»unfinished«: HHF Architekten

Vollendet unvollendet: Üblicherweise steht Schweizer Architektur für perfekt gestaltete Oberflächen und für die absolute Kontrolle des Architekten über sein Werk. Das 2003 gegründete Architektenteam HHF, Thilo Herlach, Simon Hartmann und Simon Frommenwiler, hat dagegen andere Vorstellungen. Die jungen Basler propagieren das Konzept unfertiger Gebäude für eine unfertige Welt.
Ort: Architekturgalerie München, Türkenstraße 30, 80333 München
Dauer: 5. bis 27. September 2014
Ort: Architekturgalerie München, Türkenstraße 30, 80333 München
Dauer: 5. bis 27. September 2014
"Das Unfertige zeigt sich bei jedem Projekt auf andere Weise", erklärt Simon Frommenwiler das Konzept von »unfinished«. "Wir haben viele Bauten im fernen Ausland, man muss sich überlegen, wie man das Wichtigste eines Projektes kommunizieren kann, im vollen Bewusstsein, dass die Bauarbeiter vor Ort unsere Baubeschreibung nicht lesen können."
Unfertig wirkt aber auch eines der jüngsten Projekte: der Wohnungsbau Lichtstraße 9 in Basel mit seinen groben Sichtbetonoberflächen. Dort können die Bewohner die Lage ihrer Küche aus drei vorinstallierten Standorten auswählen, und auch die Gestaltung der Terrassengeländer bleibt den Nutzern überlassen. Unfertig im Sinne von Flexibilität ist das Projekt für ein multifunktionales Parkhaus für das Dreispitzareal in Basel. Da niemand absehen kann, wie und wann sich diese Konvertierungsfläche entwickeln wird, haben HHF die Geschosshöhe auf vier Meter erhöht, um einen kontinuierlichen Wandel vom Parkhaus zum Hotel, Büro, Gewerbe etc. zu ermöglichen. Das »Unvollendete« eines Projektes ist aber auch bei HHF nicht immer die Intention eines Entwurfs. Zu gerne hätten sie 2012 den Wettbewerb für das Ozeanum in Basel gewonnen und ihren spektakulären Entwurf, der mit dem undankbaren zweiten Preis dotiert wurde, gebaut.
Unfertig wirkt aber auch eines der jüngsten Projekte: der Wohnungsbau Lichtstraße 9 in Basel mit seinen groben Sichtbetonoberflächen. Dort können die Bewohner die Lage ihrer Küche aus drei vorinstallierten Standorten auswählen, und auch die Gestaltung der Terrassengeländer bleibt den Nutzern überlassen. Unfertig im Sinne von Flexibilität ist das Projekt für ein multifunktionales Parkhaus für das Dreispitzareal in Basel. Da niemand absehen kann, wie und wann sich diese Konvertierungsfläche entwickeln wird, haben HHF die Geschosshöhe auf vier Meter erhöht, um einen kontinuierlichen Wandel vom Parkhaus zum Hotel, Büro, Gewerbe etc. zu ermöglichen. Das »Unvollendete« eines Projektes ist aber auch bei HHF nicht immer die Intention eines Entwurfs. Zu gerne hätten sie 2012 den Wettbewerb für das Ozeanum in Basel gewonnen und ihren spektakulären Entwurf, der mit dem undankbaren zweiten Preis dotiert wurde, gebaut.
»Unfinished«, das denkt zunächst auch der Besucher, der die Räume der Architekturgalerie in der Münchner Türkenstraße betritt. Er wird zunächst allein gelassen, ohne zusätzliche Information zu Fotos und Plänen. Großformatige Bilder stehen auf dem Boden, an die Wände gelehnt, als sei der Aufbau noch nicht abgeschlossen. Anhand eines Faltblatts lassen sich die Titel der Projekte ermitteln, eine Zuordnung ist aufgrund fehlender Projektbezeichnungen und Jahreszahlen offensichtlich nicht das primäre Anliegen der Architekten. So mischen sich Abbildungen des 2005-2009 gebauten Sonvida-Parkhauses in Basel-Bottmingen mit den Zeichnungen von »Parking&more«, einem aktuellen Wettbewerbsbeitrag für das Basler Dreispitzareal. Detailliertere Angaben liefert jedoch die handliche, aber immerhin 174 Seiten umfassende Publikation, die mit offenem Buchrücken ganz in das Gesamtkonzept des »Unfertigen« passt.
Einige in der Ausstellung gezeigten Projekte kennt man aber bereits von den zahlreichen internationalen Veröffentlichungen in Architekturzeitschriften. Zum Beispiel die rot durchgefärbte Betonskulptur des »Baby Dragon« mit ihren charakteristischen vieleckigen Aussparungen im Jinghua Architecture Park in China. Ai Wei Wei, der in Jinhua die Uferpromenade gestaltete, hatte 2004 für die Gestaltung des Parks 17 junge Architekten und Künstler aus aller Welt eingeladen, darunter HHF. Dieser Kontakt hat sich bis heute immer mehr intensiviert. "Die große Leistung von Ai Wei Wei besteht nicht nur darin, große Kunst zu machen, sondern Leute aus aller Welt nach China zu bringen und damit auch neue Ideen und viele Kontakte", erläutert Simon Frommenwiler beim Presserundgang in der Architekturgalerie.
So waren die jungen Schweizer 2008 auch bei dem noch umfangreicheren Gemeinschaftsprojekt »Ordos 100« wieder mit dabei. Ein privater Investor beauftragte damals Ai Wei Wei mit dem Masterplan für 100 Villen zu je 1000 m² Fläche mitten in der Wüste der Inneren Mongolei im Norden Chinas. Wie einst die Weißenhofsiedlung, sollte »Ordos 100« eine Bauausstellung von internationalem Rang werden und konzeptionell vergleichbare Projekte wie die 2002 realisierte »Comune by the Great Wall« bei Peking mit zwölf Häusern renommierter asiatischer Architekten bei weitem übertreffen. Der Investor von »Ordos 100« musste jedoch aus ungeklärten Gründen für längere Zeit China verlassen und das Projekt wurde eingestellt. Der einzige der 100 Villenentwürfe, der – allerdings nur bis zum Rohbau – realisiert werden konnte, ist das »Dune-House« von HHF. Als ein Musterbeispiel für »unfinished« ist es in der Architekturgalerie zu sehen.
"Das Konzept der riesigen Villen kann man als elitär kritisieren und die Realisierung ist gescheitert. Dennoch hat das Ordos-Projekt für unsere Generation unheimlich viel bewirkt«, sagt Simon Frommenwiler. "Ai Wei Wei hat damals gemeinsam mit Herzog & de Meuron auf der ganzen Welt die interessantesten 100 jungen Architekturbüros gesucht. Es war ein Schneeballeffekt: Jedes Büro, das sie angesprochen haben, kannte selbst wieder spannende Kollegen in Mexiko, Chile oder sonstwo – am Ende waren 27 Länder vertreten. Was aus heutiger Sicht absolut verblüffend ist, wie umfassend und präzise diese Liste der 100 war, obwohl sie ganz improvisiert entstanden ist. Heute sind genau diejenigen Büros international erfolgreich, die damals mit dabei waren. Und wenn wir irgendwo auf der Welt zu Wettbewerben eingeladen werden, treffen wir viele andere Ordos-Büros wieder."
Auch in den USA hat Ai Wei Wei Projekte an HHF vermittelt, von 2006 bis 2008 haben die Basler in Salt Point im Staat New York die »Artfarm« gebaut: Drei radikal kostengünstige Blech-Hallen auf einem abfallenden Hang, die hintereinander gehängt durch Rampen verbunden werden. Radikal ist auch der Innenraum mit Kunststoffkissen als innenliegende wärmedämmende Gebäudehülle.
In Zusammenarbeit mit Ai folgte die international ausgezeichnete Tsai Residence in Ancram, New York, ein Sommerhaus für Kunstsammler, und später das dazugehörige Gästehaus in unmittelbarer Umgebung. Auch die Aussichtsplattform Espinazo del Diablo ist 2008-2010 im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts mit mehreren Architekten und Künstlern entstanden. Bis zu zwei Millionen Gläubige aus ganz Mexiko begehen an Ostern die 117 km lange Pilgerstrecke. Um die Popularität des Events touristisch für das ganze Jahr zu nutzen, wurden mehrere Stationen auf dem Weg architektonisch ausgeformt. HHF baute eine Aussichtsplattform aus grobem Sichtbeton, auf der die Besucher eine Schleife drehen, um den grandiosen 360° Rundumblick bewusster erleben zu können. Die Fotos des archaischen Baus erinnern an präkolumbianische Observatorien oder verlassene Bauruinen der Moderne. Ein Video in der Architekturgalerie zeigt dagegen, wie lebendig das Gebäude wird, wenn sich tausende Pilger und Touristen in seinem Schatten ausruhen und auf die Plattform drängen.
In Zusammenarbeit mit Ai folgte die international ausgezeichnete Tsai Residence in Ancram, New York, ein Sommerhaus für Kunstsammler, und später das dazugehörige Gästehaus in unmittelbarer Umgebung. Auch die Aussichtsplattform Espinazo del Diablo ist 2008-2010 im Rahmen eines Gemeinschaftsprojekts mit mehreren Architekten und Künstlern entstanden. Bis zu zwei Millionen Gläubige aus ganz Mexiko begehen an Ostern die 117 km lange Pilgerstrecke. Um die Popularität des Events touristisch für das ganze Jahr zu nutzen, wurden mehrere Stationen auf dem Weg architektonisch ausgeformt. HHF baute eine Aussichtsplattform aus grobem Sichtbeton, auf der die Besucher eine Schleife drehen, um den grandiosen 360° Rundumblick bewusster erleben zu können. Die Fotos des archaischen Baus erinnern an präkolumbianische Observatorien oder verlassene Bauruinen der Moderne. Ein Video in der Architekturgalerie zeigt dagegen, wie lebendig das Gebäude wird, wenn sich tausende Pilger und Touristen in seinem Schatten ausruhen und auf die Plattform drängen.
»Unfinished« ist in jedem Fall die Karriere dieses vielversprechenden Architektentrios, das an renommierten internationalen Hochschulen lehrt. Mit viel Witz begeisterten die Basler auch die zahlreichen meist jungen Besucher der Vernissage in der Architekturgalerie am 12. September. Der Titel der Ausstellung hätte auch lauten können: »to be continued«. Wir sind gespannt!