16.12.2013 Cordula Vielhauer

Grandhotel Cosmopolis: Architektur-Gesellschaft, die SECHZEHNTE

Was passiert, wenn eine Gruppe von Künstlern ein leerstehendes Gebäude findet? Und dann auch noch die Besitzer von einer nahezu utopischen Idee überzeugt? Nichts weniger als ein kleines Wunder: Das ist das „Grandhotel Cosmopolis“, ein Hybrid aus Künstlerhaus und Asylbewerberheim, Hostel und Treffpunkt. Vom Entstehungsprozess berichtete uns ein Mitglied des Projekts – Architekt Michael Adamczyk. Er war unser Ehrengast bei der 16. Architekturgesellschaft – der DETAIL-Diskussionsrunde bei Boffi in München.

Bar des Grandhotel Cosmopolis, Foto: Christian Menkel

Vor zweieinhalb Jahren entdeckte eine Gruppe Kreativer aus Augsburg ein leerstehendes Altenheim und entwickelte dafür das Konzept, hier einen Treffpunkt für Künstler und Kunstinteressierte zu installieren. Dem Besitzer, der Diakonie Augsburg, gefiel die Idee zwar, er hatte das Gebäude aber als Unterkunft für Asylbewerber vorgesehen. Dass das eine das andere nicht ausschließen muss, zeigt das Projekt „Grandhotel Cosmopolis“.

Lobby des Grandhotel Cosmopolis, Foto: Christian Menkel

Die Bezeichnung „Grandhotel“ wurde von der Projektgruppe absichtlich gewählt, um das Haus als soziokulturellen Ort der Begegnung zwischen internationalen Gästen und Einheimischen zu markieren. Es wurde auch bewusst eine glamourös klingende, „falsche Fährte“ gelegt. Doch: Kann das gutgehen – ein Asylbewerberheim mitten in der Altstadt? Nicht nur die Anwohner waren skeptisch. Statt einer klassischen Präsentation des Konzepts im Rathaus wurde nun die „Lobby“ des Gebäudes zum Empfangsraum umgestaltet. Interessierte Bürger wurden in das ehemalige Altenheim geladen, um die Idee weiterzuentwickeln.

"Spiegelzimmer" im Grand Hotel Cosmopolis

Nach dem Motto des Beuys-Zitats „Jeder ist ein Künstler“ entstand eine Art Beuysscher „sozialer Skulptur“: Gemeinsam entwickelten die Beteiligten ein Hotel für „Gäste ohne und mit Asyl“ – mit einem Restaurant als Kommunikationsort sowie Ateliers für Kunstschaffende, die diesen Raum unter der Voraussetzung nutzen dürfen, sich auch am internen Austausch zu beteiligen. Die Idee der Partizipation zog sich durch das gesamte Projekt. So gestalten auch die Asylbewerber ihre Räume soweit wie möglich selbst. Die Idee ging auf, trotz der vielen bürokratischen Vorschriften, die für Flüchtlingsheime eigentlich gelten. Anstatt Standardbetten aus Metall zu bestellen, wurden zum Beispiel Second-Hand-Möbel genutzt.

Blick über Augsburg vom Grandhotel aus

Die Gebäudestruktur des ehemaligen Altenheims bot sich für ein Hotelprojekt geradezu an. Alle Stockwerke sind identisch. Jedes Zimmer verfügt über ein Waschbecken, sanitäre Gemeinschaftsanlagen befinden sich darüber hinaus in jeder Etage. Im Untergeschoss wurde die Gaststätte eingerichtet. Im Erdgeschoss befinden sich Ateliers und das Hostel. In den Obergeschossen sind die Unterkünfte für die Flüchtlinge sowie weitere Ateliers untergebracht. Die Hotelzimmer liegen im letzten Obergeschoss. Sie wurden jeweils von einem Künstler oder Architekten individuell gestaltet. Die Räumlichkeiten der Asylbewerber befinden sich auf einer Ebene im Seitenflügel.

Zimmer im Grandhotel Cosmopolis

Die Gemeinschaft „Grandhotel Cosmopolis“ besteht aus vielen Freiwilligen, die aus unterschiedlichen Hintergründen kommen. Gemeinsam ist ihnen der Entschluss, bei diesem gemeinschaftlichen Projekt mitzumachen – manche nur für kurze Zeit, andere pausieren von ihrer hauptberuflichen Tätigkeit, um sich dem Projekt voll zu widmen. Dieses Kommen und Gehen ist ein weiteres wesentliches Merkmal des Konzepts: Es gibt eine stetige Veränderung in der Zusammensetzung, doch die Idee der Gemeinschaft bleibt.


Die Architekturgesellschaft ist eine Diskussionsrunde von DETAIL, wir treffen uns einmal im Monat bei Boffi in München. Anmeldungen unter projekte@detail.de.

Grandhotel Cosmopolis

Grandhotel Cosmopolis, Foto: Christian Menkel

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