»Mine the Scrap«

Der klassische Prozess, ein Haus zu bauen, sieht als Grundlage eine Planung, die Größe und Material des Gebäudes bestimmt. Doch wie kann Planen funktionieren, wenn man den Weg entgegengesetzt beschreitet und das zur Verfügung stehende Materialangebot zum bestimmenden Parameter wird? Angesichts schwindender Ressourcen wird sich auch die Baubranche künftig umorientieren müssen. Mine the Scrap
In dem Projekt »Mine the Scrap« präsentiert das Team von Certain Measures einen computerunterstützen Planungsprozess, der aus unsortiertem Bauschutt neue Strukturen generiert. Anstatt den aufwendigen Weg des Trennens, Zerkleinerns und Wiedereingliederns des Altmaterials zu beschreiten, sucht die Software für jedes Teil die beste Verwendungsmöglichkeit innerhalb der neuen Struktur. »Wir suchen nach dem besten Gebäude, das sich aus den vorhandenen Teilen bauen lässt«, beschreibt Nolte die Aufgabe von Mine the Scrap. Möglich macht dies ein Programm zur Form- und Mustererkennung, wie es beispielsweise in selbstfahrenden Autos Anwendung findet. Dieses scannt im ersten Schritt das Material, generiert eine Inventarliste verschiedener Formen und errechnet anschließend, wie die Ressourcen ähnlich einem Flickenteppich zu einer neuen Form gefügt werden können. Eine Bauanleitung ist natürlich automatisch im Prozess implementiert. Einem breiten Publikum wurde die Idee von »Mine the Scrap« auf der Ars Electronica präsentiert. Auf einer 15 m langen Leinwand wurde den Besuchern das Programm in einer begehbaren Sound- und Videoinstallation vorgeführt. »Wir wollten dadurch einen Algorithmus erlebbar machen«, erläutert Nolte die Intention. Dabei wurde dem Programm die Aufgabe gestellt, einen Kubus aus Material zu bauen, das dafür nicht ausreicht. Die Ergebnisse in Form von Modellen entbehren nicht einer gewissen architekturhistorischen Ironie, wie Nolte zugibt: »Es ist der beste Kubus, den ich aus dem Prozess erlange, quasi der gescheiterte Versuch einen Kubus zu bauen«. Spatial Recognition
Während es sich bei »Mine the Scrap« um eine Formerkennungssoftware handelt, wendet sich das Team um Nolte bei dem Projekt »Spatial Recognition« einer anderen Sparte zu. Es handelt sich dabei um die Anwendung von Gesichtserkennungsalgorithmen auf Pläne. Mit Hilfe der Software werden Grundstücksformen aus Flurkarten sortiert. Auch hier durchläuft das Programm am Beispiel von New York, Tokio, London oder Paris die Schritte Scannen, Organisieren, Analysieren und Kategorisieren. »Es geht darum, Formen von Polygonen zu erkennen«, erläutert Nolte. »Pläne werden durchsuchbar und jedes Grundstück kann analysiert werden.« Damit können wichtige statistische Grundlagen geliefert werden, um Städte hinsichtlich ihrer Grundstücksformen zu vergleichen oder für ein Bauprojekt geeignete Grundstückszuschnitte im Stadtgefüge lokalisieren zu können. Neben der Ausgabe in neuen Karten und Histogrammen entwickelten die Datenpioniere eine App, mit der Grundstücke nach Form und weiteren formalen Eigenschaften wie Besitzverhältnissen in einer Datenbank gesucht werden können. Von der reinen Form gelangte das Team in einem weiteren Forschungsprojekt zu den Typologien und beschäftigt sich mit der Auswertbarkeit eines einzelnen Gebäudetyps. Ausgehend von einer Kundenanfrage zur Zukunft von Flughäfen wurden weltweit Terminalbauten untersucht. Auch hier leistete die Software wieder die Grundarbeit, um die unterschiedlichen Formen, Größen sowie weitere Metadaten vergleichenbar zu machen. Die Ergebnisse lassen sich visuell in Karten darstellen und sind in Form von Datenbankabfragen abzurufen. Angesichts ihrer Arbeits- und Forschungsergebnisse ist es wenig verwunderlich, dass sich Certain Measures nicht als klassisches Architekturbüro verstehen, sondern vielmehr als hypothesegetriebenes Designlabor. Sie greifen auf Kompetenzen in Architektur, Mathematik, Robotik und Informatik zurück und verbinden sie in einer integralen Zusammenarbeit mit Architekten, Designern und Experten. Dabei wollen sie nach dem Leitsatz die menschliche Raumerfahrung verstehen, bereichern und verwandeln oder wie Nolte schmunzelnd beschreibt: »Wir verstehen uns als Inkubator der guten Ideen.«
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