15.11.2013

Nachhaltige Investition: NUoffice in München


Das – gemessen an den Kriterien des LEED-Standards – nachhaltigste Bürogebäude der Welt steht seit 2012 im Norden von München. Im Juli 2013 erhielt das „NUoffice“ offiziell die Auszeichnung „LEED Platinum“.
Architekten: Architekturbüro Falk von Tettenborn, München
Standort:
Domagkstraße 10-16, 80807 München

Foto: Katzer

Den Rekord der weltweit höchsten Büroimmobilie wird den Golfstaaten so schnell keiner mehr nehmen. Wie gut, dass die Developer hierzulande andere Superlative anstreben können – zum Beispiel in puncto Nachhaltigkeit. Das hat überdies den Vorteil, dass es in diesem Bereich eine Vielzahl an Zertifizierungssystemen und Systemvarianten gibt, bei denen sich Bestmarken setzen lassen.

Im Norden Münchens ist 2012 ein Gebäude eingeweiht worden, das sich mit dem Attribut „weltweit nachhaltigste Büroimmobilie“ schmücken kann. Das „NUoffice“ des Immobilienentwicklers Hubert Haupt, geplant vom Architekturbüro Falk von Tettenborn aus München, hat gleichsam einen neuen 100-Meter-Weltrekord aufgestellt: 94 von 110 möglichen Punkten im weltweit am weitesten verbreiteten Zertifizierungssystem LEED – das hat bisher noch kein Investorenprojekt geschafft. Gebaut wurde es in der „Parkstadt“ Schwabing, einem ehemaligen Industriegelände, das seit 2000 zum Standort für Wohnen und Arbeiten umgewandelt wird.

Foto: Haupt Immobilien

Das 2012 eingeweihte Bürogebäude ist der erste von insgesamt drei Bauabschnitten; zwei weitere „NUoffices“ sind auf den Nachbargrundstücken derzeit im Bau. Bei dem nun ausgezeichneten Erstling gruppierten die Architekten vier Gebäudeflügel um einen Innenhof und stuften sie, dem städtebaulichen Kontext entsprechend, in der Höhe ab. Im Norden entlang der Domagkstraße sind sie fünfgeschossig, im Osten und Westen – wo weitere Bürogebäude angrenzen – viergeschossig und zur benachbarten Wohngebäuden im Süden dreigeschossig. Breite, zweigeschossige Durchgänge im Norden und Süden machen das Gebäude durchlässig und verbinden den Innenhof mit der Umgebung.

Lageplan, Grafik: Falk von Tettenborn

Im Gebäude wurden Nutzungseinheiten zwischen 175 m2 und 9000 m2 angeboten. Gebäudetiefe und Fassadenachsmaß sind so gewählt, dass sowohl klassische Zellenbüros als auch Open-Office-Lösungen realisierbar sind. Wie der derzeitige Vermietungsstand zeigt – das Gebäude ist zu 100% vermietet – eignet sich die Gebäudestruktur auch für völlig andere Nutzungen wie ein Fitness-Studio, Showrooms aus der Bekleidungs- und Autobranche sowie eine Kindertagesstätte.

Schnitt, Grafik: Falk von Tettenborn

Putz, aber kein WDVS
Die weiß verputzten Lochfassaden des Neubaus erhielten eine Dämmung in Passivhausqualität (Dämmstärke 30 cm), aber kein Wärmedämmverbundsystem, um auch bei der Recyclingfähigkeit punkten zu können. Statt dessen wählten die Architekten ein vorgehängtes hinterlüftetes Fassadensystem. Um den für die Energiebilanz optimalen Fensteranteil in jeder Fassade festzustellen, führten Experten des Fraunhofer Instituts für Bauphysik während der Planung  dynamische Gebäudesimulationen durch. Die Fensterelemente sind abwechselnd ein-, zwei- oder dreiachsig und werden durch Aluminium-Sandwichpaneele mit Holzdekor zu horizontalen Bändern zusammengefasst.  Außen liegende, in die Fensterbänder integrierte Raffstoreanlagen dienen der Verschattung.

Foto: Katzer

Ein Primärenergiebedarf von nur 32 kWh/m2a (sonst sind bei energieeffizienten Bürogebäuden Werte um 100-150 kWh/m2a üblich) war der vielleicht wichtigste Baustein im Nachhaltigkeitskonzept. Damit erreicht das Gebäude nicht nur die Zertifizierungsstufe LEED Platinum, sondern soll auch den Richtlinien der Schweizer 2000-Watt-Gesellschaft entsprechen. Weil diese auch die Mobilitätsenergie in die Bewertung einbezieht, war für den Neubau eine gute Nahverkehrsanbindung essenziell. Die Straßenbahnhaltestelle liegt gleich vor der Haustür.

Grundriss, Grafik: Falk von Tettenborn

Aus Fernwärme wird Kälte
Schon frühzeitig banden der Investor und seine Architekten mehrere Spezialisten in die Planung ein, allen voran das Fraunhofer-Institut für Bauphysik (für das Energiekonzept) und das Planungsbüro Intep (für die Vorbereitung der Zertifizierung). Beheizt und gekühlt werden die Büroebenen über eine Bauteilaktivierung der Geschossdecken. Statt einer elektrisch betriebenen Kältemaschine arbeitet im NuOffice eine Absorptionkältemaschine. Sie macht aus Wärme (genauer: der örtlichen Fernwärme) Kälte und erreicht so einen nahezu unschlagbaren Primärenergiefaktor. Unterstützend speist eine Photovoltaikanlage, die fast die gesamte Dachfläche bedeckt, Strom ins Gebäude und ins öffentliche Netz. Die energierelevanten Anlagen wurden – auch dies eine Forderung des LEED-Systems – schon im letzten Stadium der Bauphase kontrolliert in Betrieb genommen. Auf diese Weise werden den Mietern unangenehme Überraschungen in den ersten Betriebsmonaten hoffentlich erspart bleiben.

Ferner tragen zu dem guten Zertifizierungsergebnis eine Recyclingquote von 84% beim Baustellenabfall, der Einsatz von Baustoffen aus der Region und die Verwendung von FSC-zertifiziertem Holz bei. Die Luftqualität in den Mietbereichen wird durch CO2-Sensoren ständig überwacht.

Foto: Wohlrab

Für den Investor hat sich das Unternehmen „NUoffice“ jetzt schon ausgezahlt: Die Immobilie ist trotz ihres städtebaulich wenig attraktiven Standorts komplett vermietet, unter anderem an das französische Kosmetikunternehmen Estée Lauder sowie an die Modekette Giorgio Armani. Das italienische Unternehmen hat dem Vernehmen nach sogar eigens seine Deutschlandzentrale von Düsseldorf nach München verlegt. Jakob Schoof


Projektdaten

Objekt:
NUoffice, München
Bauherr: Hubert Haupt Immobilien Holding, Grünwald
Energiekonzept: Fraunhofer-Institut für Bauphysik, Stuttgart/München
LEED-Zertifizierung: Intep Integrale Planung GmbH, München
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