22.01.2012 Florian Maier

ÖPP-Projekte: Hauptsache billig?

Eine Studie hat untersucht, welchen Einfluss private Investoren auf die Qualität der Architektur bei Bauprojekten öffentlich-privater Partnerschaften haben.
 
Angesichts immer knapper werdender kommunaler Kassen erfahren öffentlich-private Partnerschaften (ÖPP) Zuspruch. Wie vereinbaren sich aber Kostendruck und Architekturqualität? Diese Frage stand im Fokus einer Studie der Fakultät für Architektur der Fachhochschule Köln unter der Leitung von Prof. Hans-Peter Achatzi. Den Auftrag hatte das Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erteilt. In 17 Fallstudien wurden die Abläufe und die erreichte architektonische Qualität von ÖPP-Projekten untersucht.
 
Ergebnisse
Die Studie belegt, dass die privaten Projektpartner vor allem an niedrigen Kosten für Bau, Betrieb und Unterhalt des Gebäudes interessiert sind. Achatzi erläutert: »Baut und betreibt ein Privatunternehmen zum Beispiel ein Schulgebäude, dann sind andere Faktoren als die Kosten für ihn zweitrangig – etwa gute Lernbedingungen, eine hohe Aufenthaltsqualität und eine anspruchsvolle Gestaltung des Baus und seines Inneren.«
 
Nur bei 28 % der untersuchten ÖPP-Projekten haben die öffentlichen Auftraggeber ein Fachgremium gebildet, das speziell auf die Qualität achtet. Und in seiner Bewertung wurde die Architekturqualität im Mittel nur mit rund 24 % gewichtet, der Preis hingegen mit bis zu 70 %. »Erstaunlich, dass die Bauindustrie die vorliegenden Zahlen als Beleg für die Qualitätssicherung durch ÖPP ansieht«, wundert sich Sigurd Trommer, Präsident der Bundesarchitektenkammer.

 
Qualitätssicherung
Die Studie erkennt fünf wichtige Punkte, um bei ÖPP-Projekten eine gute Qualität zu sichern:
 
  • Die beste Sicherheit hoher Qualität bietet ein Planungswettbewerb, der dem ÖPP-Vergabeverfahren vorgeschaltet wird. Die Wettbewerbe erfolgen fast immer erst, wenn der private Investor bereits ausgewählt ist.
  • Der öffentliche Auftraggeber braucht von der ersten Projektidee bis zur Inbetriebnahme ein Team mit einem qualitätssichernden Architekten, das die Entwicklung und Herstellung des Baus kontinuierlich steuert.
  • Der Auftraggeber muss zu Beginn die architektonisch-funktionalen Anforderungen klar und deutlich benennen und ihre Einlösung ständig überwachen.
  • Der Entwurfsarchitekt, der nach dem Wettbewerb beauftragt wird, ist bis zur Inbetriebnahme verantwortlich zu beteiligen.
  • Nach den heutigen Vergabebestimmungen ist die Information und Beteiligung von Politik und Öffentlichkeit so gut wie unmöglich. Hier sind dringend Änderungen erforderlich.

Achatzi betont: »Wir lehnen ÖPP-Projekte nicht ab. Dass sie auch hohe architektonisch-funktionale Qualität erreichen können, zeigen zum Beispiel die Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin und die Duale Hochschule in Heidenheim. Sie sind baukulturell hochwertig und erfüllen im hohem Maß die Anforderungen an die Nutzung und Nachhaltigkeit.«
 
Über die Studie
Ziel des Forschungsprojektes war, die erreichten Qualitäten der bisher in der Bundesrepublik Deutschland als ÖPP realisierten Hochbauprojekte des Neubaus unter den Aspekten der
  • Funktionalität,
  • Bauqualität,
  • Wirkung, Anmutung und
  • Prozessqualität der Vergabe

vergleichend zu beurteilen sowie Korrelationen von Prozessqualitäten und Objektqualitäten zu ermitteln.
 
Welche Maßnahmen und Verfahren zur Sicherung architektonischer Qualität bisher eingesetzt worden sind und welche Erfahrungen damit vorliegen, waren die zentralen Fragen der mit diesem Forschungsprojekt beabsichtigten Evaluierung.Dabei wurden Objekte als ÖPP klassifiziert und als Forschungsgegenstand betrachtet, bei denen der private Partner alle vier Leistungsbereiche – Planen, Finanzieren, Bauen und Betreiben – übernommen hat.
 
Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurden ausschließlich ÖPP-Objekte des Neubaus im Hochbau in Deutschland berücksichtigt, die zu Beginn des Projektes fertiggestellt und in Betrieb waren. Aus den 17 Fallstudien leitete das Bundesministerium konkrete Handlungsempfehlungen ab.

Foto: Thomas Siepmann / Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de

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