Rhythmisierter Show-Box-Effekt: Ladenpavillon "Dreamhouse"

Am auffälligsten werden die subtil eingesetzten Maßnahmen im weit auskragenden ersten Obergeschoss, das auf die ebenfalls vorspringenden Balkone der umliegenden Wohnungsbauten antwortet und durch eine umlaufende, rahmenartige Stahlstruktur akzentuiert wird. Extrem schlanke und scharfkantige Metallstreifen aus Aluminium stehen dabei senkrecht zu den ebenfalls vertikal ausgerichteten, raumabschließenden Glasbändern.
Für den subtilen Umbau eines Gebäudes aus den fünfziger Jahren in Rotterdams beliebtester Einkaufsstraße erhielten KAAN Architecten den Benelux Aluminium Award 2013.
Architekten: KAAN Architecten, Rotterdam
Standort: Karel Doormanstraat 278, NL-3012 GP Rotterdam
Standort: Karel Doormanstraat 278, NL-3012 GP Rotterdam
Die Lijnbaan ist Rotterdams beliebteste und zugleich die erste autofreie Einkaufstraße Europas. Im Zweiten Weltkrieg durch deutsche Luftangriffe komplett zerstört, wurde sie zwischen 1949 und 1953 nach Plänen des Büros Van den Broek en Bakema wieder aufgebaut. Inspiriert durch das amerikanische Modell der Shopping Mall und dessen geistigen Vater Victor Gruen, trat dabei die ehemals traditionelle innerstädtische Durchmischung von Wohnen und Arbeiten zugunsten monofunktionaler Einkaufszentren in den Hintergrund. Vor einigen Jahren wurde die Gesamtanlage unter Denkmalschutz gestellt.
Architekten: KAAN Architecten
Projekteam: Luca Baialardo, Timo Cardol, Luuk Dietz, Paolo Faleschini, Kees Kaan, Vincent Panhuysen, Antonia Reif
Fertigstellung: Mai 2013
Grundfläche: 1.050 m² Fassade Erdgeschoss (Glas und Aluminium): Reynaers, NL-Helmond
Shopfassade Schaap + Citroen (Glas): Silatec, D-München
Fassade 1. Obergeschoss (Aluminium): Nedal aluminium, NL-Utrecht
Heute wird die Lijnbaan wie nahezu überall durch große und kleine Läden bekannter Marken und Ketten bestimmt, die mit lauten, schrillen Effekten um die Gunst der potentiellen Kundschaft buhlen. Demgegenüber verfolgen KAAN Architecten konsequent ihren Weg eines „new modernism“. Mit präzise geschnittenen Volumina interpretieren sie das bestehende Gebäude von Van den Broek und Bakema in einer unverändert funktionalen Architektursprache, unterziehen es dabei aber dennoch einer behutsamen „Verjüngungskur“.
Die Veränderungen werden in erster Linie an den Fassaden sichtbar. Streng orthogonal und proportional fein ausbalanciert stapeln sich auf drei Geschossen Volumen unterschiedlicher Größe und Ausdehnung. Die Oberflächen und Farben der einzelnen Elemente variieren dabei in kaum wahrnehmbaren Nuancen und symbolisieren Einheit in der Vielfalt.
Hergestellt wurden die Sonnenschutzelemente im Fließpressverfahren. Durch Eloxierung entstand eine extrem harte und kratzfeste Oberfläche, die gegen Korrosion, Abrieb und chemische Einflüsse geschützt ist. Die perlgraue Farbigkeit erlaubt dabei eine sanfte Reflexion des Lichts. In Kombination mit einer strengen Rhythmisierung, initiieren die Metallstreifen für das gesamte erste Obergeschoss eine Art interaktiven Dialog mit der Umgebung, indem sie das ein- und ausfallende Licht beeinflussen und lenken. KAAN Architecten sprechen ob dieser Manipulation gar von einem „geometrisch barocken Spiel mit der Wahrnehmung, jedoch ohne dessen Überschwang an Linien und Kurven“.
Für einkaufshungrige Passanten bieten die Aluminiumschotten einen weiteren überraschenden optischen Effekt. In die Straßenflucht kragend wirkt das Obergeschoss weitgehend geschlossen. Je frontaler man das Gebäude in Augenschein nimmt, umso deutlicher tritt eine Art Show-Box-Effekt ein, der ungehinderten Einblick ins Innere gestattet.