15.02.2017

DETAIL research Lab – Nachbericht: »Future Materials and Innovations«

Foto: Boris Storz

Wie der Spagat zwischen anwendungsorientierter Forschung, Materialexperimenten, Pilotprojekten und Produktentwicklungen aussieht, das zeigte das DETAIL research Lab »Future Materials and Innovations« im Erdgeschoss des Internationalen Congress Center München (ICM) während der BAU 2017. Die Besucher waren ausdrücklich aufgefordert, die Exponate anzufassen oder auszuprobieren. Nicht das fertige Produkt stand im Vordergrund, sondern der Weg dorthin oder die zukünftigen Anwendungsbereiche. Verschiedene Herangehensweisen bildeten die Vielfalt zum Thema Material / Materialkombinationen ab. Ein Fenster in die Zukunft neuartiger konzeptioneller Impulse für architektonische Systeme öffnen die universitären Forschungsprojekte der Universität Stuttgart und der TU München, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Während das Team um Prof. Zollfrank aus nachwachsenden, nicht essbaren Rohstoffen Naturfaserstoffe zu Konstruktionsmaterialien schäumt, untersucht die Doktorarbeit von David Correa am Lehrstuhl von Prof. Menges naturinspirierte hygroskopisch programmierbare Materialverbundsysteme aus dem 3D-Drucker. Diese verkörpern materialimmanent die Fähigkeit, klimatische Veränderungen sensorisch zu erfassen, sich zu aktivieren und zu reagieren. Einen konkreten Anwendungsbezug hat das EU-Forschungsprojekt H-House, bei dem u.a. die Xella Technologie- und Forschungsgesellschaft sowie Roswag Architekten die Entwicklung von neuen Bauteilen für Außen- und Innenwände für den Gebäudeneubau, aber auch die Sanierung vorantreiben – dauerhaft, energieeffizient und zudem kostengünstig. Die Ausstellung zeigte eindrucksvoll die Bandbreite der Materialkombinationen: von Wandaufbauten mit Flachskernen, mit Aerogel modifiziertem Lehmputz bis zu Halbsandwich-Fassadenelementes aus Porenbeton in Kombination mit einem Rahmen aus hydrophobiertem, ultrahochfestem Beton. Materialen aus Reisschalen, PVC-Verschnitten und Marmormehl Einen Schritt weiter sind die innovativen Materialentwicklungen von Finstral, Nelskamp und BASWA, die auf der BAU in den Markt eingeführt wurden. Bei der Entwicklung des Recyclingmaterials ProRes für den Fensterrahmen, ein Produkt aus Reisschalen (Abfallprodukt der Landwirtschaft) und PVC-Verschnitten (Abfallprodukt aus Finstral-Produktionen), steht der Gedanke der Ressourcenschonung und Recyclingfähigkeit neben neuen ästhetischen Qualitäten im Vordergrund. Die Weiterentwicklung des Dachsteins EasyLife basiert auf konkreten Anforderungen aus der Sanierung / den Anforderungen aus dem Bauen im Bestand. Ein Drittel weniger Gewicht durch einen neu entwickelten Leichtzuschlag macht den Dachstein für statisch schwache Dachstühle geeignet und ist außerdem verlegefreundlich. Das Exponat von BASWA stellt die Welt der Akustikelemente mit einem unsichtbar und fugenlos in eine Akustikdecke verbauten Flächenlautsprecher auf den Kopf. Die spezielle Endbeschichtung aus Marmormehl ermöglicht einerseits den Austritt der Tonfrequenzen in den Raum und zugleich die Absorption störender Geräusche. Integrales Steuerungs- und Kommunikationstool Im Fokus des eHOME-Pilotprojektes von Vaillant steht ein integrales Steuerungs- und Kommunikationstool für die Wärme- und Kälteerzeugung, das Lüftungskonzept sowie das Energiemanagement. Der Live-Demonstrator zeigt die Potenziale des hohen Vorfertigungsgrades im Fertighausbau, die eine einfache Integration der Technik in die Gebäudehülle ermöglichen und neben Energieeinsparung Freiheiten in der Gestaltung bieten. Auf seine Zukunftsfähigkeit wird das System neben dem Monitoring in zwei Demonstrationsgebäuden auch im Watson IoT (Internet-of-Things) Center / IBM Industry überprüft werden. Ultrakompakte Oberfläche Es bedarf nicht immer aufwendiger Neuentwicklungen – auch bereits vorhandene Materialien können, neu kombiniert, weitere Anwendungsmöglichkeiten generieren. Das zeigen eindrucksvoll die neuen Oberflächen von Cosentino. Nilium, Oxium und Radium sind die neuen, durch Drucktechnik erzeugten metallischen Oberflächenstrukturen der Serie Dekton®. Die in der firmeneigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung entwickelte Partikelsinterungstechnologie (PST) erzeugt eine ultrakompakte Oberfläche, die vielfältige Einsatzmöglichkeiten vom Innenraum bis zur Fassade bietet. Das beweisen auch die Ergebnisse des Architektenworkshops von Saint Gobain Glass. Kombinationsvielfalt für die Fassade So selbstverständlich, wie Glas heute als transparentes Gestaltungselement in der Architektur eingesetzt wird, verdrängt man schnell, dass die ersten wirklich großformatigen Glasfassaden nicht vor den 1980er Jahren verbaut wurden. Die Experimente mit der Palette der Gussgläser, in Kombination mit Strukturen, Texturen und Siebdrucktechnik, eröffnen die gestalterischen Qualitäten und Optionen des Materials. Die Kombinationsvielfalt ermöglicht den individuellen Einsatz als Gestaltungsmittel für Innenräume und Fassaden. Ebenfalls mit den ästhetischen und funktionalen Aspekten der Fassade befasst sich das Basisvorhaben der HTWK Leipzig ai:L – Architektur-Institut. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Vorhaben ist Teil des Forschungskonsortiums »C³ – Carbon Concrete Composite«. Im Vorhaben wurde in den Themenbereichen Gebäudehülle, Funktionsintegration und Synergetische Vernetzung explorativ geforscht. Drei exemplarische Teilprojekte wurden im Research Lab vorgestellt: C³PV – Integration von Solarkomponenten in den Carbonbeton, C³LED – Integration von Leuchtdioden, und C³Link, in dem die im Projekt entwickelten Zusatzfunktionen auf ihre Kombinationsfähigkeit hin untersucht wurden. Auch das Projekt Breathing Skins von Tobias Becker nutzt die Hüllflächen von Gebäuden zur Steigerung der Qualität unserer Wohn- und Arbeitsumgebung. Elastische pneumatische Muskeln, gesteuert über Luftdruckänderungen, reagieren »atmend« auf die äußeren Faktoren und bestimmen den Durchlass von Luft, Licht, Schall und Wärme. Je mehr sie sich weiten, umso mehr ändert sich das Erscheinungsbild der Fassade, und die Durchlässigkeit für Licht und Blicke wird lokal und graduell anpassbar. Oberflächen aus natürlichen Materialien Den authentischen Duft von handgesenstem Almheu von der Tiroler Wildspitz konnten die Besucher des Labs bereits auf der BAU 2015 entdecken. Denn die von Organoid Technologies erzeugten Oberflächen aus natürlichen Ausgangsmaterialien nutzen einen bislang ungewohnten Baustein des natürlichen Materialkreislaufs. Neu sind die Produktentwicklungen im Bereich Boden (in Verbindung mit der HotCoating Oberflächentechnologie beständig gegen Feuchtigkeit und Abrieb und Brandschutzklasse B1 bzw. SF1) und die Verwendung in der E-Automobilindustrie, zum Beispiel bei der Innenverkleidung von Türen. Strukturen aus Beton und Textil Spielerisch und zugleich poetisch zeigen sich die Exponate der WEISSENSEE Kunsthochschule in Berlin. Große Überraschung erzeugt das Betontextil, eine Entwicklung von Strukturen aus Beton und Textil, welche ihre weiche Optik mit stabilen Eigenschaften durch die textilen Konstruktionstechniken Weben, Stricken und Knüpfen vereinen. Mit Formgedächtnismaterialien experimentiert das intelligente Fassadenelement Solar Curtain und macht ein energieautarkes, adaptives Öffnen und Schließen von textilen Verschattungselementen möglich. All-in-one Maschine Anhänger der DIY-Bewegung / Makers Library können sich über ein besonderes Exponat freuen: die JOYN MACHINE der Forschungsplattform BAU KUNST ERFINDEN der Universität Kassel. Eine einfach zu bedienende, programmierbare All-in-one Maschine wird über ein nach dem App-Prinzip gestaltetes Interface bedient. Aus Standardware aus dem Baumarkt – in diesem Fall konventionelle Dachlatten – entstehen nach den Bearbeitungsvorgängen Ablängen, Fräsen und Bohren in der Holzverarbeitungsmaschine handliche Einzelteile, die im Anschluss manuell zu einem Stuhl gefügt werden. materialPREIS 2016 Die Präsentation der ausgezeichneten Materialien des von raumPROBE ausgelobten materialPREIS 2016 ergänzte die Ausstellung und lud im Anschluss an die Führungen zum Stöbern und Diskutieren ein. Die Zukunft des Bauens bleibt spannend und wird noch viele interessante Forschungsprojekte und Innovationen hervorbringen – bis zur BAU 2019.

Verwendung des Recyclingmaterial ProRes für den Fensterrahmen von Finstral; Foto: Boris Storz, München

Betontextil, Weißensee Kunsthochschule Berlin, Masterarbeit 2016, Anne-Kathrin Kühner; Foto: Boris Storz, München

»EasyLife« – Dachstein von Nelskamp; Foto: Boris Storz, München

H-House-Forschungsprojekt, Thema Außenwände - Xella Technologie und Forschungsgesellschaft mbH; Foto: Boris Storz, München

H-House-Forschungsprojekt, Thema Innenwände/Naturbaustoffe Roswag Architeken; Foto: Boris Storz, München

JOYN MACHINE, Forschungsplattform BAUKUNST ERFINDEN, Universität Kassel; Foto: Boris Storz

Foto: Boris Storz

Neue Oberflächen von Cosentino; Foto: Boris Storz, München

Workshopergebnisse von Saint-Gobain Glass Deutschland; Foto: Boris Storz, München

eHOME-Pilotprojekt von Vaillant; Foto: Boris Storz, München

Flächenlautsprecher und zugleich Akustikelement von BASWA acoustic AG; Foto: Boris Storz, München

»Solar Curtain«, WEISSENSEE Kunsthochschule Berlin; Foto: Boris Storz, München

Das DETAIL research Lab wurde unterstützt durch BASWA acoustic AG; BAU KUNST ERFINDEN | Universität Kassel; Breathing Skins, Cosentino, FINSTRAL GmbH; HTWK Leipzig ai:L – Architektur-Institut; Dachziegelwerke Nelskamp GmbH; Organoid Technologies GmbH; raumPROBE, Saint-Gobain Glass; Technische Universität München | Fachgebiet Biogene Polymere; Universität Stuttgart | Institute for Computational Design; Vaillant Group, WEISSENSEE Kunsthochschule Berlin; Xella Technologie- und Forschungsgesellschaft mbH | H-House Projekt | Roswag Architekten.

Partner des DETAIL Research Lab:
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