in diesem Jahr vom Rotterdamer Atelier Kempe Thill. Es handelt sich dabei um das Franz Liszt Konzerthaus in Raiding, Österreich. Die Jury sah den Rückgriff auf die altbewährte Form der akustischen Box und die Schaffung guter Grundlagen für Schall und Klang allein durch architektonische Mittel als konsequent umgesetzt an.
Sonderpreis ArchitekturXport Den Sonderpreis „ArchitekturXport“ sicherten sich die Kölner Architekten von FAR frohn&rojas mit dem Wohnhaus „Wall House“ in Santiago de Chile. Das Projekt überzeugte die Jurymitglieder durch die innovative Interpretation des Themas Wohnhaus und sei ein gelungener Grenzgang zwischen massivem Gebäude und Zeltarchitektur. Es wirke mobil wie ein Nomadenzelt, sei dennoch fest verankert und stelle damit einen eigenen Typus dar.
Sonderpreis Studenten Das Projekt Solar Decathlon“ der TU Darmstadt erhielt den Sonderpreis „Studenten“. Der Prototyp für ein rein über Solarenergie betriebenes Wohnhaus entstand im Zuge des „Solar Decathlon“ Hochschulwettbewerbs und ging dort bereits als Gesamtsieger hervor. Die Studenten Simon Schetter und Hannes Guddat mit der Entwurfsgruppe der TU Darmstadt entwickelten das Haus, das durch die Konsequenz mit der das nachhaltige Konzept des Gebäudes geplant und realisiert wurde, die Jury überzeugte.
DETAIL Industriepreis Der erstmalig verliehene DETAIL Industriepreis richtete sich an Hersteller und Entwickler von innovativen Bauprodukten und technischen Lösungen, sowie an Architekten und Ingenieure, die diese Produkte verwendet haben. Eingebunden in das Gesamtkonzept eines Referenzobjektes sollte gezeigt werden, welche prägende Rolle das innovative Produkt für den gelungenen Gesamtentwurf spielt. Gewinnen konnte hier das Produkt „Mediamesh“, das von Ag4 media facade und GKD Gebrüder Kufferath entwickelt wurde. Bei dem Produkt handelt es sich um ein Edelstahlgewebe mit integrierten LEDs zur Medialisierung von Fassaden bei Tag und Nacht. Um das Baugerüst gegenüber des Doms in Mailand zu verhüllen entstand dort die größte Medienfassade Europas.
DETAIL Ehrenpreis für Sverre Fehn Laudatio von Christian Marquardt:

Der 84-jährige Norweger Sverre Fehn war einer der profiliertesten skandinavischen Architekten der Gegenwart. Bis ins hohe Alter war er beruflich aktiv. Erst im Frühjahr 2008 wurde Fehns letztes Werk fertiggestellt, das norwegische Architekturmuseum in Oslo. Beheimatet in einem historischen Gebäudekomplex, der sorgfältig restauriert wurde, ergänzten Fehn und seine Mitarbeiter die klassizistischen Altbauten mit einem charmanten gläsernen Pavillon. Man hat seine Architektur vielfach »poetisch« genannt; und wie es nicht genügt, ein Gesicht stumm zu lesen, so muss man Fehns Bauten erleben, um das Gefühl ­spontaner Vertrautheit und großer Selbst­verständlichkeit nachvollziehen zu können. Die meisten von ihnen stehen verstreut in Norwegen. Sverre Fehn hat viel geplant, aber die Zahl der realisierten Projekte ist überschaubar: Berühmt wurden seine kompakten Villen und seine Ausstellungs- bzw. Museumsbauten.

Sverre Fehns Architektur überzeugt durch die Präzision, mit der alles zur gestalteten Form, zu einem Ganzen findet: Konstruktion wird Architektur, die spezielle Dramaturgie des nordischen Lichts inszeniert den gebauten Raum, Natur und Architektur schließlich ergänzen sich wechselseitig zu einem beeindruckenden Bild. An Fehns Œuvre lässt sich ablesen, dass und wie der Begriff des Details als relationale Größe zu verstehen ist: Vor dem Hintergrund einer grandiosen Bergkulisse, die gekrönt ist von den Eismassen des Jostedalgletschers, wirkt beispielsweise das hellgraue, lang hingestreck­te Gletschermuseum Fjærland (1989-91) wie ein Detail der Landschaft; aus geringe­rer Distanz wiederum erscheinen die Konturen und Mauern des Museums als Klippen oder schräg aufragende Eisschollen, die von mächtigen Kräften zusammengeschoben wurden.

Große Anerkennung, auch jenseits der Fachwelt, fand Sverre Fehns vielleicht spektakulärster Bau, der Ausstellungspavillon der Nordischen Länder in den Gärten der Biennale von Venedig. Entworfen wurde er Ende der 50er-Jahre, vollendet 1962. Bei diesem Projekt plante Fehn eine Dachkonstruktion aus Betonelementen, die dem Holzbau entlehnt scheint. Zwei Lagen hochkant aufeinander gestellte Betonträger sind nur 6 cm stark; ihre jeweils parallele Schichtung ist gegeneinander um 90 Grad versetzt. Venedigs intensive Sonne wird in diesem Gitter mehrfach reflektiert und kommt im stützenfreien Ausstellungsraum als »nordisch« diffuses Licht an. In die Architektur integriert wurde der vorhandene Baumbestand am Standort; die Stämme ragen durch das Dach, sind nun Teil des Ausstellungsraums und verleihen dem Pavillon im Ensemble der Nachbarbauten schon allein deshalb eine einzigartige Note.

Erst in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat Sverre Fehn bedeutende internationale Auszeichnungen erhalten. Wie seinem Studienfreund und Kollegen, dem dänischen Architekten Jørn Utzon – seinerseits berühmt geworden mit dem Opernhaus im australischen Sydney –, gelang es auch Fehn nur selten, große Aufträge zu erhalten. Es liegt nahe, dass kommerzielle Bauherren sich nur ungern auf Fehns Praxis des Entwerfens bis in das letzte Detail einlassen wollten. Denn diese Methode – besser wohl: Haltung – kostet Zeit, und Zeit ist in der Bauwirtschaft längst knapper als alles andere.

Vier Jahre (1959-63) nahmen Entwurf, Planung und Ausführung der kleinen, aber in der Raumwirkung durchaus großzügig wirkenden Villa Schreiner am Stadtrand von Oslo in Anspruch. Sie war das erste Wohnhaus, das Sverre Fehn baute und wurde gleichzeitig zur Inkunabel jener Architekturhaltung, die Fehns Arbeit über fast sechs Jahrzehnte hinweg prägte: größte Sorgfalt im Umgang mit Material und Konstruktion, immer begleitet von einer skrupulösen Gestaltung in allen Einzelheiten. Dabei zielt der Diskurs der Gegenwart weniger auf die ­ästhetischen, vielmehr auf die funktionalen Aspekte des Designs von Architekturdetails; sie sollen vor allem »intelligent« sein, d.h. wesentliche Funktionen übernehmen und gleichzeitig das architektonische Gesamtbild bereichern.

Die Konstruktion des Hauses Schreiner ist eine Kombination aus Mauerwerk und laminiertem Holz. Die Wohnräume sind durch Schiebewände flexibel unterteilbar und »umhüllen« den Funktionskern aus Backstein mit Küche und Sanitärbereichen. Oberlichter streuen zusätzliches Tageslicht in fast alle Bereiche des Hauses, das in seiner gerasterten Präzision und seinen Details vergleichbar ist mit traditionellen japani-schen Wohnhäusern.

Das Hedmark-Museum in Hamar (1968–73 und 2001–05), gebaut mit und auf den Überresten einer mittelalterlichen Bischofsburg, ist sicherlich Sverre Fehns komplexester Museumsbau; hier, an den unverstellten Schnittstellen von alter und neuer Architektur, lässt sich auch besonders gut nachvollziehen, was den »poetischen« Ansatz von Fehns Entwurfspraxis ausmacht – die Verschränkung zeitlicher Horizonte und der kontrastierenden Sphären von Natur und (Bau-)Kultur. Sichtbeton, Holz, Glas und altes Mauerwerk sind gemeinsam mit den Exponaten und dem Tageslichteinfall sorgfältig orchestriert – der Rundgang durch die Ausstellung und über die Mauerreste der Burganlage ist gleichzeitig auch eine »promenade architecturale«.

Fehns Haltung gegenüber dem Thema architektonischer Detaillierung war übrigens  durchaus ambivalent. In einem Aufsatz kritisierte er die skandinavische Architektur nach Gunnar Asplund: Sie verliere sich in Details, ohne dabei charakteristische Räume zu schaffen. Verblüffend auch sein Statement, er, der ja viele seiner Bauten in Holz ausführte, habe immer auch versucht, sich von diesem Baustoff frei zu machen. Aber von Fehns amerikanischem Kollegen Robert Venturi wissen wir ja, dass Widersprüche die letztlich erwünschte Komplexität von Architektur ausmachen!

Christian Marquart

Portrait von Sverre Fehn

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