07.11.2013

Holger Harmeier

Ich finde es wichtig, dass das Architekturstudium nicht zu spezifisch und beschränkt ist. Als Architekt arbeitet man schließlich unter sich stetig wandelnden, äußerst komplexen Bedingungen. Im Studium will ich mir daher ein möglichst breites Wissen und Verständnis für die Zusammenhänge erarbeiten und die eigene Haltung stärken. Dies ist auch einer der Gründe, warum ich mich für die ETH Zürich entschieden habe, denn sie ist zum einen wirklich in allen Bereichen mit außerordentlich guten Professoren besetzt und zum anderen gibt es starke Entwurfsprofessuren. Ich finde es besonders spannend in der Architektur wenn Konstruktion, Tragwerk, künstlerischer Anspruch etc. zu einer Einheit gelangen, in der alles absolut notwendig und voneinander abhängig ist. Ich hoffe als Architekt später in ganz verschiedenen Bereichen tätig sein zu können, da für mich gerade diese Vielfalt den Reiz ausmacht. Daher möchte mich nicht festlegen, sondern die Herausforderungen die noch kommen annehmen.

Holger Harmeier

Monatsbericht Januar 2014 Die ersten zwei Wochen des Semsters sind schon verflogen und die neue Umgebung auf dem „Hönggerberg“ wird vertraut. In meinem ersten Jahr des Masterstudiums an der ETH Zürich stehen zunächst die sogenannten „Auflagen“ an, dies ist ein speziell zusammengestelltes Programm für Studierende, die nicht ihren Bachelor an der ETH absolviert haben. Dazu gehören zehn verschiedene Vorlesungen und Übungen und ein Entwurfskurs.
In Professor Adam Carusos Entwurfsstudio mit dem Titel „Metropolis“ starteten wir direkt mit vollem Tempo, da eine Woche später schon ein erster Pin-up und nach drei Wochen die Schlusspräsentation der ersten Aufgabe bevorstand. Es galt in 5er- Gruppen städtebauliche Referenzen auf verschiedensten Ebenen zu analysieren und mittels eines Modellfotos, Zeichnungen, Bildern und Texten zu repräsentieren. Unsere Gruppe beschäftigte sich mit Hendrik Petrus Berlages „Plan Zuid“, Amsterdams südlicher Stadterweiterung und der Amsterdamer Schule, die schließlich einen wesentlichen Teil der Erweiterung umsetzte. Berlage hatte die schwierige Aufgabe unter der Prämisse des Massenwohnungsbaus eine Stadterweiterung zu entwerfen, die sowohl dem drängenden Problem der Wohnungsnot, als auch einem hohen ästhetischen Anspruch gerecht werden sollte. Indem er im Ursprung barocke städtebauliche Motive auf neue bürgerliche infrastrukturelle Großbauten anstelle herrschaftlicher Architekturen bezog und zudem diese geometrischen Anlagen den gegebenen örtlichen Bedingungen anpasste, schuf er einen komplexen, spannungsvollen Plan, der zugleich klar und hierarchisch gegliedert ist. Außerdem lässt er den Architekten gerade genug Spielraum, die nötige architektonische Vielfalt erzeugen zu können, ohne den städtischen Zusammenhang zu verlieren. Es wäre noch spannend der theoretischen Auseinandersetzung schließlich einen Besuch folgen zu lassen, um erfahren zu können in welchen Punkten der Plan und die Umsetzung tatsächlich erfolgreich waren und in welchen weniger.
Am 3. und 4. Oktober war ich mit meinem damaligen Entwurfspartner Hendrik Brinkmann zu der Preisverleihung des „European Student Award 2013“ im Rahmen des „European Steel Design Award 2013“ in Mailand eingeladen. Dabei wurden wir für unser Projekt eines Ausstellungsraumes am Drubbel in Münster ausgezeichnet, das wir im 5. Semester bei Prof. Prof. h. c. Herbert Bühler entworfen hatten. Neben der Preisverleihung mit offiziellem Gala-Diner fanden wir auch noch ein wenig Zeit uns in dieser großartigen Stadt umzuschauen. Die klassischen Sightseeing-Ziele ließen wir eher links liegen und interessierten uns stattdessen für die in Deutschland leider immer noch nicht so bekannten Bauten von Mangiarotti, Muzio, Asnago und Vender und B.B.P.R.. Die Stadt hat zudem insgesamt eine enorm städtische Atmosphäre, die mich sehr beeindruckt hat.

Torre Velasca, Milano

Zurück in Zürich wurde nach der Präsentation der Recherchearbeit die eigentliche Semesteraufgabe ausgegeben und Professor Caruso gab uns eine Woche Zeit unser Baufeld kennenzulernen und eine erste Idee in Form eines Modellfotos zu formulieren. Als Grundlage dienten die analysierten Referenzen, die nun mehr oder weniger direkt in einem neuen baulichen und zeitlichen Umfeld auf ihr Potenzial untersucht wurden.
Vom 18. bis 27. Oktober ging es mit dem Lehrstuhl von Professor Andrea Deplazes auf Seminarreise nach Japan. Um die japanische Tradition kennenzulernen, begann unsere Reise in einem Kloster in Kyoto. Von dort aus besuchten wir buddhistische Tempel, Shinto-Schreine, japanische Gärten und ein traditionelles Haus eines Tuchwarenhändlers. Von Kyoto ging unsere Reise weiter nach Nara, der ehemaligen Hauptstadt Japans, in der über 1200 Jahre alte buddhistische Tempelanlagen stehen. Von dort ging es weiter zu dem bekannten Ise-Schrein, der seit über 1200 Jahren traditionell alle 20 Jahre
wieder neuaufgebaut wird.
Mit diesen Erfahrungen im Hinterkopf begaben wir uns dann mit dem Shinkansen- Hochgeschwindigkeitszug nach Tokio und konnten zeitgenössische, postmoderne und metabolistische Architektur von Go Hasegawa, Toyo Ito, Ryue Nishizawa, Kazuo Shinohara, Kenzo Tange und anderen besuchen. Es war unglaublich, so bekannte Projekte wie das „Moryama House“ von Ryue Nishizwa, die Bibliothek der Kunsthochschule Tama von Toyo Ito oder das „Haus in Uehara“ von Kazuo Shinohara - um nur wenige zu nennen - einmal selber zu erleben. Trotz der hohen Erwartungen war ich zutiefst beeindruckt von der Präsenz dieser Bauten und es hat sich für mich einmal mehr gezeigt, wie wichtig die leibliche Erfahrung von Architektur ist.
Trotz des eigentlich viel zu kurzen Aufenthalts in diesem, angesichts der vermeintlich globalisierten Welt, erstaunlich fremden Land, hat mir die Reise nicht nur eine Ahnung der japanischen (Bau-) Kultur und Tradition verschafft sondern auch einen neuen Blick auf das Altbekannte. Vorstellungen von Komfort, Natur, Schönheit etc. erweisen sich schließlich als viel variabler als man gemeinhin annehmen mag.

Goldener Pavillon

Ise

Haus in Uehara, Kazuo Shinohara

Tama Bibliothek, Toya Ito

House NA, Sou Fujimoto

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