Minimalismus? Nein, danke: Murphy House in Edinburgh

Foto: Keith Hunter
Das Haus mit neun Ebenen, die über vier Etagen verteilt sind, ist ein Abbild von persönlichen Vorlieben des Architekten: eine Betonmauer im ersten Obergeschoss erinnert an das Castelvecchio von Carlo Scarpa; das Fassadenbild zur Straße hin – an Gerrit Rietveld und Pierre Chareau, die Seitenfassade – an die organischen Architekturen von Frank Lloyd Wright, die komplexe Raumkonfiguration – an das Haus von John Soane in London.
Die zur Straße hin zugewandte Fassade reagiert auf den unmittelbaren historischen Kontext, aber offenbart zugleich ihren collageartigen Charakter. Auch im Inneren erweist sich das Haus als eine Ansammlung von vielen überraschenden Momenten: wie ein kleiner Freiraum im ersten Obergeschoss oder ein geheimer Gang zum unten liegenden Bibliotheksraum. Eine Vielzahl an Öffnungen sorgt für entsprechend viel Licht in den Sommermonaten. In den Wintermonaten können die Fensterläden geschlossen werden, sodass das Haus sich in ein gemütliches Refugium verwandelt.
Die postmodernen Zeiten sind vielleicht vorbei, aber die Lust am collagieren sicher nicht. Handelt es sich um eine »everything goes«-Haltung? Oder um eine Lust am Entwerfen, das keine Tabus einer Architekturmoderne fürchtet? Den Ernst seiner Absichten bestätigt die Tatsache, dass der Architekt für den Entwurf fast einen Jahrzehnt benötigte – schließlich wurde das Murphy Haus als House of the Year von der Royal Institute of British Architects ausgezeichnet.