03.03.2021

Robust und anpassungsfähig: André Kempe und Oliver Thill zu sechs Jahrzehnten Architektur

Was haben uns die 60er-Jahre in der Architektur hinterlassen?
Die Sixties waren aus unserer Sicht die letzte heroische Phase der modernen Architektur mit den bekannten Leuchtturmprojekten von Mies van der Rohe und Le Corbusier. Auch die damals etwas jüngere Generation mit Architekten wie Tange, Artigas, Kahn, Eiermann, Jacobsen oder Bunshaft hat ein fantastisches Werk hinterlassen. Die Gebäude dieser Generation sind extrem robust, sehr anpassungsfähig und haben oft eine sehr zurückhaltende Monumentalität, die gut unseren heutigen Bedürfnissen entspricht und die Logik des Bauens vorbildlich demonstrieren. Wir können da auch nach 60 Jahren nur ziemlich verwundert staunen und noch sehr viel lernen! Auch stellen wir fest, dass wir aufgrund der heutigen Produktionsbedingungen als Architekten da leider nicht mithalten können. Daneben wurden in den Sixties natürlich die theoretischen Grundsteine der Revision der Moderne gelegt durch Denker wie Grassi, Rowe, Rossi, Ungers oder Venturi. Diese geistigen Grundlagen bestimmen auch heute immer noch sehr stark den Diskurs und sind im Grunde unersetzlich.

Wann sind Sie Detail zum ersten Mal begegnet?
Als Studenten sind wir zum ersten Mal mit Detail in Berührung gekommen. Das Konzept der Zeitschrift erlaubt die sehr wichtige Verknüpfung des kleinen Maßstabs mit der Gesamterscheinung von Gebäuden. Im internationalen Vergleich ist das ein Alleinstellungsmerkmal der Zeitschrift und macht ihren globalen Erfolg aus. Da im Detail ja oft der Teufel steckt, kann Detail immer ein bisschen helfen, um auf die Suche nach Gott zu gehen... Wir finden, dass die Zeitschrift das Bauen als kulturellen Akt feiert. Diese holistische Haltung spricht uns tief aus dem Herzen.

Wo, glauben Sie, steht die Architektur in 60 Jahren?
Mit welchen Fragen werden sich Architekten und Architektinnen befassen, welche Gebäude werden sie entwerfen? In den letzten sechzig Jahren war die Architektur nicht sehr innovativ, da die Bauindustrie ja eher eine behäbige Industrie mit relativ geringen Gewinnspannen ist. Auch nimmt der Repräsentationsanspruch durch die Digitalisierung ab, und die öffentliche Hand legt aufgrund der neoliberalen Dogmas eher den Fokus auf Ökonomisierung. Daher erwarten wir für die nächsten Jahrzehnte eigentlich sehr wenig Veränderung und eher wenig Gutes. Alle Bemühungen, um wirklich nachhaltiger zu bauen, haben bis jetzt ja eher zum Gegenteil geführt. Die Häuser werden über-technisiert, über-normiert, unflexibler, wartungsintensiver, empfindlicher und auch hässlicher. Wir denken, dass wir uns eigentlich viel mehr mit dem Thema des einfachen Bauens und der klassischen Schönheit beschäftigen sollten, da nur Verständlichkeit und Liebe für wirkliche Nachhaltigkeit sorgt. In diesem Sinne würden wir uns sehr einen neuen Klassizismus für das 21. Jahrhundert wünschen. Bei Atelier Kempe Thill versuchen wir ihn zu finden.

André Kempe (*1968) und Oliver Thill (*1971) leiten seit 2000 das Architekturbüro Atelier Kempe Thill in Rotterdam. Nutzungsflexible, kostengünstige Gebäude zu schaffen, die zugleich spezifisch und innovativ sind – diese widersprüchliche Anforderung an die zeitgenössische Architektur haben die beiden gebürtigen Sachsen zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit gemacht. Internationale Aufmerksamkeit erfuhren sie erstmals mit dem Pavillon Hedge Building zur Internationalen Gartenbauausstellung 2003 in Rostock. Seither haben sie überwiegend öffentliche Gebäude sowie Wohnungs- und Bildungsbauten in den Niederlanden, Belgien, Deutschland und Frankreich realisiert. 2005 und 2009 zählten André Kempe und Oliver Thill zu den Gewinnern des Detail Preises und seit 2017 lehren sie Civic Design an der Peter Behrens School of Architecture in Düsseldorf.

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