28.05.2013 George Frazzica

Zauber des Monolithen: neues Theater in Montalto di Castro

Das neue Mehrzwecktheater in Montalto di Castro eröffnet eine fruchtbare Zeit für eine Gruppe junger Architekten aus der Toskana, zusammen mit der Hoffnung auf neue Gelder für die italienische Kultur. Alle Projekte dieses Architekturbüros behandeln das Thema „Architektur als Fragment der städtischen Landschaft“ – eine Idee, die bereits von berühmten Vordenkern in der italienischen Architektur bearbeitet wurde. Das Theater ist ein hohler Monolith, der die Menschen mit „magischer“ Kraft anzieht und sie somit in die Kultur einführt.

Architekten: mdu architetti, Prato, Italien
Standort: 01014 Montalto di Castro, Viterbo, Italien

Foto: Pietro Savorelli

Das neue Theater erhebt sich in der Maremma (Lazio) an der Grenze zwischen Peripherie und Stadtzentrum von Montalto di Castro. Das öffentliche Gebäude ist das Ergebnis eines Wettbewerbs, der 2002 zur Ausschreibung kam, in sechs Jahren realisiert und 2012 Jahr eingeweiht wurde. Das Ziel der Stadtverwaltung war es, ein Grundstück zu sanieren, das vorher als Tankstelle benutzt wurde, um dort ein Mehrzweckgebäude für die Gemeinde zu errichten: ein Theater, das auch als Kongresssaal sowie als Freizeitzentrum benutzt werden kann. Das Gebäude präsentiert sich als großer Beton-Monolith mit leichten kromatischen und Texturvariationen. Darauf ruht ätherisch der Bühnenturm: ein Volumen aus mehrschichtigen Polykarbonat-Platten, das tagsüber mit dem Himmel verschmilzt und in der Nacht zu einer riesigen „Laterne“ in der städtischen Masse wird.

Schnitt und Grundriss: mdu architetti

Lageplan: mdu architetti

Auffahrt, Grafik: mdu architetti

Die neue „Piazza“ aus Travertin und Beton ist eine Abzweigung von der Zufahrt zur Innenstadt und führt zum Eingang des neuen Theaters, wiederum erkennbar durch ein weit auskragendes Dach, das sich bis zur Erde beugt. Durch einen großen „Trichter“ aus Beton wird der Zuschauer zum Inneren geführt, wo es keine Trennung zwischen Foyer und Parterre gibt. Eine überbaute Fläche von 963 m² beinhaltet ein Foyer, einen Zuschauerraum mit 400 Plätzen, die offene Arena für 500 Personen, Verwaltungs- und Diensträume sowie einen Parkplatz für ca. 60 Autos.

Foto: Pietro Savorelli

Bau der Dachstruktur, Foto: mdu architetti

Die innere Haut des Monolithen ist mit unterbrochenen Holzflächen ausgekleidet. Die äußere Schwere wird durch die Schwingungen der langen Vorhänge aufgehoben, die den Zuschauer wie in ein riesiges Zelt aufnehmen und ihn auf den Zauber der Bühne vorbereitet sollen.

Foto: Pietro Savorelli

Die Architekten von mdu erklären: „Der theatrale Raum sowie das ganze geplante Areal soll Anteilnahme, Begegnung und Wechselwirkung auflösen. In diesem Sinn sollen die inneren wie die äußeren Räume die Menschen empfangen und sie zum Bleiben einladen. Strategisch gesehen liegt das Theater sehr nahe an der Straße und zieht so die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich; mit seiner Erhabenheit und der großen Eingangshalle fördert es so ein urbanes Umwerben“.

Foto: Pietro Savorelli

Das Gebiet um Montalto di Castro wurde ursprünglich von den Etruskern besiedelt, deren Spuren in der Architektur stereometrischer Tuffsteinmassen zu sehen sind. In der zeitgenössischen kollektiven Vorstellungswelt hingegen steht Montalto di Castro für die Maschinenwelt des größten italienischen Elektrizitätswerks.

„Unser Projekt verursacht einen zeitlichen Kurzschluss: Die Entwicklung der Landschaft drückt sich in einer einzigen Geste aus – archaisches Etrurien versus Ästhetik der Maschine“, beschreiben die Architekten den Ursprung des Konzeptes. Die Erhabenheit der Komposition erinnert an visionäre Skizzen von Antonio Sant’Elia (1880-1916): „Es geht nicht darum, neue Formen zu finden, neue Umrandungen für Türen und Fenster, Säulen und Stützen zu ersetzen […], sondern das neue Haus von Grund auf neu zu bauen, indem wir jede Ressource aus Wissenschaft und Technik beherzigen; indem wir alle Ansprüche unserer Sitten und des Geistes befriedigen.“ (Manifest der Architektur von A. Sant’Elia, 1914).

Die neue architektonische Form basiert auf zwei symbolischen Erinnerungen: Die nahen etruskischen Spuren und das in der Nähe gelegene Elektrizitätswerk „Alessandro Volta“. Der Sockel des Tempio Grande in Vulci inspiriert den rechtkantigen Monolithen, wo sich Foyer und Parterre befinden. Das E-Werk spiegelt sich im Bühnenturm aus Glas wieder und wird so Leuchtturm und Signal – ein Hoffnungsfunken für Italiens vernachlässigte Kultur.

Elektrizitätswerk "Alessandro Volta"

Sockel des Tempio Grande di Vulci

Projektdaten

Projekt: Nuovo Teatro Polivalente di Montalto di Castro
Bauherr: Gemeinde Montalto di Castro
Wettbewerb: 2002
Planung: 2004-2005
Fertigstellung: 2011 Tragwerk: Alberto Antonelli, Iacopo Ceramelli
TGA Planung: Federico Boragine
Raumakustik: Gianluca Zoppi
Kostensteuerung: Antonio Silvestri
Bühnenplanung: Roberto Cosi
Bauleitung: Alessandro Corradini Baukosten: 2,4 Mio. Euro
Grundstücksfläche: 10.888 m²
Bebaute Fläche: 963 m²
Bruttogeschossfläche: 1220 m²
Gebäudevolumen: 8.600 m³ Weitere Informationen: www.mduarchitetti.it
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