17.04.2011

Lederer baut erstes Passivhaus-Museum

Das weltweit erste zertifizierte Museum in Passivhaus-Bauweise entsteht derzeit in Ravensburg. Der Entwurf für das neue Kunstmuseum, in dem vorwiegend moderne Kunst gezeigt werden soll, stammt vom Stuttgarter Architekturbüro Lederer+Ragnarsdóttir+Oei. Die Fertigstellung ist für 2012 geplant.

Die Idee, dass das neue Kunstmuseum in Ravensburg mit einem Heizenergiebedarf von unter 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter im Jahr Passivhaus-Niveau erreichen soll, entwickelte sich erst im Laufe der Planungsphase, erklärt Andreas Reisch, Geschäftsführer des Bauunternehmens Georg Reisch, das bei dem Museumsprojekt als Bauherr und Vermieter auftritt. Passivhaus-Consulting-Partner ist das Planungsbüros Herz & Lang (Weitnau, Oberallgäu).

Mit dem Entwurf hatten sich Lederer+Ragnarsdóttir+Oei 2009 in einem Wettbewerb unter 13 Architekturbüros durchgesetzt. Anfangs seien die Architekten eher skeptisch gewesen angesichts der Idee, das Museum im Passivhausstandard zu errichten, so Arno Lederer. Er spricht von „einem enormen gedanklichen Aufwand“, der für die Umsetzung der Passivhaus-Gedankens notwendig gewesen sei.
Vor allem die Tatsache, dass ein Kunstmuseum mit einem Minimum an Fenstern auskommen muss, weil die Gemälde durch künstliches Licht optimal in Szene gesetzt werden, erschwerte die Aufgabe. „Die solaren Gewinne durch Fenster sind für ein Passivhaus eigentlich sehr wichtig“, erklärt Florian Lang, einer der beiden Geschäftsführer von Herz & Lang. „Und die fehlen uns beim Kunstmuseum in Ravensburg.“ Um das auszugleichen, wurde in der Planung größter Wert auf eine absolut luftdichte und hochwärmegedämmte Gebäudehülle gelegt. Zudem ging es darum, Wärmebrücken zu reduzieren, was sich angesichts des geplanten Wandaufbaus als kniffelig herausstellte.
Die Museumshülle wird als zweischalige Konstruktion ausgeführt. Zwischen die Betonwand und die Außenwand aus alten, recycelten Ziegeln kommt eine 24 Zentimeter dicke Dämmung. Ein Problem stellen dabei die Anker und Konsolen dar, mit deren Hilfe die Ziegelaußenwand am Beton befestigt werden soll. Sie sorgen allerdings für Wärmebrücken. Die Lösung des Problems: Um den negativen Effekt so gering wie möglich zu halten, muss der Stahlanteil des Befestigungssystems drastisch reduziert werden. „Wir brauchen Spezialanfertigungen, aber damit funktioniert es“, erklärt Florian Lang.

Das Passivhaus-Konzept wird auch deshalb funktionieren, fügt der Fachmann hinzu, weil die erwarteten 25.000 Besucher – zusätzlich zur Beleuchtung – als „lebende Heizquellen“ erhebliche interne Wärmelasten ins Gebäude bringen werden. Eine CO2-gesteuerte Lüftungsanlage soll ein konstantes Raumklima erzeugen und die Gemälde vor Schäden schützen. Überdies garantiert das hohe Dämmniveau der Gebäudehülle eine gleichmäßige Oberflächentemperatur garantiert und vermeidet, dass bei der geforderten Luftfeuchtigkeit in den Räumen von 50 Prozent (plus-minus fünf Prozent) Tauwasserprobleme auftreten. Die Heizung und Kühlung einschließlich der Be- und Entfeuchtung, geplant vom Planungsbüro Vogt und Feist aus Ravensburg, erfolgt über Erdsonden und eine Gas-Absorptions-Wärmepumpe samt Betonkerntemperierung.

Für Arno Lederer ist das neue Kunstmuseum in Ravensburg ein Sinnbild für Dauer- und Nachhaltigkeit im Bauen, nicht nur wegen der Passivhaus-Bauweise. „Ganz wichtig ist auch die Frage, woher die Baustoffe kommen und wie viel Energie für ihre Herstellung verbraucht wird“, findet Arno Lederer. Daher der Einsatz von alten Ziegeln aus Abbruchhäusern, aber auch weil der Einsatz von Ziegeln eine sehr robuste äußere Hülle garantiere. Darüber hinaus wird im neuen Ravensburger Kunstmuseum weitgehend auf Innenanstriche verzichtet. „Mit jedem Anstrich“, warnt Arno Lederer, „holt man sich eine Ökobelastung ins Haus.“

Die Stadt Ravensburg wird das Vorzeigeobjekt zunächst für 30 Jahre vom Investor, der Georg Reisch GmbH & Co. KG, mieten. Dieser beziffert die Mehrkosten aufgrund der Passivhausbauweise auf acht bis zehn Prozent. Der Ravensburger Oberbürgermeister Daniel Rapp geht davon aus, dass sich die Stadt durch die Passivhaus-Bauweise 20.000 Euro pro Jahr an Nebenkosten spart.

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